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Der Himmel ueber Dem Boesen

Der Himmel ueber Dem Boesen

Titel: Der Himmel ueber Dem Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Rest.»
    «Das beweist aber noch gar nichts.»
    «Beweisen lässt sich sowieso nie etwas.»
    Merrily fuhr langsam durch den mittelalterlichen Ortskern von Ross. Hinter der alten Markthalle aus Sandstein erhob sich die Kirche mit feucht glitzerndem Dach.
    «Sie haben sogar gewusst, welche Firma das war.»
    «Der gute Mumford und seine Kontakte», sagte Huw. «Hat seine Ohren überall, dieser Knabe. Ein angesehener Mineralwasser-Produzent würde es wohl nicht besonders gern an die großeGlocke hängen. Keiner seiner ehemaligen Auftraggeber oder seiner Kneipenfreunde würde wollen, dass das bekannt wird, und schon gar nicht   …»
    «Sie haben Ingrids Zeit verschwendet.»
    «Ich wollte, dass sie es selbst hört, und ich wollte, dass Sie es von ihr hören.»
    «Weil Sie nicht wollten, dass ich denke, Sie würden hier Ihren privaten Feldzug führen.»
    Huw sagte nichts.
    «Was Sie natürlich tun.»
    «Wen sonst hätte es denn genug interessiert?», sagte Huw.
     
    Man musste sich die Cromwell Street einmal vorstellen, hatte Huw gesagt. Eine Straße voll kleiner und winziger Wohnungen, in der viele junge Leute lebten. Ständig zog jemand irgendwo ein oder aus. Und die Zimmer ganz oben in der Nummer fünfundzwanzig waren unschlagbar billig. Die Polizei hatte mehr als hundertfünfzig Mieter ausfindig gemacht, von denen manche nicht mal einen Fünfer pro Woche bezahlt hatten.
    Daher war die Nummer fünfundzwanzig eine Zuflucht für Jugendliche, die sonst vielleicht auf Pappkartons in Ladeneingängen geschlafen hätten. Manche von ihnen hatten ausgesagt, es wäre die glücklichste,
sicherste
Phase in ihrem Leben gewesen. Diese Zeit in der Cromwell Street, als Teil der großen Familie von Fred und Rose mit allem, was dazugehörte. Sie blickten mit echter Nostalgie darauf zurück.
    Seltsam. Und gleichzeitig auch gar nicht so seltsam.
    Denn die Cromwell Street 25 war ein einziger großer Organismus, den Fred über alles liebte. Es war das letzte Haus, hoch und schmal, drei Stockwerke plus Keller und Speicher, und Fred kannte seine geheimsten Winkel, wusste, wohin die Leitungen und die Rohre führten.
    Es gefiel ihm, die Anwesenheit der Körper dort zu spüren, der lebenden Körper ebenso wie die der toten. Körper wurden zum Bestandteil dieses Gebäudes, sagte Huw, der sich in allen ekelerregenden Einzelheiten damit beschäftigt hatte. Körper, nicht Menschen, denn Fred war nicht an
Menschen
interessiert, nur an ihren Körpern.
    Die Cromwell Street 25 war eine Absteige, ein Gratisbordell und eine Totenkammer, und Fred liebte das Haus einfach. Liebte es, daran herumzubasteln, dies und das umzubauen, sich etwas Neues auszudenken. Ein Zimmer baute er zu einer privaten Cocktailbar um, die
Black Magic Bar
genannt wurde. Es war sein erstes eigenes Haus, er hatte es für nur siebentausend Riesen bekommen, weil es stark renovierungsbedürftig war. Das Haus brauchte einen Heimwerker, brauchte
ihn
. Und er bastelte immerzu daran herum, baute
sich selbst
in das Haus ein   … und sein Gewissen.
    Wenn man bei ihm überhaupt von einem Gewissen reden konnte.
    Freds Gewissen war ziemlich unterentwickelt, sagte Huw. Fred dachte an nichts anderes als an Sex und redete auch über kaum etwas anderes als Sex, falls er nicht gerade schlief.
    Und wenn sämtliche Wände in der Cromwell Street 25 Augen hatten, dann waren es Freds Augen. Augen und Ohren. Mikrophone und Lautsprecher und Videokameras, sodass Fred überall die Bilder und Geräusche beim Sex aufnehmen konnte. Orgiastische Töne von oben, ängstliches und verzweifeltes Schluchzen von unten aus den Verliesen im Keller. Das Haus pulsierte vor Sex. In dem Haus, Freds Haus, waren Freds Pornobilder, Freds Pornovideos und Freds Spielzeuge allgegenwärtig. Und der Tod.
    «Sie haben es abgerissen», sagte Huw. «Etwas anderes konnten sie nicht tun. Es wurde zwar überlegt, einen kleinen Park zumGedenken für die Opfer anzulegen, aber dann fanden sie es doch besser, überhaupt keinen Erinnerungsort für das zu schaffen, was dort passiert war.»
    Und so war dort jetzt nur ein Fußgängerweg mit Straßenlaternen, und nichts wies auf die Stelle hin, an der das Haus gestanden hatte.
    Und was war aus Fred geworden? Dem Mann, dem jede Moral, jedes Feingefühl und jede Spiritualität fehlte? Wo war Fred? Der Mann, der nicht verurteilt worden war, der die Justiz an der Nase herumgeführt hatte, der zwischen den einzelnen Verhören angeblich in seiner Zelle gesessen und von der Cromwell Street geträumt

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