Der Himmel ueber Dem Boesen
Ist doch ein Katzensprung, wenn wir die alte
Strecke über Brecon nehmen, überhaupt kein Umweg. Also, wie wär’s? Ich hab Rose dabei. Die kennst du noch nicht, oder?»
Als Jane in den Transporter steigt, stellt sie fest, dass Rose überhaupt nicht so ist wie der immer gut aufgelegte Fred. Sie wirkt sogar ein bisschen altbacken und hat so eine hohe, weinerliche Stimme. Aber sie scheint auf ihre Art trotzdem nett zu sein. Nur im ersten Moment eben nicht so aufgeschlossen wie Fred, aber das ist bei den Frauen von sehr extrovertierten Männern ja oft so.
Fred beugt sich zu Rose hinüber. «Es macht dir doch nichts aus, Schatz, oder? Wir setzen Jane in Ledwardine ab. Dauert nur fünf Minuten länger, versprochen. Alles in Ordnung dahinten, Jane? Da in dem Chaos liegt irgendwo eine alte Matratze, da unter der Werkzeugtasche. Setz dich dadrauf, ist wahrscheinlich am bequemsten.»
Jetzt fährt der Transporter aus Hereford heraus und auf der Landstraße Richtung Stretton Sugways. Gelegentlich sieht Rose sich nach Jane um, um festzustellen, ob es ihr dahinten gutgeht. Es riecht stark nach Motoröl und Schweiß. Fred ist eben Handwerker.
«Wie heißt dieser irische Junge nochmal? Irene?», ruft Fred beim Fahren über die Schulter nach hinten. «Gehst du noch mit ihm? Du weißt doch, was man über die Iren sagt, oder? Hast du schon rausgefunden, ob das stimmt, Jane? Wetten dass, ich seh’s nämlich an deinen Augen. Alles klar dahinten? Tut mir leid, dass du es so unbequem hast mit den ganzen Werkzeugen, die da überall rumliegen. Warte mal, ich schieb die Werkzeugkiste …»
Der Transporter hält an.
Jane hat mitbekommen, dass er von der Straße auf einen Feldweg gefahren ist, und durch die Lücke zwischen den beiden Vordersitzen sieht sie, dass der Transporter jetzt hinter einer dichten Hecke steht. Sie denkt: Warum hat er angehalten? Sie waren doch noch nicht mal fünf Minuten unterwegs. Dann geht mit einem kreischenden Geräusch die Heckklappe auf, und Fred klettert zu ihr herein. Er trägt einen alten Overall. Der Schweißgeruch ist jetzt sehr stark.
Er hat eine Rolle Paketklebeband in der Hand, die er aus der Werkzeugtasche genommen hat.
Er lächelt nicht mehr. Er hat so einen merkwürdig intensiven Blick, wie damals, als er die Badezimmerwand gemustert hat, während er überlegte, wie er die neue Dusche installieren sollte. Seine Augen scheinen so stark zu funkeln, als wäre irgendwo dahinter in seinem Gehirn eine Lichtquelle.
«Was machen Sie da?» Überraschung und Erschrecken jagen durch Janes Adern.
Die Unsicherheit in ihrer Stimme scheint etwas ausgelöst zu haben. Das Funkeln in Freds Augen verwandelt sich in ein Glühen, und er hat die Zähne gebleckt. Die ganze Atmosphäre in dem Transporter hat gewechselt, ist wie elektrisch aufgeladen, Fred und Rose sind wie zwei Batteriepole, die durch ein Überbrückungskabel verbunden worden sind, Funken scheinen zwischen ihnen hin und her zu springen.
Dann rast diese große, unförmige Faust mit den riesigen Knöcheln wie ein Maschinenkolben auf Jane zu und donnert auf ihren Mund.
Dann gibt es irgendwie einen Zeitsprung, und das Nächste, was Jane mitbekommt, ist, dass sie auf dem Rücken liegt und einen salzigen Blutgeschmack im Mund hat und diesen widerlichen Schweißgeruch in der Nase. Fred hockt auf ihr und windet ihr das Paketband um die Handgelenke. Er ist voll konzentriert, die Lippen eingezogen und die Zähne zusammengebissen.
Und als er zufrieden ist mit seiner Fesselung, sagt er: «Du hast keinen Dad, der dir zeigen kann, wie’s geht, oder, Jane? Aber ich und Rose übernehmen das für ihn. Wirst uns noch dankbar dafür sein, das kann ich dir sagen. Und dieser Waliserjunge auch. Wir zeigen dir, wie’s geht, wo das Ding überall reinpasst, du neunmalkluge kleine Schlampe.»
Merrily fuhr im Bett auf. Das Licht brannte noch, und
Happy like Murderers
, das Sachbuch über die Wests, in dem sie gelesen hatte, lag auf der Bettdecke.
Es war zehn nach zwei Uhr nachts, und der Traum war so furchtbar realistisch gewesen, dass sie aufstehen und so schnell wie möglich in Janes Apartment laufen musste, wo sie keuchend an der Schlafzimmertür stehen blieb, um auf die Atemzüge ihrer Tochter zu lauschen.
Anschließend war sie so schwach, dass sie sich auf die Treppe setzen musste. Ihr Haar war feucht vor Schweiß und ihre Haut klebrig. Sie musste sich unter die Dusche stellen. Unter dem Wasserstrahl wurde es ein bisschen leichter, sich dem Traum zu
Weitere Kostenlose Bücher