Der Himmel ueber Dem Boesen

plötzlich total ruhig. ‹Gomer›, hat er gesagt, ‹ich würd dir raten, die Dinge auf sich beruhen zu lassen. Wahrscheinlich ändern die ihre Meinung noch x-mal, du weißt doch, wie die Londoner sind.› Ist das nicht merkwürdig, Frau Pfarrer?»
    «Sehr merkwürdig.»
    «Genau. ‹Was ist das denn für ’ne Scheiße, Darren?›, hab ich gesagt. Und er: ‹Er ist nicht ganz richtig im Kopf, das ist alles.›»
    «Lodge?»
    «‹Der is labil›, sagt Darren. ‹Tut alles für sein Geschäft!› Mehr wollt er nich sagen, hat irgendwas von ’nem dringenden Termin gefaselt und aufgelegt. Kaum hatt ich selber aufgelegt, klingelt’s schon wieder. Ich geh ran. ‹Gomer Parry?›, fragt jemand. ‹Ja, so heiße ich›, hab ich gesagt. Sagt die Stimme: ‹Wir können die› – entschuldigen Sie bitte den Ausdruck, Frau Pfarrer – ‹Scheiß- Waliser nicht leiden   … und es passt uns nicht, wenn die Scheiß-Waliser uns das Geschäft kaputtmachen. Heute Abend gibt’s ’ne Warnung für dich, Gomer Parry. Du bist ein toter Mann.› Dann hat er aufgelegt.»
    «Und das war Lodge?»
    «Die Nummer war unterdrückt, also hab ich seine Nummer im Telefonbuch rausgesucht und ihn angerufen, hat aber keiner abgenommen. Wahrscheinlich hat er nich von zu Hause aus angerufen. Ich glaub inzwischen, dasser mit dem Handy vor meinm Lager stand und überlegt hat, wie er’s am besten abfackelt.
Heute Abend gibt’s ’ne Warnung
– wie deutlich wollen Sie’s denn noch?»
    Merrily seufzte. «Wenn er vom Handy aus angerufen hat, wird man den Anruf nicht so leicht zurückverfolgen können. Und wenn Sie den Anruf nicht aufgezeichnet haben   …»
    «Ich hab in dem Moment gar nich weiter drüber nachgedacht, war nur noch entschlossener, den Job zu machen. Jedenfalls bin ich kurz danach zu der Pfarrgemeinderatssitzung los, weil ich dachte, Sie könn ’n bisschen Unterstützung gebrauchen, und als ich gerade übern Platz geh, kommt Jumbo Humphries in seinem Cadillac vorbei und fragt, ob wir im
Swan
schnell einen zusammen heben wollen, und da hab ich gedacht, wenn einer was über Lodge weiß, dann er, also bin ich   –»
    «Jumbo?»
    «Humphries. Der diesen alten Cadillac fährt.»
    «Ah.» Merrily zog noch eine Zigarette heraus. «Ich habe auf dem Marktplatz so einen amerikanischen Riesenschlitten gesehen.»
    «Das ist seiner. Er hat auf der andern Seite von Talgarth diesen Laden   – Motoren aus zweiter Hand, Sicherheitszäune, Tiernahrung, Zeitungen. Und ’ne Imbissbude. Sind Sie da noch nie vorbeigekommen? Heißt
Harrods
.»
    Merrily lächelte und schnipste das Zippo an. Gomers Gesichtwurde beleuchtet, und sie sah schmale Tränenspuren auf seinen Wangen. Also zündete sie hastig die Zigarette an und ließ die Flamme schnellstens wieder erlöschen.
    «Und Privatdetektiv ist er auch», sagte Gomer.
    «Sie machen Witze.»
    Gomer schniefte. «Er is nicht grade brillant, aber er is billig. Spioniert für die Bauern ihre Nachbarn aus, rennt mit der Videokamera rum un hält sich für Humphrey Bogart.»
    «Und das ist der Mann, mit dem Sie sich an die Theke gehängt haben? Ihr habt im
Swan
jeder vier Halbe getrunken, und dann ist er mit seiner riesigen, auffälligen amerikanischen Limousine weggefahren?»
    «Steht eben auf der Sonnenseite des Lebens», sagte Gomer. «Außerdem wiegt er über zwei Zentner, also macht ihm der Alkohol wahrscheinlich nich so viel aus.» Er hielt inne. «Aber wenn ich recht drüber nachdenk, hatter auch noch ’n paar Whisky gehabt. Wir haben uns gut unterhalten – über alte Zeiten. Und er hat mir ’ne Menge über Lodge erzählt.»
    «Oh», sagte Merrily.
    Es war nach Mitternacht, ihr war kalt, und sie war müde. Aber Gomer klang immer vernünftiger, und das war gut. Und wenn er jemanden zum Reden brauchte – Frauen konnten doch so gut zuhören. Wer hatte das nochmal gesagt? Egal. Merrily rauchte und hörte zu.
     
    Die Sache, wegen der er auf Roddy Lodge angesetzt worden war, war für Jumbo eine ziemliche Rarität. Für Privatdetektive in der Stadt war so was vielleicht normal, sagte Gomer, aber für Jumbo nicht: ein Scheidungsfall.
    Was er bisher vergessen hatte zu erwähnen, war, dass Roddy einen Wahnsinnserfolg bei Frauen hatte. Jumbo Humphries war von einem Bauern aus Welsh Newton beauftragt worden, auf dessenFeldern Roddy Rohre verlegt hatte, was dem Bauern ziemlichen Ärger einbrachte.
    Zuerst waren Werkzeuge verschwunden – eine Heugabel, ein Spaten aus rostfreiem Stahl   –, und zwar immer,