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Der Himmel ueber Dem Boesen

Der Himmel ueber Dem Boesen

Titel: Der Himmel ueber Dem Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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freundlichsten, bescheidensten Menschen, die Jane je kennengelernt hatte. Er war inzwischen wie ein Großvater für sie.
    Weil Gomer
alt
wurde und
alte
Menschen krank wurden und überfallen wurden – irgendein allgemeingültiges Gesetz sah vor:
Es wird immer bloß noch schlimmer
. Es war, als hätte sie diese schmerzhaft simple Tatsache zuvor nie ganz begriffen.
    Es machte sie höllisch wütend auf Mom, diese intelligente, immer noch attraktive Frau, die fast ihre ganze Kreativität der vollkommen sinnlosen Bewunderung von etwas widmete, das, wenn es überhaupt existierte, nur existierte, um
die gesamte Menschheit wie Scheiße zu behandeln!
    Jane sprang auf, machte das Licht an und griff nach dem Telefon, das auf dem Sitzsack neben dem Bett lag. Sie lehnte sich an das Kopfteil des Bettes und gab Eirions Handynummer ein. Okay, total schlechte Zeit, um jemanden anzurufen, schon gar nicht den Typen, in den man angeblich verliebt war, aber sein Handy würde um die Zeit sowieso aus sein, also war es egal. Sie würde ihm einfach eine Nachricht hinterlassen. Sie musste darüber reden, und sie konnte Mom nicht anrufen, ohne wie das kleine Mädchen zu klingen, das in dem großen, dunklen Pfarrhaus ganz allein war.
    «Hallo, Jane», sagte Eirion.
    Oh Sch-!
Sie hätte fast auf den roten Knopf gedrückt. «Ver dammt , Irene, es tut mir leid – ich weiß gerade nicht, was ich tue. Warum ist denn dein Handy nicht aus? Es ist beinahe ein Uhr nachts.» Sie streckte sich panisch nach dem Lichtschalter, als könnte Eirion sie irgendwie sehen mit den zerzausten Haaren und den verquollenen Augen.
    «Woher wusstest du, dass ich es bin?»
    «Weil wir», sagte Eirion geduldig, «einen feierlichen Eid geschworen haben, unsere Telefone nachts anzulassen, falls einer von uns eine Krise hat und reden muss.»
    Jane schluckte. «Oh.»
    «Jetzt erinnern wir uns aber, oder?»
    «Ich dachte, das meinen wir nicht so richtig ernst.»
    «Einer von uns offensichtlich nicht.»
    Sie fing an zu weinen. «Es tut mir leid, Irene. Es tut mir so leid. Ich bin die schlimmste Zicke, die überhaupt jemals   –»
    «Was ist denn passiert? Hast du dir wieder das Eels-Album angehört?»
    «Ist egal», sagte Jane. «War dumm von mir. Ich ruf dich morgen an.»
    «Jane   …» In Eirions weicher walisischer Stimme klang das ganze Leid seiner Vorfahren mit. «Wenn du jetzt auflegst, muss ich meiner Stiefmutter wieder ihren BMW klauen und fast fünfzig Kilometer fahren, um mein überwältigendes Bedürfnis zu stillen, dich langsam und genüsslich zu erwürgen.»
    «Na gut.» Jane schniefte laut. «Du wolltest es wissen, okay? Die große Frage ist: Bin ich der einzige Mensch in meinem Alter, dem klar ist, dass Gott, wenn es einen Gott gibt, in Wirklichkeit ein riesiges, schwachsinniges, kosmisches   …
Kleinkind
ist, das einfach immer nur
da sitzt
und den Spinnen die Beine ausreißt?»
    Eirion dachte eine Weile darüber nach.
    «Wahrscheinlich nicht», sagte er.
    Jane sagte: «Gibt es keine längere Antwort?»
    «Es gibt bestimmt eine längere Antwort,
Cariad
, und wahrscheinlich eine gute Begründung dafür, dass diese Vorstellung theologisch unsolide ist. Aber über so eine Frage müsste ich erst mal ein bisschen nachdenken.»
    «Und du bist sicher, dass du nächstes Jahr auf die Uni willst?»
    «Aber nicht, um Theologie zu studieren.»
    «Theologie ist sowieso scheiße. Ich weiß, wovon ich rede.»
    «Jane, sag mir doch einfach, was los ist, geht das? Was ist passiert?»
    «Woher weißt du, dass was passiert ist?»
    «Weil du nicht gefragt hast, ob ich nackt bin.»
    «Stimmt», sagte Jane.
    «Das war ein Witz.»
    «Ich weiß.»
    «Bin ich übrigens nicht.»
    «Das ist mir im Moment, glaube ich, egal», sagte Jane.
    Und sie erzählte ihm, warum sie um ein Uhr nachts allein im Pfarrhaus war.
    Das brachte ihn aus der Fassung. Er schien nicht zu wissen, wie er reagieren sollte. Er kannte Gomer; ob er Nev kennengelernt hatte, wusste sie nicht genau. «Scheiße», sagte er. «Verdammte Scheiße, das ist   … der arme Gomer. So ein Mist.»
    «Ich meine, kannst du dir das vorstellen? Dass Nev   … dass dieses menschliche Wesen geschaffen worden ist, um Baggerfahrer zu sein, um sein ganzes Leben lang in demselben Ort zu leben   … um übergewichtig zu werden   … um eine schlechte Ehe zu führen, um   … um gedemütigt zu werden, sich zu betrinken   … und dann zu
verbrennen
? Und das soll dann alles gewesen sein? Ich meine, das ist
alles
, Irene – das ist

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