Der Himmel ueber Dem Boesen
erzählen.
Ich
werde es ihnen jedenfalls erzählen.» Sie drehte den Schlüssel im Zündschloss. «Aber erst morgen. Jetzt … fahren wir nach Hause.»
Sie ließ die Kupplung kommen, und der Wagen schlingerte auf die leere Straße. Gomer war eine Zeitlang still. Merrily überlegte, ob er Roddy Lodge in seiner Verzweiflung nicht einfach dämonisierte. Die paar Indizien, die es gab, deuteten immer noch auf den armen Nev.
«Er weiß, dass die nich da sind, wissense», sagte Gomer nach ein paar Minuten. «Die Pawsons. Er weiß, dass die nich da sind, bloß an den Wochenenden. Außerdem wusste er wahrscheinlich,dass wir kommen und diesen Efflapure abholen wollen. Sie hat doch gesagt, sie würde es ihm sagen.»
«Gomer … worauf wollen Sie hinaus?»
«Angenommen, er hatte vor, den Tank zwischendurch selbst abzuholen?»
«Aber … warum sollte er das tun?»
«Um seinen Ruf zu schützen vielleicht? Is ’ne kleine Welt hier, Frau Pfarrer. ’n Mann wie der könnt’s nich ertragen, wenn die Leute wissen, dass Gomer Parry Landwirtschaftsdienste seinen tollen Tank wieder abgeholt hat, weil er ihn falsch eingebaut hat und weil er sowieso überflüssig war. Außerdem … jetzt haben wir ein so ’n Ding gesehen und wissen, was für ’n Müll das ist. Angenommen, er wollte, dass wir den Job gar nicht machen können, und hat deshalb den Schuppen abgefackelt und die Ausrüstung kaputtgemacht? Ich sag ja nich, dass er wusste, dass Nev dadrin ist, das sag ich ja gar nich … noch nicht.»
«Gomer, ich weiß, das ist eine … unvorstellbar schreckliche Sache, die da passiert ist, aber ist das –»
«Und in der Zwischenzeit holt er den Efflapure selber ab, im Schutz der Dunkelheit, um sicherzugehen. Er wusste ja, dasser dort allein sein wird …»
«Das wäre doch vollkommen unvernünftig.»
«Der is ja auch kein vernünftiger Mann, Frau Pfarrer. Wenn er den Job heut Nacht erledigt hat, wenner da war und den Efflapure mitgenommen hat, dann is das ein Beweis.»
«Wahrscheinlich. Wenn die Pawsons bei ihrer Version bleiben.»
«Is ganz egal, ob sie dabei bleiben, wir ham’s ja auf Band.»
«Ja, das stimmt.» Merrily fuhr langsam nach Eardsley hinein, dem ersten Ort auf der
Fachwerkstraße
für Touristen, die in Ledwardine endete. Das Dorf schien in der Dunkelheit nur aus dunkler Eiche, Kalk und Schatten zu bestehen, es war, als hätten dieletzten paar Jahrhunderte gar nicht stattgefunden, und das Autohaus im Zentrum wirkte richtig surreal.
«Zehn oder elf», sagte Gomer. «Höchstens zwölf.»
«Was?»
«Kilometer.»
Merrily seufzte. «Bis zu den Pawsons?»
«Is jetzt kein Verkehr in Hereford. Dauert höchstens ’ne halbe Stunde.»
«Und was machen wir, wenn wir herausfinden, dass er den Tank tatsächlich abgeholt hat?»
«Dann wissen wir Bescheid, Frau Pfarrer.» Die zwei Monde in seinen Brillengläsern waren klar und scharf umrissen. «Dann wissen wir verdammt nochmal Bescheid.»
7 Den Spinnen die Beine ausreißen
Das sollte also die Stunde des Wolfes sein. Oder so.
Die dunkle Nacht der Seele. Die Zeit, zu der sich die totale Sinnlosigkeit von allem in das Bewusstsein bohrte – und die alles umfassende, zwecklose Grausamkeit.
Jane hatte fast eine Stunde lang wach gelegen, mit Ethel, der schwarzen Katze, neben sich auf dem Bett, während das reale Leben über ihr zu hängen schien wie ein riesiges bleiernes Pendel, das in der Dunkelheit langsam von einer Seite zur anderen schwang.
Man konnte genauso gut für immer hier liegen bleiben, denn wenn man sich im falschen Moment aufsetzte, würde einen das bleierne Pendel – das man niemals kommen sah – plötzlich mit schrecklicher Gewalt niederschmettern.
So lief das. Das war das große, mächtige Geheimnis.
Im Dachbodenfenster war zwischen dunstigen Wolken immer mal wieder der Mond zu sehen – den Jane einmal so geliebt hatte. Er tauchte die farbigen Quadrate zwischen den Balken in verschiedene Grautöne. Alles nur verschiedene Grautöne.
Jane bekam auf einmal kaum noch Luft vor Horror … bei dem Gedanken, dass das hier – ihr Leben in genau diesem Moment – vielleicht schon das Beste war, was sie zu erwarten hatte, vielleicht würde es nie besser werden. Sie glühte vor Wut bei der Einsicht, dass einen das bleierne Pendel, wenn man älter und der Körper schwächer wurde, nur immer härter und öfter treffen würde, bis man irgendwann nicht mehr aufstehen konnte.
So wie es Gomer Parry immer wieder traf, einen der
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