Der Himmel ueber Dem Boesen
war, stünde innerhalb von zehn Minuten die gesamte Dorfbevölkerung vor der Kirche. Melanie musste verscharrt da draußen liegen, während ihr Mörder schön aufgebahrt worden war und sogar eine Totenmesse für ihn gelesen werden sollte? Das war doch einfach der Gipfel, oder?
Huw Owen warf ihr einen nachdenklichen Blick zu. Dann lächelte er, trat einen Schritt vor und riss die Flügeltüren zum Kirchenraum weit auf.
«Meine Herren. Huw Owen mein Name. Die Kirche, altmodisch, wie sie eben ist, hielt es nicht für angebracht, dass ein weiblicher Pfarrer die Beerdigung eines Mörders abhalten sollte. Jedenfalls nicht allein und noch dazu in einer so
feindseligen
Gemeinde. Also bin ich hier, um sie zu unterstützen.»
«Ich muss mich wohl entschuldigen», sagte Fergus steif. «Dennoch, dies hier ist ein Missbrauch unserer …»
«Bitte!» Huw hob die Hände. «Lassen Sie mich erklären. Wir werden einen einfachen Beerdigungsgottesdienst abhalten, weiter nichts. Die Diözese hält das für sehr wichtig, um die Atmosphäre rund um Kette von Ereignissen zu bereinigen, die weit … ja, sehr weit zurückreicht.»
Er ging in den Kirchenraum zurück. Richard, der Mann aus dem Gemischtwarenladen, sah Roddys Sarg. «Verdammt, er ist tatsächlich da.»
Huw stellte sich neben den Sarg und legte eine Hand darauf.Es wirkte beinahe liebevoll. «Zunächst sollte ich Ihnen wohl mitteilen – allerdings bedeutet das nicht, dass wir damit irgendeiner Form von Druck nachgeben –, dass Mr. Lodge mittlerweile eine Einäscherung dieses Mannes vorzieht.»
Cherry Lodge warf einen Blick auf ihren Mann, als befürchte sie, er könne das abstreiten oder seine Meinung ändern. Aber Tony Lodge sagte nichts.
Fergus sah die Lodges mit einem verkniffenen Lächeln an. «Wir alle wissen, dass Underhowle gerade erst in eine Phase wirtschaftlicher Erholung eintritt, und wir wollen seinen Ruf als ruhigen, fortschrittlichen Ort erhalten, nichts weiter. Die Leute sollen bei Underhowle nicht an Perversion und Mord denken. Tut mir leid, wenn ich mich so offen ausdrücke.»
«Offenheit gefällt mir am allerbesten», versicherte ihm Huw. «Lassen Sie uns alle offen und ehrlich miteinander umgehen. Wir sind als Christen hier, und wir möchten nichts weiter, als diesen Mann zu seinem Schöpfer zurückzubegleiten. Und zwar keineswegs heimlich. Er ist der irdischen Gerechtigkeit entkommen, aber das war, wie Sie wissen, aus unserer Sicht nicht das letzte Gericht, vor dem er zu stehen hat.»
Mann, ist der gut
, dachte Merrily.
Huw trat einen Schritt von dem Sarg weg und rieb sich die Nase.
«Wir wollten kein Aufsehen, und wir wollten keine Presse dabeihaben. Und ehrlich gesagt, haben wir nicht angenommen, dass jemand aus dem Dorf an der Beisetzungsfeier teilnehmen würde. Allerdings … jetzt, wo Sie da sind …»
Unruhe machte sich in der Gruppe breit. Richard murmelte etwas von einem dringenden Telefonanruf und trat den Rückzug an. Ein paar andere Männer waren ohnehin in der Vorhalle stehen geblieben.
Ingrid Sollars sagte: «Ich persönlich fände es sehr begrüßenswert,wenn die Mitglieder des Entwicklungsausschusses – als Repräsentanten des Fortschritts in Underhowle – Mr. Owen, Mrs. Watkins und die Familie Lodge darin unterstützen würden, einen Schlussstrich unter diese schreckliche Geschichte zu ziehen.»
Schweigen. Huw wartete. Auf seinem Gesicht lag ein friedfertiges, harmloses Priesterlächeln.
«Also gut», sagte Fergus schließlich. «Warum nicht? Beenden wir diese Missstimmung.»
«Wunderbar!» Huw ging zum Kirchenportal. «Sind noch weitere Mitglieder des Entwicklungsausschusses da?»
Mit unbehaglicher Miene kam Chris Cody herein. Er trug einen leichten dunkelbraunen Mantel, der beinahe bis zum Boden reichte. Hinter ihm trat mit gerunzelter Stirn Connor-Crewe in die Kirche, immer noch in seinem cremefarbenen Anzug. Merrily registrierte, dass Gomer unauffällig hinausging.
Huw zog die Flügeltür zu und rieb sich die Hände.
«Es ist ein bisschen kühl hier, aber das macht nichts. Bitte setzen Sie sich doch in eine der Bänke. Merrily, wo waren wir stehengeblieben?»
«Also, wir …» Merrily stand unter der Kanzel, während sich Cody und Connor-Crewe in die Bank hinter Ingrid Sollars und Sam Hall setzten und Fergus allein hinter den Lodges Platz nahm. «Wie Sie wissen, ist das eine sehr ungewöhnliche Messe. Da wir so wenige sind, haben wir beschlossen, auf Lieder zu verzichten, doch später
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