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Der Himmel ueber Dem Boesen

Der Himmel ueber Dem Boesen

Titel: Der Himmel ueber Dem Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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machte eine Pause. «Sie kenn’ mich doch inzwischen, Frau Pfarrer – wenn ich nicht weiterarbeite, macht mich das alles erst so richtig fertig.»
    Sie war still. Das stimmte. Wenn er nicht weitermachte, würde er sich in einen dieser typischen älteren Menschen verwandeln, und zwar in keinen von der zufriedenen Sorte. Deshalb waren sie jetzt ja auch hier und fuhren durch die stürmische Nacht nach Ross-on-Wye. Es ging nicht darum, Beweise zu beschaffen, denn es würde keine geben. Es ging um Gomer Parry, der niemals aufgab.
    «Jetzt sin wir gleich da.» Er saß auf der Kante seines Sitzes. «Wir sollten etwas vorher halten, bisschen abseits der Straße, als hätten wir ’ne Panne gehabt. Wir wolln ja nich auffallen, oder?» Er klopfte auf das Lenkrad. «Hier. Hier isses gut.»
    Merrily fuhr über die Standspur auf den Rasenstreifen und bremste scharf, als hohe Büsche vor ihr auftauchten. «Genau richtig. Schön in die Büsche rein, ich steig auf Ihrer Seite aus.»
    Merrily stellte das Licht und den Motor ab, stieg aus und sahsich um. Sie hätte eigentlich wissen müssen, wo genau sie waren, aber nachts sah alles so anders aus. Häuser waren nicht zu sehen. Auf der anderen Straßenseite erhellte der Mond endlos wirkende Felder, nur in der Ferne waren ein paar winzige Lichter zu erkennen. Die Fahrbahn der Gegenrichtung war von einer zerklüfteten Reihe unbeschnittener Büsche gesäumt und machte ungefähr hundert Meter entfernt eine Linkskurve.
    Gomer trat neben sie. «Ham Sie die –?»
    «Taschenlampe, ja. Wo ist das Haus?»
    «Gleich hinter der nächsten Kurve.» Aber Gomer machte keinen Schritt, als hätte er endlich akzeptiert, wie unnütz das Ganze war, als wäre ihm klargeworden, dass er nur deshalb so an der Vorstellung hing, dass Roddy Lodge ein Brandstifter war, weil er auf keinen Fall in ein leeres Haus zurückwollte, in ein leeres Bett und zu einem Anrufbeantworter, auf dem Nevs Stimme war.
    «Ich nehme an, Sie können sofort sagen, ob Lodge das Ding bewegt hat», sagte Merrily.
    «Sicher», sagte Gomer ausdruckslos.
    «Na, dann los. Wenn uns jemand sieht, können wir ja sagen, der Lieferwagen hatte eine Panne und wir sind auf der Suche nach einem Telefon.»
    Hinter der Kurve ging die Straße bergab, und das Haus lag unter ihnen, ein schwarzer Schattenblock. Es stand höchstens fünf oder sechs Meter von der Straße entfernt. Wenn man hier lebte, hörte man den Verkehr bestimmt die ganze Nacht hindurch, wie ein unruhiges Schlaflied.
    «Der Eingang is gleich hinterm Haus, die kleine Einfahrt hoch», flüsterte Gomer. «Das Grundstück geht nach hinten raus.»
    «Und da ist   … dieses Ding?»
    «Der Efflapure.» Er blieb stehen und sah sich zu ihr um. Dann schüttelte er den Kopf, als wachte er gerade auf. «Das is ganz schön bescheuert, oder?»
    «Es ist einfach etwas, das Sie tun mussten, das ist alles», sagte Merrily.
    «Nee, einfach ein alter Mann, der was sucht, einen   … wie heißt das Wort noch?»
    Sündenbock?
«Weiß nicht», sagte Merrily. «Hören Sie, wir   … Sie haben heute Nacht etwas gesehen, was niemand jemals zu Gesicht bekommen sollte. Vielleicht   … ich weiß nicht, vielleicht mussten wir beide einfach ein bisschen herumfahren.»
    «Hm.» Gomer stand am Rand der A 49 und drückte die Fingerspitzen aneinander. Er schien seine Zigarettendose im Wagen vergessen zu haben. Merrily holte ihre Silk Cuts raus und bot ihm eine an. Gomer schüttelte den Kopf.
    «Die Leute müssen gedacht haben, dass er Neville heißt. Er hat Briefe bekommen, die an Mr.   Neville Parry adressiert waren.»
    «Das habe ich auch gedacht. Wie hieß er denn tatsächlich?»
    «Nevin. Is ein Badeort im Norden von Wales, wo seine Leute immer ihre Ferien verbracht haben. Wahrscheinlich isser dort gezeugt worden.»
    Merrily lächelte, und beide machten einen Schritt zurück auf den Rasenstreifen, weil ein hoher Reisebus an ihnen vorbeiraste, offenbar leer, bis auf den Fahrer. Die nur schwach erleuchteten Fenster spiegelten sich bruchstückhaft in den oberen Fenstern des Pawson-Hauses.
    Aber die abgeblendeten Scheinwerfer schienen grell auf Gomers Brillengläser. Und auf die staubige Heckscheibe des großen Baggers, der bei Pawsons in der Auffahrt stand.
    Gomer atmete heftig aus, und Merrily wurde kalt vor Schreck.
    Der Bagger stand einfach so da, unbemannt, die Schaufel schwebte knapp über dem Boden.
    «Das ist er», sagte Gomer nach einem Moment düster. «Lodge. Er is hier, verdammt nochmal.»

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