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Der Himmel ueber Dem Boesen

Der Himmel ueber Dem Boesen

Titel: Der Himmel ueber Dem Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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größten Teil des letzten Jahrhunderts über war es nichts weiter als ein Abstellraum.»
    Die Luke ging leicht auf und gab den Blick auf Steinstufen frei, die von unten her in warmes Licht getaucht wurden.
    «Nach Ihnen, Hochwürden», sagte Mrs.   Box.
    Merrily setzte einen Fuß auf die oberste Stufe. Sie war immer noch misstrauisch, wenn es um abgeschlossene, fensterlose Räume ging, nachdem sie im Vorjahr zu Mariä Lichtmess eine grauenhafte Nacht in einem privaten Mausoleum in Radnorshire verbracht hatte. Vielleicht würden diese Ängste sie jetzt für immer beherrschen.
    «Es gab auch ein Geländer», sagte Mrs.   Box, «aber es ist abgefallen, und ich habe es nicht ersetzt. Ich hatte immer das Gefühl, dass ein gewisses Maß an Gefahr gar nicht unangebracht ist, wenn man hier hinuntergeht. Manchmal, wenn ich mich ganz wagemutig fühle, gehe ich im Dunkeln runter und zünde erst unten eine Kerze an.»
    «Sie sollten aber schon vorsichtig sein», sagte Merrily. «Was ist, wenn Sie stürzen und hier unten in der Falle sitzen?»
    «Tsss», machte Jenny Box verächtlich.
    Merrily ging die Stufen hinunter, die in einem Bogen verliefen. Sie fragte sich: Ist das eine Art Priesterloch? Ein Versteck für römisch-katholische Geistliche, die einst in England unbarmherzig verfolgt worden waren? War das Haus dafür alt genug? Als sie bei der letzten Stufe ankam, sah sie über die Schulter, sie spürte eine leichte Beklemmung, als könnte die Luke zugeklappt, der Bolzen vorgelegt und sie unter der Erde eingeschlossen werden mit   … was?
    Als sie sah, dass Jenny Box ihr folgte, erlebte sie einen absurden Moment der Erleichterung. Sie ging weiter, duckte sich – was sie bei ihrer Körpergröße nicht besonders oft tun musste, nicht einmal in den ältesten Cottages, aber hier befand sich die gewölbte Decke selbst an ihrer höchsten Stelle höchstens zwei, drei Zentimeter über ihrem Kopf.
    Mrs.   Box lachte leise. «Die meisten Leute können hier heute nur noch knien. Als es gebaut wurde, waren die Leute vermutlich noch viel kleiner.»
    An der Wand hing eine runde Lampe mit einer elektrischen Glühbirne, und Merrily sah, dass sie in einem kurzen, schmalen Gang stand, dessen Wände erst kürzlich neu verputzt und weiß gestrichen worden sein mussten. Ein Geruch. Weihrauch? Sie bewegte sich nicht. Ihr war kalt hier unten, obwohl sie ihren Mantel noch anhatte – den kurzen Wollmantel, ziemlich neu; sie hatte an diesem Vormittag nicht ärmlich wirken wollen.
    Sie will, dass ich weiß   … ist das möglich?
    «Gehen Sie weiter.» Jenny Box war hinter ihr, berührte sie fast.
    «Gehen Sie durch.»
    Der Gang öffnete sich zu einem kleinen weißen Raum hin, in dem ein niedriger hölzerner Altar stand und der von einer zweiten Lampe beleuchtet wurde. Die Atmosphäre war plötzlich so durchdringend, dass Merrily, wäre sie nicht so unruhig gewesen, sofort auf die Knie gegangen wäre.
    «Ich hatte keine Ahnung, dass es das hier überhaupt gibt.»
    Sie hatte etwas Gekünsteltes erwartet, etwas leicht Geschmackloses. Aber es gab Orte, an die man mit verbundenen Augen gebracht werden konnte, und trotzdem war man sich der Energie des Gebets sofort bewusst.
    Der Altar war aus dunkler Eiche, seine Platte war mehr als zehn Zentimeter dick. Darauf lag ein kleines goldenes Tuch, auf dem ein schweres goldenes Sockelkreuz stand und zwei dicke gelbe Kerzen auf schlichten Haltern. Davor lag ein goldfarbener Teppich auf dem Boden, und auch die Decke war in Gold gestrichen. An der Rückwand stand eine Bank aus Eichenholz. An einer Art Fleischerhaken hing in der Ecke ein Weihrauchbrenner und hinter dem Altar ein großes Bild, auf dem eine verschwommene weiße Figur zusehen war, deren einer Arm nach unten zeigte und sich zu etwas verlängerte, das ein Schwert sein konnte.
    Jenny Box nahm Streichhölzer aus einer kleinen Nische in der Steinwand und ging zum Altar.
    «Als ich Kontakt zu den vorigen Besitzern aufgenommen habe   … nein, nicht zu den vorigen, die waren nur sehr kurz hier, aber zu der Tochter der Leute, die davor ein halbes Jahrhundert lang hier gelebt haben, da hat sie gesagt, sie hätten immer gewusst, dass mit diesem Keller irgendwas ‹komisch› ist, tatsächlich haben die Leute aus dem Dorf wohl immer gesagt, es würde hier spuken. Die Tochter hat gesagt, ihre Eltern hätten den Keller als Abstellraum für Gerümpel benutzt. Sie kannten seine Geschichte nicht – niemand scheint sie zu kennen, aber ich denke, das ist nicht

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