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Der Himmel über der Heide (German Edition)

Der Himmel über der Heide (German Edition)

Titel: Der Himmel über der Heide (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofie Cramer
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sie immer sehr viel Wert auf ein gepflegtes Äußeres gelegt. Aber war sie auch immer schon so schmal gewesen? Kati konnte sich nicht erinnern, dass Elli je so zerbrechlich gewirkt hätte. Außer damals vielleicht … Kati schob den Gedanken schnell beiseite und streichelte ihrer Großmutter über die Wange.
    «Da kommt Dr. Steindamm.» Dorothee sprang auf und ging dem Mediziner hoffnungsvoll entgegen.
    Doch der Chefarzt konnte immer noch nichts Genaues sagen. Er informierte sie lediglich darüber, dass die OP so weit gut verlaufen sei. Als wie schwerwiegend sich aber die eigentlichen Folgen des Magendurchbruchs erweisen würden, musste auch das Ärzteteam abwarten.
    Einen Moment war Kati etwas eingeschüchtert von Steindamms großer Statur, seinem weißen Kittel und der randlosen Brille, die ihm zusätzlich Autorität verlieh.
    «Können wir zu ihm?», fragte Kati.
    Dr. Steindamm legte seine hohe Stirn in Falten und räusperte sich. «Nun, wenn Sie versprechen, ruhig und gefasst zu bleiben, kann ich sie kurz zu dem Patienten lassen. Aber wirklich nur für einen Moment.»
    Die drei Frauen erhoben sich und folgten ihm bis vor das Zimmer mit der Nummer 114. Vorsichtig öffnete der Arzt die Tür und ließ sie eintreten.
    Der Raum strahlte eine seltsame Atmosphäre aus. Die Wände waren in zartem Hellblau gestrichen und ließen das Zimmer mit all den technischen Geräten, Maschinen und Monitoren irgendwie unmenschlich und zugleich auf eine seltsame Weise auch beruhigend erscheinen. Neben Hinrichs Bett stand noch ein zweites, mit einer durchsichtigen Plastikhülle überzogenes. Es wirkte sehr steril. Offenbar war die Intensivstation nicht ausgelastet.
    Leise näherte sich Kati dem Krankenbett. Dort lag ihr Vater scheinbar leblos auf dem Rücken, eine Sauerstoffmaske auf dem blassen Gesicht. Es war ein schrecklicher Anblick, und Kati fühlte sich plötzlich wie ein hilfloses Kind. Sie musste schwer schlucken.
    Auch Dorothee war die Beklemmung ins Gesicht geschrieben. Sie trat an das Krankenbett und strich mit dem Zeigefinger behutsam über die Wange ihres Mannes und sein noch recht volles graues Haar. Diese Geste hatte etwas derart Hilfloses, dass Kati schlucken musste. Sie konnte sich nicht erinnern, die beiden jemals so vertraut miteinander erlebt zu haben. Normalerweise war Dorothee eher der geschäftige Typ, der nur wenige Gefühle zeigt. Doch wie sie jetzt dort bei ihrem kranken Mann stand, wirkte sie beinahe genauso schwach wie er.
    «Du … Sturkopf», flüsterte Dorothee mit zitternder Stimme, «ich habe es doch gewusst.»
    Irritiert sah Kati ihre Großmutter an. Was meinte Dorothee damit? Doch ehe Elli etwas sagen konnte, räusperte sich Dr. Steindamm und gab mit einem Handzeichen zu verstehen, dass sie den Raum nun wieder verlassen mussten. Kati nickte ihm zu und streifte im Hinausgehen kurz die Decke des Krankenbettes. Sie glaubte, die Beine ihres Vaters gespürt zu haben. Ob er von dieser Geste etwas mitbekam? Kati beobachtete noch, wie Dorothee sich über ihren Vater beugte, um ihn zum Abschied sanft auf die Stirn zu küssen. Dann trat sie hinter ihrer Großmutter auf den Flur.
    Dr. Steindamm versicherte ihnen, dass sie im Moment nichts für den Patienten tun konnten.
    «Fahren Sie lieber nach Hause und schonen Sie Ihre Kräfte für die nächsten Tage», erklärte er. «Dann wird sich alles Weitere entscheiden. Wir halten Sie natürlich auf dem Laufenden.»
    Kati ging das alles viel zu schnell. Wie lautete die genaue Diagnose? Welche Chancen hatte ihr Vater? Wann würde er aufwachen? Doch sie stand noch immer unter Schock. In ihrem Kopf wirbelten die Fragen wie Herbstlaub im Wind umher. Hilflos sah sie ihre Stiefmutter an.
    Dorothee schien die Einzige zu sein, die einen klaren Gedanken fassen konnte. Ihr war offensichtlich bewusst, dass der Arzt recht hatte. Sie drehte sich bereits zum Fahrstuhl um. Da hielt Kati sie an der Schulter fest.
    «Was ist mit Paps los? Was meintest du eben?»
    Dorothee zuckte mit den Schultern. Ganz eindeutig war ihr die Situation unangenehm.
    «Wenn es nach mir gegangen wäre», erklärte sie leise, «hättest du längst etwas erfahren. Aber …» Sie brach ab und warf Elli einen strengen Blick zu. «Aber ich durfte ja nichts sagen.»
    Kati verstand gar nichts mehr. Unsicher blickte sie von einer zur anderen. «Was –?»
    «Ach, lass gut sein.» Dorothee zog bereits ihre Jacke über. «Ich nehme an, ihr fahrt zusammen zum Heidehof zurück?»
    Was eigentlich eine Frage

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