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Der Himmel über Kasakstan

Der Himmel über Kasakstan

Titel: Der Himmel über Kasakstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hölzernen Gegenstände, die sie mitgenommen hatten, in dem kleinen Ofen zu verbrennen. Sie wurden genau dosiert: Zwei Kochlöffel … ein hölzerner Badezuber, der zerhackt wurde … ein Holzkoffer. Die Sachen wurden in einem großen Kopftuch als Bündel geschnürt. Was braucht man einen Holzkoffer, wenn man erfriert?!
    Die einzige Unterbrechung waren die Mahlzeiten. Dann hielt der Zug kurz auf freier Strecke, die Rotarmisten rannten von Waggon zu Waggon, schoben einige Eimer mit Kapusta in die Wagen und schmissen die Türen wieder zu. Eisiger Wind wehte kurz über die zusammengeballten Menschen … ein Stück grauer Himmel lag vor ihren Blicken, eine unendliche weiße Landschaft oder unübersehbare Wälder … »Türe zu!« brüllte da schon eine Stimme. Lieber im Halbdunkel warm leben, als in frischer Luft erfrieren. Mief wärmt, und es ist noch niemand totgestunken worden.
    Am 20. Oktober rollte der Güterzug in Moskau ein.
    Als man die Türen zur Seite rollte, sahen die Moskauer Beamten in unwirkliche, urweltliche Gesichter … in bärtige Fratzen, weite Augen und zitternde Münder.
    »So sehen Deutsche aus?« fragte ein junger Bursche und schüttelte den Kopf. »Schieben wir sie schnell in ihr Land ab. Sie verunstalten ja nur unsere Kultur!«
    460 Halbleichen standen auf dem Moskauer Güterbahnhof und aßen aus Blechbüchsen eine dicke Suppe aus Kohl und Trockenfischen. Sie aßen, bis sie Magenschmerzen bekamen und die ungewohnte fette Suppe wieder neben den Waggons erbrachen.
    »Nix kultura«, sagte ein Soldat zu Boris.
    Boris antwortete nicht. Nur noch ein paar Tage, und wir werden ein Leben beginnen, als seien wir neugeboren, dachte er.
    In Friedland, dem großen Auffanglager Westdeutschlands, trafen die ersten Meldungen ein.
    In ca. 5 Tagen kommt der erste Transport.
    Die Leute sind in bestem gesundheitlichem Zustand, gut genährt und zufrieden.
    Die deutschen Regierungsstellen begannen, ihre Vorbereitungen abzuschließen. Rundfunk und Fernsehen warteten in Friedland, die Presse wurde unterrichtet, die Parteien sprachen von Erfolgen, Teilerfolgen oder Mißerfolgen der Regierung und der Politik. Der Bundesbürger Meier saß vor einer 53er Bildröhre und sah sich einen Dokumentarbericht über Rußland an.
    »Wie die doch leben«, stellte er zufrieden fest, denn er hatte zu Abend drei Rühreier mit Schinken und Spargelspitzen gegessen. »Nee … da möchte ich nicht sein.« Und er drehte den 53er Bildschirm ab, denn die ausgelaugten Gesichter der russischen Bauern paßten nicht zu der Spätlese, die Emma aus dem Keller holte.
    In Moskau wurden unterdessen die Listen noch einmal verglichen. Einige Namen wurden durchgestrichen … die Körper zu diesen Namen lagen seitlich der Schienen unter dünnen Schneehaufen.
    »In fünf Tagen seid ihr in Deutschland«, sagte ein russischer Offizier zu den 460 in der Kälte zitternden Deutschen. »Schreibt mal, ob es euch dort gefällt. Ihr werdet dort fremder sein als in der tiefsten Taiga!«
    Zwei Tage standen sie auf dem Güterbahnhof in Moskau herum. Sie durften das Gelände um die Viehwagen nicht verlassen … eine Postenkette von Milizsoldaten riegelte das Gebiet ab.
    »Wie damals«, sagte einer wieder. »Es ändert sich wirklich nichts. Wir waren, sind und bleiben Gefangene. Bin gespannt, wie es im ›goldenen Westen‹ ist. Ob die uns da auch einlochen? Für die sind wir ja keine vollen Menschen mehr. Die sind dort dick und satt und werden uns scheel ansehen –«
    »Bist wohl ein verkappter Kommunist, was?« schrie ein anderer. »Wir werden endlich leben können! Nicht mehr wie wilde Hunde, sondern wie freie Bürger.«
    »Wo gibt es heute noch Freiheit?« fragte ein dritter Bauer. Er hatte noch seine hohe Pelzmütze auf dem struppigen Schädel. Wenn man ihn ansah, dachte man unwillkürlich an die riesigen Wälder der Taiga und das heisere Gekläff der Hetzhunde, mit denen er auf die Jagd gezogen sein mochte.
    Erna-Svetlana blieb diese beiden Tage in der Wärme des Wagens. Jetzt gab es genug Holz, sogar Kohlen, mit denen sie den kleinen Eisenofen in der Mitte des Waggons heizte. Mischa und Mascha standen mit Boris draußen auf dem Schotter und beäugten die großen Häuser Moskaus, die so gewaltig für sie waren, daß Mischa einmal sagte: »Badjuschka (Väterchen), – die Wolken müssen dranstoßen. Was machen sie dann?«
    Auch die Verpflegung wurde besser. Für die Kinder brachte man Mehl, Schrot und Maispuder heran, aus denen Erna-Svetlana für die kleine Natascha

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