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Der hinkende Rhythmus

Der hinkende Rhythmus

Titel: Der hinkende Rhythmus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaye Boralıoğlu
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Güldane zurück. Auf ihrem Gesicht perlten noch Tropfen und ihr Haaransatz war nass. Sie trocknete ihr Gesicht am Ärmel ab und setzte sich auf das Sofa, auf dem sie vorher gelegen hatte.
    »Warum hast du mich hergebracht?«
    Halil überlegte kurz, was er antworten sollte. Denn eigentlich kannte er die Antwort selber nicht. »Ich hatte keine andere Wahl«, sagte er schließlich.
    Güldane sah ihn lange an. Halil ging durch den Kopf, dass er so viel darauf geben würde, wenn er nur erfahren könnte, was sie gerade dachte. Ihr Ausdruck war so stark, so fordernd, so entschieden, dass Halil sich fürchtete, sie anzuschauen. Zum Glück hatte er einen Schlüsselbund in der Hand. Er klammerte sich an ihn wie an einen Retter, klebte seinen Seitenblick an das Mercedes-Zeichen, das daran baumelte, und blieb so.
    »Ich möchte nach Hause«, sagte sie.
    Halil schwieg.
    Güldane stand auf. Sie ging ein paar Schritte auf die Tür zu, aber auf einmal ließen ihre Knie nach, und gerade, als sie auf der Stelle zusammenbrach, wurde sie von Halil aufgefangen, der schon aufgesprungen war. Er setzte sie wieder aufs Sofa. Güldane wehrte sich nicht, sie hatte nicht die Kraft dazu.
    »Du … bist du krank?«
    »Nein.«
    »Warum fällst du dann ständig hin?«
    Güldane schluckte. Für einen Moment schloss sie die Augen. Sie hoffte, wieder die alte kraftvolle Güldane zu sein, wenn sie sie aufschlug, aber es war vergebens.
    »Hast du Hunger?«, fragte Halil.
    Güldane sagte nichts.
    »Ist es wegen Hunger?«
    Sie antwortete wieder nicht.
    Halil stand auf, ging in die Küche. Nach einiger Zeit, deren Länge Güldane nicht einschätzen konnte, kam er mit einem Tablett zurück und stellte es auf den Tisch. Dann setzte er sich wieder auf seinen Stuhl.
    »Iss!«, sagte er.
    Güldane konnte nicht sehen, was sich darauf befand. Sie wollte es sich nicht ausmalen, sonst hätte sie nicht widerstehen können. Aus einem ihr unbekannten Grund dachte sie, dass sie dieses Essen nicht anrühren durfte, war aber sehr, wirklich sehr hungrig. Sie versuchte, den Gedanken ans Essen zu verdrängen, indem sie sich sagte, Yunus habe auch Hunger und sie würde ihm unrecht tun, wenn sie jetzt essen sollte. Es half nichts. Denn eigentlich war ihr Yunus und auch alles andere egal. Sie wollte, dass sie etwas in den Magen bekam, sie wollte kräftig werden. Sie versuchte, sich vorzustellen, dass schreckliche Dinge auf dem Tablett standen: ein Teller Ziegenscheiße. Eine Schüssel Kakerlaken. Katzenleber. Stachelsuppe …
    Aber es roch nach Pizza. Nach einer Pizza, wie man sie in den Vitrinen sieht, mit geschmolzenem Käse bedeckt, mit Knoblauchwurst und Würstchen belegt.
    Halil wartete wortlos Güldanes Entscheidung ab und spürte, dass ihre Gedanken zwischen vielen unergründlichen Punkten wanderten. Er wusste auch, die kleinste Einmischung würde auf ihn zurückprallen.
    Schließlich stand Güldane auf, ging zum Tisch. Es sah zwar nicht so schön aus wie vermutet, war aber wahrscheinlich die leckerste Speise ihres Lebens. Ohne Hast, jeden einzelnen Bissen genießend, aß sie die Pizza.
    »Hast du das gemacht?«
    Halil antwortete nicht.
    Güldane fühlte sich jetzt viel stärker, war sich aber auch bewusst, dass sie eine wichtige Stellung gegen diesen Mann aufgegeben hatte, indem sie das von ihm angebotene Essen akzeptierte.
    »Hat es jemand gesehen, als du mich hierher gebracht hast?«, fragte Güldane. In ihren Augen funkelten schon teuflische Blitze.
    Halil schüttelte den Kopf.
    »Gut«, sagte Güldane mit einem seltsamen Lächeln. »Dann kann ich jetzt also mit ganzer Kraft schreien: Dieser Mann hat mich entführt, Hilfe!«
    Halil blieb unbeeindruckt. »Niemand wird dich hören«, sagte er.
    »Und warum?«
    »Um diese Zeit ist keiner zu Hause. Selbst wenn jemand da ist und wenn man deine Schreie hört, kümmert sich kein Mensch darum. Und dann, wenn du schreist, schon nach der ersten Silbe, kriegst du das hier mitten ins Gesicht, und die zweite Silbe kommt gar nicht mehr raus.«
    Halil hatte die Hand zur Faust geballt und hielt sie vor sein Gesicht. Seine Lippen waren gespreizt, sein Kinn zuckte. Er ähnelte haargenau einem Boxer kurz vor dem Angriff.
    Güldane schwieg.
    Dann sprach sie, ohne ihn anzuschauen, während sie die Pizzareste auf dem Teller aufsammelte und sich in den Mund warf:
    »Was ist mit deinem Gesicht passiert?«
    Das hatte Halil nicht erwartet. Er betastete sein Gesicht, die Narben verkrusteten allmählich. Schnaubend sagte er:
    »Du weißt

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