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Der Hinterhalt

Der Hinterhalt

Titel: Der Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevor Shane
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erwiderte meinen Blick. Weiß Gott, was er sah. Dann öffnete er den Mund. »Ich wurde hierhergeschickt, um dich zu töten«, sagte er zu mir. Während er sprach, lief ihm Blut übers Gesicht in den Mund und sammelte sich an einem Mundwinkel. Das dickflüssige Blut dämpfte seine Worte und sorgte dafür, dass seine Stimme klang, als befände er sich halb unter Wasser. Er starrte mir geradewegs in die Augen. »Ich wurde hierhergeschickt, um dich zu töten. Sie wussten, dass du zurückkommen würdest. Sie wussten es.« Mit jedem Wort wich Kraft aus seinem Körper. Ich hob meine Pistole und hielt sie ihm an die Brust. Selbst in seinem geschwächten Zustand wandte er den Blick nicht von mir ab. Ich rammte ihm die Mündung der Pistole zwischen die Rippen. Obwohl ich mir sicher bin, dass er es spürte, starrte er mich unverwandt mit kaltem Blick an. »Ich wurde hierhergeschickt, um dich zu töten«, wiederholte er abermals und besprenkelte mich beim Sprechen mit Blut. Ich betätigte den Abzug und verpasste ihm eine Kugel ins Herz. Nachdem ich gefeuert hatte, stöhnte er noch einmal auf. Dann endete seine Gegenwehr. Meine Finger umschlossen nach wie vor sein Handgelenk, und ich hielt ihn fest. Ich hatte den Tod schon oft gesehen, und seiner stand unmittelbar bevor. Bei seinem letzten Atemzug sah er mich noch einmal an. Aus seinem Blick sprach jetzt Verwirrung, als hätte er völlig vergessen, wer ich war. Er zuckte noch einmal, dann war er tot.
    Ich ließ seinen Körper zu Boden sinken, bückte mich und wischte mir mit der einzigen sauberen Stelle an seinem Hemd das Blut aus dem Gesicht. Nachdem der Kampf vorbei war, kehrte der Schmerz in meinem Bein mit voller Wucht zurück. Ich musste zurück ins Hotel und mich so gut es ging wieder in Ordnung bringen. Ich musste dich suchen, und dann mussten wir verschwinden. Mit einem Mal erschien alles unglaublich dringend. Ich hätte dafür sorgen sollen, dass du startbereit bist. Ich hätte dich bitten sollen, im Hotel auf mich zu warten. Die Worte des blauäugigen Bodyguards hallten in meinem Kopf wider: »Sie wussten, dass du zurückkommen würdest. Sie wussten es.« Ich konnte sie ihn immer und immer wieder durch seine blutverschmierten Lippen sprechen hören. Sie wussten es, dachte ich. Sie wissen es einfach immer. Wenn wir davonkommen wollten, mussten wir uns dafür so viel Zeit wie möglich nehmen. Wir würden weglaufen und uns verstecken, weglaufen und uns verstecken, bis unsere Fährte nicht mehr ausfindig zu machen wäre. Das war unsere einzige Chance.
    Ich verstaute meine Pistole wieder im Rucksack. Dann warf ich noch einmal einen Blick auf mein Bein. Ich entdeckte das Loch in meinen Jeans, das die Kugel hinterlassen hatte. Auf der Vorderseite war nichts zu sehen. Die Kugel steckte also noch im Bein. Ich musste zurück ins Hotel, um die Wunde auszuwaschen und abzubinden, damit die Blutung aufhörte. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich mich wieder erholen würde. Trotz meiner Schmerzen ging ich nicht davon aus, dass die Kugel einen Knochen getroffen hatte. Vermutlich steckte sie einfach in einem Muskel. Ich würde die Wunde säubern, damit sie sich nicht entzündete, und die Blutung stoppen. Das und ein halbes Fläschchen Schmerztabletten sollten genügen.
    Ich humpelte auf die Straße hinaus und betrachtete mein Spiegelbild im Fenster eines Gebäudes, um mich zu vergewissern, dass ich einigermaßen vorzeigbar war. Vom Knie aufwärts sah ich passabel aus. Meine Haut glänzte ein wenig, da ich schwitzte, aber ich hatte nichts Auffälliges an mir, das mich verraten hätte. Bislang hatte ich noch keine einzige Sirene gehört. Ich rechnete allerdings damit, dass jeden Moment das Heulen von Streifenwagen ertönen würde, die angerast kamen. Das Geräusch blieb jedoch aus. Das ergab keinen Sinn für mich, doch ich wollte mein Glück nicht hinterfragen. Später las ich, dass die Geschäftspartner meiner Zielperson, die selbst bis an die Zähne bewaffnet gewesen waren, das ganze Restaurant davor gewarnt hatten, die Polizei zu verständigen, da sie es nicht mit kanadischen Behörden zu tun bekommen wollten. Sie blieben noch eine Viertelstunde mit gezogenen Waffen im Restaurant sitzen, gegenüber von zwei Leichen, und aßen auf. Als sie schließlich verschwanden, befahlen sie den Anwesenden, noch zwanzig Minuten zu warten, bis sie die Polizei verständigten. Sie drohten an, alle ausfindig zu machen, die sich nicht daran hielten. Sie forderten zwanzig Minuten und bekamen zehn. Diese

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