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Der Hinterhalt

Der Hinterhalt

Titel: Der Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevor Shane
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fragte ich. Das machte mich noch verrückt. Warum kam mir der Jugendliche bekannt vor?
    »Leck mich«, erwiderte er und starrte dabei die Pistole an. Ich hatte kein Problem mit dieser Antwort. Ich respektierte sie. Trotzdem half sie mir nicht weiter. Ich verlagerte mein Gewicht auf den linken Fuß und trat dem Jugendlichen mit dem rechten so fest ich konnte in den Bauch. Ich hörte jemanden nach Luft schnappen, als ich das tat, aber es war nicht der Jugendliche. Du warst dageblieben. Ich hätte in diesem Moment lieber auf deine Anwesenheit verzichtet, doch irgendwann musstest du mit Gewalt bekannt gemacht werden.
    Der Jugendliche kippte vornüber in den Matsch, nachdem ich ihn getreten hatte. Er rang nach Luft und schluckte dabei Regen. Das löste einen Hustenanfall bei ihm aus. Ich wartete, bis er fertig war und sich trotzig wieder auf die Knie kämpfte.
    »Wer bist du?«, fragte ich ihn erneut, dieses Mal leiser. Er starrte mich einfach nur zornig an. Sein Blick wiederholte, was er zuvor gesagt hatte, doch er schwieg. »Was ist? Hältst du dich für einen Cowboy, oder was?«, schrie ich ihn an. »Hast du etwa gedacht, du kannst uns hierherbringen, damit wir uns duellieren? Zwölf Schritte um Mitternacht? Hast du dir das gedacht? Du bist ein Idiot, Kleiner. Und du wirst als Idiot sterben.« Der Jugendliche wirkte beschämt, zeigte aber noch immer keine Angst. Ich richtete mich wieder auf und hielt ihm die Pistole an den Kopf. Ich würde kurzen Prozess machen. »Das hätte nicht sein müssen, Kleiner. Du hättest uns einfach in Ruhe lassen können. Du hättest abhauen können. Du hättest weiterfahren können. Ich wünschte, das hättest du getan.« Ich krümmte meinen Finger am Abzug. Als hätte der Jugendliche für diesen Augenblick geprobt, drehte er den Kopf zur Seite, damit die Kugel nicht im Gesicht eindringen würde.
    »Was soll das, Joe?« Deine Stimme durchschnitt plötzlich das Prasseln des Regens. Du glaubtest, ich hätte nur eine Drohkulisse aufgebaut. Du glaubtest, ich würde bluffen, ich würde schauspielern. Dir war nicht bewusst, dass es sich nicht um einen Bluff handelte. Ich hatte nicht vor, unser Leben aufs Spiel zu setzen. Ich entspannte den Finger am Abzug. Der Jugendliche blickte durch den Regen zu dir auf. Ich wagte es nicht, dich anzusehen, und hielt den Blick auf den Jugendlichen gerichtet. »Was soll das?«
    »Er ist einer von ihnen, Maria.« Ich zielte wieder mit der Pistole. Ich wollte mir von dir nichts ausreden lassen. Ihn zu töten war die einzige Lösung.
    »Er ist doch noch ein Kind, Joe!« Du schriest. In deiner Stimme lag Panik.
    »Nein, das ist er nicht«, erwiderte ich. Ich sah den Jugendlichen an, während ich redete. »Er ist ein Soldat. Und er stellt eine Gefahr dar.« Der Jugendliche sah mich aus dem Augenwinkel wütend an. In seinem Gesicht war noch etwas außer Hass zu erkennen: Stolz.
    Du drehtest dich plötzlich zu dem Jugendlichen und schriest: »Sag es ihm! Sag ihm, dass du nicht weißt, wovon er spricht!« Du flehtest uns jetzt beide an, einfach aufzuhören. Mit dem Wahnsinn aufzuhören. Das überstieg unser Fassungsvermögen. Der Jugendliche und ich steckten zu tief drin.
    »Los, Kleiner. Sag mir, dass du nicht weißt, wovon ich spreche«, sagte ich zu dem Jugendlichen. Er warf mir abermals einen zornigen Blick zu. Ohne die Pistole von seinem Kopf zu nehmen, griff ich nach seinem Rucksack, der im Matsch lag und den Regen aufsaugte. Ich hob ihn auf und griff hinein. Wie erwartet war er voller Papiere. Darunter befand sich eine Pistole, die ich herausnahm und einfach zur Seite warf. Sie verschwand in der Dunkelheit. Der Regen war so laut, dass ich sie nicht einmal landen hörte. Es hatte den Anschein, als existiere nichts mehr außerhalb des kleinen Lichtkegels der lädierten Autoscheinwerfer. Wie die Pistole war auch der Rest der Welt verschwunden.
    Ich warf den Rucksack, in dem sich keine weiteren Waffen befanden, neben dem Jugendlichen auf den Boden. »Zeig ihr, was in dem Rucksack ist, Eric.« Er sah zu mir auf, rührte sich jedoch nicht. Ich gab mir Mühe, möglichst gemein zu klingen, und sagte: »Ich weiß, dass du stolz bist und keine Angst davor hast zu sterben, aber ich bin mir nicht zu schade dafür, dich langsam zu töten. Also zeig ihr, was in dem beschissenen Rucksack ist.« Schließlich streckte der Jugendliche doch die Hand nach seinem Rucksack aus. Er öffnete den Reißverschluss, griff hinein, holte einen dicken Stapel Papier heraus und warf ihn in den

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