Der Hinterhalt
legte ich ihm von hinten den rechten Arm um den Hals und zog ihn unter Wasser.
Es fühlte sich unheimlich an, schwerelos zu sein und in der Dunkelheit zu ringen. Alle Geräusche, die ich zuvor gehört hatte, waren verstummt und wurden allein durch unsere Kampfgeräusche ersetzt. Ich schlang meinen Arm fester um den Hals des Taxifahrers und versuchte, ihn zu erdrosseln, bevor wir beide ertranken. Alles andere verdrängte ich aus meinen Gedanken. Ich vergaß, wo ich war. Ich vergaß, dass ich in der Dunkelheit trieb. Ich vergaß die Wellen, die über uns hinwegrollten. Ich konzentrierte meine gesamte Energie darauf, jegliches Leben aus dem Mann zu quetschen, der Jagd auf mich gemacht hatte. »Entweder wir oder sie«, hatte Jared gesagt, nur dass es diesmal nicht um Richtig oder Falsch ging. Ich hatte keine Zeit, um über Gut oder Böse nachzudenken. Diesmal ging es allein ums Überleben. Es ging um Instinkte. In diesem Augenblick hatte ich nicht den geringsten Zweifel daran, dass ich weiterleben wollte, auch wenn mir beim besten Willen kein einziger Grund einfiel, weshalb. Da der Taxifahrer versuchte, meinen Arm von seinem Hals wegzureißen, packte ich mit meiner freien Hand meinen Arm und zog ihn noch fester um seinen Hals. Ich war mir sicher, dass ich mehr Luft in der Lunge hatte als der Taxifahrer. Ich war mir sicher, dass ich länger durchhalten würde als er, wenn es mir gelang, ihn unter Wasser zu halten. Ich spürte, wie er mit jeder Sekunde schwächer wurde. Er stach mit seinem Messer auf meinen rechten Unterarm ein, und ich spürte, wie dessen Spitze in die Haut auf meinem Arm eindrang, doch er konnte das Messer im Wasser nicht schnell genug bewegen, um größeren Schaden anzurichten. Da er rasch feststellte, dass das Stechen nichts brachte, fing er stattdessen an, mir in den Handdrücken zu schneiden. Das war äußerst schmerzhaft, weil sich die offene Wunde sofort mit Salzwasser füllte. Nachdem er ein paar Mal mit dem Messer über die Haut auf meinem Handrücken gefahren war, spürte ich die Klinge bereits an den Knochen schaben. Zum Leidwesen des Taxifahrers halfen mir die Schmerzen, konzentriert zu bleiben. Als sie schlimmer wurden, drückte ich einfach noch fester mit dem Arm zu, da ich wusste, dass sie umso schneller aufhören würden, je früher er starb. Ich schloss die Augen so fest ich konnte und biss mir auf die Innenseite meiner Wange. Das Schneiden wurde kraftloser. Dann hörte es ganz auf. Der Körper in meinen Armen wurde unter Wasser schlaff. Der Taxifahrer war tot.
Ich ließ die Leiche los, und sie trieb in der Dunkelheit von mir weg. Im Nu verschwand sie in der Schwärze der Nacht, als habe sie niemals existiert. Dann begann mein Gehirn wieder zu arbeiten, und ich erinnerte mich, wo ich mich befand. Ich befand mich unter Wasser. Ich war bereits seit geraumer Zeit unter Wasser und musste atmen. Über der Wasseroberfläche waren noch immer zwei Menschen, die mich töten wollten. Ich blutete und war erschöpft.
Während unseres Kampfes hatten die Wellen den Taxifahrer und mich noch weiter zum Ufer gespült. Als ich mit den Beinen strampelte, um zur Oberfläche zu gelangen, berührte ich mit den Füßen den sandigen Meeresgrund. Ich stieß mich vom Sand nach oben ab. Als ich mit dem Kopf die Wasseroberfläche durchbrach, atmete ich keuchend die kühle Nachtluft ein. Ich war völlig erschöpft. Ich atmete ein und ließ mich anschließend für einen kurzen Augenblick einfach in Rückenlage im Wasser treiben. Ich war bis auf fünf Meter an den Strand herangespült worden, bis auf fünf Meter an den Mann mit Pistole, der mich töten wollte. Ich konnte mich nicht bewegen. Nach nur einer Sekunde Atempause spürte ich, wie mich eine Hand an den Haaren packte. Die Hand zog mich in Richtung Ufer. Ich war froh, dem dunklen Wasser zu entkommen, froh, den Wellen zu entkommen. Am Strand zu sterben erschien im Vergleich dazu beinahe angenehm.
Der dunkelhaarige Typ hörte nach kurzer Zeit auf zu schwimmen und begann, durchs seichte Wasser zu waten. Ich war noch immer zu erschöpft, um mich zu bewegen. Ich lag einfach auf dem Rücken, während er mich an den Haaren an der Wasseroberfläche hinter sich herzog. Das tat nicht weh, bis mein Körper auf Grund lief. Als wir am Strand ankamen, zerrte er mich einfach an dem Büschel Haare, das er in den Fäusten hielt, durch den Sand. Jetzt empfand ich Schmerz. Dieser Schmerz half mir, das Bewusstsein wiederzuerlangen. Ich wehrte mich trotzdem nicht. Inzwischen
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