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Der Hintermann

Der Hintermann

Titel: Der Hintermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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sogenannten Ruhestand betrifft, war der in dem Augenblick aufgehoben, als du die Verfolgung Farid Khans aufgenommen hast.«
    Gabriel starrte aufs Meer hinaus und hatte die Folgen des verhinderten Schusses vor Augen: Leichenteile und Blut, Bagdad an der Themse. Navot schien zu ahnen, was er dachte. Er fasste schnell nach, um seinen Vorteil zu nutzen.
    »Die Amerikaner möchten dich gleich morgen früh in Washington haben. Auf einem Militärflugplatz bei Plymouth wartet eine Gulfstream auf dich. Eine der Maschinen, mit denen sie heimlich Gefangene transportiert haben. Sie haben mir versichert, dass keine Handschellen oder Injektionsspritzen mehr an Bord sind.«
    »Was ist mit Chiara?«
    »Die Einladung gilt nur für eine Person.«
    »Sie kann nicht allein hierbleiben.«
    »Graham hat sich bereit erklärt, aus London ein Sicherheitsteam herzuschicken.«
    »Dem traue ich nicht, Uzi. Nimm sie nach Israel mit. Sie kann Gilah helfen, sich ein paar Tage lang um den Alten zu kümmern, bis ich wieder da bin.«
    »Sie könnte eine Weile in Tiberias bleiben müssen.«
    Gabriel musterte Navot prüfend. Er wusste offenbar mehr, als er sagte. Das war meistens so.
    »Ich habe gerade versprochen, ein Bild für Julian Isherwood zu restaurieren.«
    »Die Madonna und Kind mit Maria Magdalena , früher der Werkstatt Palma Vecchios zugeschrieben, jetzt vorbehaltlich der Prüfung durch weitere Sachverständige Tizian zugeschrieben.«
    »Sehr eindrucksvoll, Uzi.«
    »Bella arbeitet ständig daran, meinen Horizont zu erweitern.«
    »Das Gemälde kann nicht in einem unbewohnten Cottage am Meer bleiben.«
    »Julian ist bereit, es zurückzunehmen. Wie du dir denken kannst, ist er in erster Linie bloß enttäuscht darüber.«
    »Ich sollte für die Restaurierung zweihunderttausend Dollar bekommen.«
    »Mich brauchst du deswegen nicht anzusehen, Gabriel. Unser Budget ist erschöpft. Ich musste allen Abteilungen die Mittel kürzen. Die Controller sind sogar wegen meiner Reisekosten hinter mir her. Meine Tagesspesen sind ein Witz.«
    »Nur gut, dass du ohnehin auf Diät bist.«
    Navot fasste sich geistesabwesend an die Taille, wie um zu kontrollieren, ob er unterwegs zugenommen hatte.
    »Die Rückfahrt nach London ist lang, Uzi. Vielleicht solltest du ein paar Scones mitnehmen.«
    »Auf keinen Fall!«
    »Hast du Angst, Bella könnte es rauskriegen?«
    »Ich weiß , dass sie’s erfährt.« Navot funkelte seinen an der Bootsrampe lehnenden Bodyguard an. »Diese Dreckskerle erzählen ihr alles. Ich lebe in einem Polizeistaat.«

11
    G EORGETOWN , W ASHINGTON , D.C.
    Das Haus stand im 3300er Block der N Street in einer eleganten terrassenförmigen Anlage mit Stadthäusern, die sich nur die reichsten Washingtoner leisten konnten. Im Tageslicht stieg Gabriel die vornehm geschwungenen Stufen hinauf und öffnete die Haustür wie angewiesen, ohne zu klingeln. Adrian Carter, der verknitterte Chinos, einen Pullover mit Rundausschnitt und ein beiges Cordsamtsakko trug, erwartete ihn in der Eingangshalle. In dieser Aufmachung, verstärkt noch durch zerzaustes, schütter werdendes Haar und einen aus der Mode gekommenen Schnurrbart, sah er wie ein Professor einer mittelgroßen Universität aus: ein Mann, der hohe Ideale vertritt und ein ständiger Dorn im Auge seines Dekans ist. Als Direktor des National Clandestine Service der CIA war Carter gegenwärtig dafür verantwortlich, neue Terroranschläge auf amerikanischem Boden zu verhindern – und wenn es seine Zeit erlaubte, war er zweimal im Monat im Keller seiner Episcopal Church im Vorort Reston anzutreffen, wo er Essen an Obdachlose ausgab. Für Carter war diese ehrenamtliche Arbeit eine willkommene Abwechslung: eine Gelegenheit, sich mit etwas anderem zu beschäftigen als den internen Machtkämpfen, die zwischen den ausufernden US-Geheimdiensten in Konferenzräumen ausgetragen wurden.
    Er begrüßte Gabriel mit der Zurückhaltung, die Geheimdienstlern zur zweiten Natur wird, und bat ihn herein. Gabriel blieb einen Augenblick stehen und sah sich in der Eingangshalle um. In diesen langweilig möblierten Räumen waren Geheimvereinbarungen ausgehandelt und gebrochen worden. Und Männer waren hier dazu überredet worden, für Koffer voller amerikanischem Geld und dem Versprechen von amerikanischem Schutz Landesverrat zu begehen. Carter hatte dieses Haus schon so oft benutzt, dass es in Langley als seine Zweitwohnung in Georgetown bekannt war. Ein geistreicher Kopf in der Agency hatte es Dar al-Harb , »Haus des

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