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Der Hobbit

Der Hobbit

Titel: Der Hobbit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R.R. Tolkien
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silberne Sichel. Er hielt die Karte hoch, und das weiße Licht schien hindurch. »Was ist das?«, fragte er. »Hier stehen Mondbuchstaben, neben den einfachen Runen, die besagen ›Türhöhe fünf Fuß, und drei können nebeneinander gehen‹.«
    »Was sind denn Mondbuchstaben?«, fragte der Hobbit ganz aufgeregt. Wie schon gesagt, Karten interessierten ihn, ebenso Runen, Buchstaben und kunstvolle Handschriften, obwohl seine eigene Schrift etwas krakelig und spinnenbeinig war.
    »Mondbuchstaben sind Runenzeichen«, sagte Elrond, »aber man sieht sie nicht, wenn man einfach draufblickt. Man sieht sie nur, wenn man sie gegen den Mond hält, und manche sind noch raffinierter: Da muss es obendrein ein Mond in gleicher Form und Phase sein wie an dem Tag, als sie geschrieben wurden. Die Zwerge haben dies erfunden, sie schrieben dabei mit silbernen Federn, wie deine Freunde dir sagen könnten. Diese hier müssen an einem Sonnenwendabend bei zunehmendem Mond vor langer Zeit geschrieben worden sein.«
    »Was besagen sie denn?«, fragten Gandalf und Thorin gleichzeitig, die es ein bisschen wurmte, dass ausgerechnet Elrond dies zuerst entdeckt hatte; dabei hatte es vorher dazu ja noch gar keine Gelegenheit gegeben, und eine neue Gelegenheit würde es so bald nicht wieder geben.
    »Stellt euch an den grauen Stein, wenn die Drosselschlägt«, las Elrond vor, »und der letzte Sonnenstrahl am Durinstag auf das Schlüsselloch fällt.«
    »Durin, Durin!«, sagte Thorin. »Er war der Vater der Väter des ältesten Zwergenvolkes, mein Urahn: Ich bin sein Erbe.«
    »Und was ist der Durinstag?«, fragte Elrond.
    »Der erste Tag des neuen Jahres im Kalender der Zwerge«, sagte Thorin, »wie wohl jeder wissen sollte, ist der erste Tag des letzten Herbstmondes an der Schwelle zum Winter. Als Durinstag bezeichnen wir ihn aber nur dann, wenn der letzte Herbstmond und die Sonne zugleich am Himmel stehen. Aber dies wird uns leider nicht viel weiterhelfen, denn heutzutage sind wir nicht mehr so himmelskundig, dass wir einen solchen Tag voraussagen könnten.«
    »Wir werden sehn«, sagte Gandalf. »Steht da noch mehr geschrieben?«
    »Nichts, das bei diesem Mond zu sehen ist«, sagte Elrond und gab Thorin die Karte zurück. Dann gingen sie zum Wasser hinunter, wo die Elben zur Sommersonnenwende sangen und tanzten.
    Der nächste Morgen war ein klarer, frischer Mittsommermorgen, wie man ihn sich schöner nicht wünschen konnte: Wolkenloser blauer Himmel, und die Sonnenstrahlen tanzten auf dem Wasser. Unter Abschiedsgesängen und Segenswünschen ritten sie davon, im Herzen gestärkt für neue Abenteuer und in Kenntnis des Weges, dem sie folgen mussten, um übers Nebelgebirge in das Land dahinter zu gelangen.

KAPITEL IV
     
     
    DRÜBER HIN UND UNTEN DURCH
    V iele Wege führten in die Berge hinauf, und viele Pässe führten über sie hinweg. Aber die meisten Wege waren Irrwege oder Fallen, auf denen man nirgendwohin oder zu einem schlimmen Ende kam; und an den meisten Pässen lauerten Greuel und Gefahren. Doch dank Elronds Ratschlägen und Gandalfs kundiger Führung fanden die Zwerge und der Hobbit den richtigen Weg zum richtigen Pass.
    Einige lange Tage, nachdem sie aus dem Tal aufgestiegen waren, als das Letzte Heimische Haus schon viele Meilen weit hinter ihnen lag, ging es noch immer bergauf. Es war ein steiniger und gefährlicher Weg, krumm, einsam und lang. Wenn sie sich umblickten, konnten sie nun die Länder, durch die sie gekommen waren, tief unter sich ausgebreitet sehen. Weit, weit im Westen, wo alles in blassem Blau verschwamm, wusste Bilbo seine Heimat, ein Land des Wohlseins und der Sicherheit, und dort war seine kleine Hobbithöhle. Er bibberte. Es wurde bitter kalt hier oben, und der Wind pfiff schrill durch die Felsen. Steinbrocken, von der Mittagssonne auf dem Schnee losgelassen, kamen manchmal die Berghänge herabgaloppiert und rasten zwischen ihnen hindurch (ein Glück!) oder über ihre Köpfe weg (immer nochGlück, aber ein bisschen knapp). Die Nächte waren kalt und unbehaglich. Sie getrauten sich nicht zu singen oder sehr laut zu sprechen, denn das Echo war nicht geheuer, und die Stille schien gegen jede Störung außer durch das Rauschen des Wassers, das Heulen des Windes und das Krachen der Steinbrocken empfindlich zu sein.
    »Da unten wird es jetzt Hochsommer«, dachte Bilbo, »mit Heumachen und Picknicks. Sie werden schon geerntet haben und beim Brombeerpflücken sein, bevor wir bei diesem Tempo den Abstieg auf der andern

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