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Der Hobbknick (German Edition)

Der Hobbknick (German Edition)

Titel: Der Hobbknick (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myk Jung
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schrumpfen ins Nichts, und ihre Tränen löschen alles Feuer in ihnen. Und so erlosch Shnaub langsam. Und er war sich dessen nicht einmal bewusst.

Achtzehntes Kapitel:
Unruhe auf der Kaimauer
    Auf den Kaimauern der Seestadt Essmatot lungerten in dieser dunklen Nacht solche Menschen, die eben des nächtens auf Kaimauern zu lungern pflegen, ob in Essmatot oder woanders, ob damals oder heute, ganz egal. Es sind diejenigen, die nie in ihrem Leben Ruhe finden und auch kein Gold. Höchstens zuweilen ein bisschen Tand. Die Rastlosen und Unzufriedenen sind es, die in die Nacht strömen, um zu rauchen und zu maulen und ihr Unglück aufzubauschen. Es sind die, die genau wegen ihres beklagenswerten Mankos, ein bisschen zu unruhig zu sein, und wegen des daraus resultierenden Maulens und Rauchens und Saufens und Träumens verpasst haben, umzusetzen, was einstmals in ihnen steckte, und die nun erkennen müssen, dass sie zu früh mit Maulen und Saufen und Unruhigsein und Rauchen angefangen und nunmehr in der Tat alles verpatzt haben, während sie früher, als sie gerade erst mit Maulen und Saufen und Unruhigsein und Rauchen anfingen, noch nicht alles verpatzt, nur dieses Verpatzen eben schon, in wie weiser Voraussicht, vorbereitet haben. Während sie also seit Jahren saurer über sich selber werden, glauben sie, mitanzusehen gezwungen zu sein, dass diejenigen, die nie unter Unrast zu leiden haben und deswegen in langweiliger Nüchternheit ihr Leben verplanen, nicht so sauer sind und auch nicht so viel maulen und rauchen und schweren Rotwein trinken, um zu vergessen, dass sie alles verpatzt haben, weil sie es gar nicht zu vergessen brauchen, da sie es nicht verpatzt haben.
    Diejenigen, die damals in der Nacht auf der Kaimauer der Seestadt saßen, weil sie nichts zu tun hatten außer den von ihnen selbst zerbrochenen Träumen nachzuhängen, sahen nun vom weit entfernten Südende des Echt Langen Sees ein gleißendes Licht auf sich zu rasen, widergespiegelt von der Wasseroberfläche.
    Und die Ärmsten im Geist riefen: »Die Prophezeiung! Hurra! Der neue König unter und knapp neben dem Berg schickt fließendes, pures Gold zu uns in die Öden unseres Lebens! Juchei! Nun winkt uns Glück!«
    »Das hättet ihr wohl gern, ihr armen Dussel!«, brummelte da einer, der immerzu gern brummelte, weswegen die anderen sein Brummeln schon gar nicht mehr richtig ernst nahmen: das Problem aller, die zu viel brummeln. Der Brummelnde hieß Bart-Abb, und er war ein Nachfahre des berühmten, durch uralte Legenden illuminierten Herrschers Gier-Eon, und jetzt brummelte Bart-Abb: »Hört auf mit euren jämmerlichen Juchei-Rufen! Dies Licht da vorn wird wohl eher der Unglücksschmetterling sein, davon die Mythen künden, dass er im Dunkeln leuchtet, und der uns jetzt zu verschlingen sucht.«
    »Ach, Bart-Abb, du oller Schwarzseher!«, riefen die anderen und kümmerten sich nicht um den Grummelnden, sondern rauchten aufgeregt, derweil sie gespannt auf den sich nähernden Lichtfleck starrten. Doch das Licht wurde kleiner und kleiner, je näher es kam.
    »Ein Scheinlicht!«, rief einer. »Denn es wirkt von nahem kleiner als von weitem! Wie bei diesem Riesen, wie hieß er noch gleich?«
    Doch der knurrige Bart-Abb knurrte: »Diese Gestalt kommt nicht in unserer Geschichte vor, sondern in einer ganz anderen! Bitte kümmert euch geflissentlicher um die Annalen der Mittelmäßigen Welt – statt um die Märchenerzählungen, die ihr euren Kindern zum Einschlafen vorlest. Sonst seid ihr ganz schnell am Ende!«
    Da schaute einer der Lungernden verlegen. »Bitte erwähn doch nicht dieses eine Wort mit dem A! Ich bekomm´ davon immer die seltsamsten Gedankenketten.«
    Irgendjemand schniefte und ein anderer hustete, und ein dritter machte ein Bäuerchen – eben die typische Klangkulisse für in der Nacht Kauernde – und als das goldene Licht schon sehr nahe war, erkannten alle, dass da nur ein kleiner, schwach leuchtender Schmetterling heran schwirrte. Hoch über ihren Köpfen flirrte er durch die kühle Nachtluft, flatterte mit immer matter glimmenden Flügelchen, wirbelte hilflos in einem kalten Lufthauch, der von Ostwestost kam, und dann zitterte er, knisterte leise und verdorrte und erlosch.
    »Dies war das Ende von Shnaub, dem fürchterlichen Feuerschmetterling!«, brummte Bart-Abb, und alle anderen auf der Kaimauer verwunderten sich über diesen Spruch.
    Da knurrte einer stirnrunzelnd: »Das soll wohl ´n Witz sein? Wir sahen einen kleinen Schmetterling. Sehr

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