Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hobbnix - Die große Tolkien-Parodie 2: Hobbnix 2

Der Hobbnix - Die große Tolkien-Parodie 2: Hobbnix 2

Titel: Der Hobbnix - Die große Tolkien-Parodie 2: Hobbnix 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. R. R. R. Roberts
Vom Netzwerk:
hörte, sprang ich sofort auf. Ich war – auch wenn es mir schwerfiel, das zuzugeben – nicht unglücklich über die Unterbrechung. Um diese Tatsache nach Möglichkeit zu verbergen, wechselte ich in den Schlechte-Laune-Modus. »Ich sollte die Klopffunktion ein für alle Mal abstellen«, grummelte ich, während ich übertrieben laut den Flur hinunterpolterte. Mit einer theatralischen Geste zog ich die Tür auf.
    Es war der Postbote. »Wie ich sehe, haben Sie die Leiche weggeräumt«, sagte er im Plauderton.
    »Das war die Polizei«, erwiderte ich ein wenig erschrocken. »Die hat sie weggeräumt.«
    »Hm. Es gibt gute Argumente fürs Wegräumen und auch fürs Liegenlassen, nehme ich an.« Der Postbote räusperte sich. »Telegramm.«
    »Wie bitte?«
    Er hielt einen Brief hoch. »Telegramm.«
    Ich nahm den Brief und sagte: »Aber das ist ein Brief.«
    »Telegramm«, beharrte er.
    »Das ist eindeutig ein Brief. Da sind eine Briefmarke und ein Stempel und so weiter drauf.«
    Das Gesicht des Postboten war voller Falten und Runzeln. Nur die hellen blauen Augen lugten daraus hervor, als gehörten sie zu einem viel jüngeren Postboten. Es waren schlaue Augen. »Ich habe es Ihnen überreicht und dabei ›Telegramm‹ gesagt, und das …« Er legte eine Pause ein und öffnete weit den Mund. Vermutlich ein rhetorischer Kniff. »… macht es zu einem Telegramm.«
    »Wenn Sie meinen.« Ich öffnete den Briefumschlag und zog ein Blatt Pergamentpapier heraus. Darauf stand:
    Lieber Bingo!
    Wir würden uns freuen, wirklich sehr, wenn du uns mit deiner Anwesenheit beehrst, diesen Mittag. Wichtige Familienangelegenheiten stehen zum Diskus, und wir hoffen, uns einverleiblich einigen zu können. Wir erwarten dich im Wirtshaus zum Fahlen Kaninchen. Um zwölf.
    Mit jaktatischen Drüsen,
    Tante Lobehold & Tante Marlen
    Seit ich sie kannte, hatten meine Tanten einen gewissen aristokratischen Hochmut gegenüber Syntax und Idiomatik an den Tag gelegt.
    Ich seufzte. Das konnte nichts Gutes bedeuten. Ich hätte ein Zusammentreffen mit den beiden liebend gerne vermieden, aber das war leider unmöglich. Wie ich bereits erwähnte, war Grabsch-End, meine geliebte Hobbnixhöhle, größtenteils im Besitz meiner Tanten. Und das bedeutete, dass Lobehold und Marlen jederzeit ihre Ansprüche geltend machen und mich von dem Grundstück entfernen konnten. Es schien also ganz so, als müsste ich meinen Stolz hinunterschlucken.
    »Wie funktioniert das mit den Telegrammen?«, fragte ich den Postboten. »Erwarten die beiden eine umgehende Antwort?«
    »Erwarten sie?«, erwiderte der Postbote palindromisch. »Sie erwarten.«
    »Dann sagen Sie ihnen, dass ich um zwölf Uhr da bin.« Ich kramte in meiner Westentasche nach einer Münze.
    Der Postbote sah mich stirnrunzelnd an. »Ihnen sagen? Oh, nein, nein. So geht das nicht.«
    »Nicht?«
    »’türlich nicht. Wenn ich hier einfach abziehen und es ihnen sagen würde, wäre es ja wohl kein Telegramm, oder?«
    Ich dachte für einen Moment darüber nach. »Ja. Wäre es wohl nicht.«
    »Es wäre ein Redegramm. Richtig?«
    »Richtig.«
    »Es heißt aber Tele gramm. Weil es auf einem Blatt Papier steht.«
    Ich hielt ihm einen halben Gulden hin. »Bitte sagen Sie ihnen einfach, dass ich sie um zwölf dort treffen werde.«
    Der Postbote verschränkte die Arme und warf mir einen eisigen Blick zu.
    »Oder«, sagte ich, »sagen sie einfach, Sie hätten die Nachricht überbracht und meine Antwort ist: ›Ja‹.«
    »Ich sage ihnen gar nichts.«
    »Was soll ich dann Ihrer Meinung nach tun? Überbringen Sie ihnen mein Kopfnicken?«
    »Es heißt Telegramm, nicht Nickogramm«, sagte der Postbote mit fester Stimme.
    »Na schön, was also soll ich machen?«
    »Schreiben Sie Ihre Nachricht auf einen Zettel und stecken Sie ihn in einen Umschlag.«
    »Sacklzement!«, rief ich. Ich ging in mein Arbeitszimmer, setzte mich an den Schreibtisch, griff nach einem leeren Blatt Papier (davon gab es jede Menge) und schrieb: »Liebe Tunten! Gerne treffe ich euch um zwölf. Herzliche Grüße, Bingo«. Ich faltete das Papier, steckte es in einen Umschlag, klebte den Umschlag zu und schrieb die Namen meiner Tanten darauf. Plötzlich geriet ich in Panik. Hatte ich »Liebe Tanten« geschrieben? Zweifel nagte an meinem Verstand. Ich überlegte kurz, dann riss ich den Umschlag wieder auf. Ich hatte »Tunten« geschrieben! Einen Moment lang spielte ich mit dem Gedanken, es so zu lassen, sozusagen als Hommage an die sprachliche Unbedarftheit meiner

Weitere Kostenlose Bücher