Der Hochzeitsvertrag
hinzu.
Sie lächelte. "Dann solltest du mich mitnehmen, damit ich dich beschützen kann. Wenn dich jemand auch nur böse anschaut, werde ich ihm meinen Parasol über den Kopf ziehen. Der Schirm ist unverwüstlich und hat einen harten, dicken Knauf aus Eichenholz." Mutwillig holte sie aus und wirbelte ihn durch die Luft.
Nicholas musste lachen und schüttelte den Kopf. "Ach, Emily." Er räusperte sich. "Es tut mir Leid, aber du kannst mich wirklich nicht begleiten."
"Du irrst dich. Ich werde nach London reisen, entweder mit dir oder dir hinterher." Trotzig sah sie ihn an.
"Du hast gelobt, mir zu gehorchen", erinnerte er sie.
Sie hob die Hand und kreuzte demonstrativ die Finger. "Habe ich nicht!"
"Das ist kindisch, Emily! Du bist eine erwachsene Frau. Also benimm dich auch so."
Sie rauschte an ihm vorbei. Ihre bodenlangen karierten Röcke streiften seine Stiefel, als sie an ihm vorbeieilte. "Wie du willst. Entschuldige mich jetzt bitte. Ich muss packen."
Er drehte sich um. "Emily! Du wirst nicht mitkommen!"
"Dann folge ich dir eben etwas später", rief sie ihm zu, während sie über die Dienstbotentreppe nach oben lief.
Verflixt, dachte Nicholas, dieses widerspenstige Frauenzimmer wird mich noch wahnsinnig machen! Tief in seinem Innern keimte aber auch Hoffnung. Offensichtlich schien Emily bei ihm bleiben zu wollen. So ungelegen ihm das in diesem Fall auch war, es freute ihn, dass sie ihren Pflichten nachkommen wollte.
Denn wenn sie ihn mochte, würde sie ihn doch sicher nicht länger leiden lassen. Vielleicht würde sie ihm bald vergeben? Ihr Zorn auf ihn schien mittlerweile fast verraucht zu sein. Und nur, weil die Flammen ihrer jugendlichen Leidenschaft erloschen waren, mussten sie sich ja nicht die Annehmlichkeiten des … Miteinanders verwehren. Er lächelte.
"Ich begleite Sie, Mylord", erklärte Wrecker ungefragt, der gerade aus seiner Kammer gekommen war.
"Da habe ich wohl auch noch ein Wörtchen mitzureden! Was willst du denn in London?" Überraschenderweise war Wrecker nicht nachtragend gewesen. Er hatte den Fausthieb nie wieder erwähnt, hatte aus Nicholas' Wutanfall, wie es schien, aber auch nichts gelernt und immer noch ein vorlautes Mundwerk.
"Na, hören Sie, meine Mom hat mich da geboren", meinte Wrecker. "Außerdem brauchen Sie noch einen Wachmann für die Fahrt. Und die Lady wird jemand benötigen, der auf sie Acht gibt, wenn Sie nicht da sind, Mylord. Ich werde sie und ihre Zofe vor Taschendieben schützen."
"Würdest du das?" Nicholas war überrascht.
"Sicher. Ihre Frau ist ein Engel. Bei ihr muss man aufpassen, dass man sie nicht in der nächsten Kirche ausstellt." Wrecker lächelte verklärt. "Ich hab sie am Anfang völlig falsch eingeschätzt."
Der Mann verehrte Emily offenbar und machte daraus nicht den geringsten Hehl.
"Aber Captain Roland wird in einer Woche in See stechen. Was ist mit deiner Koje auf der Merry May ?"
Der Seemann kratzte sich am Kopf. "Ach, wissen Sie, Mylord, meine Tage auf See sind vorbei. Habe ein bisschen was zur Seite gelegt, und ich denke, Sie werden mir mehr zahlen. Und dann will ich nach Amerika, dort mein Glück machen. Meine halbe Familie ist schon ausgewandert."
Nicholas überlegte. Es schadete nie, auf der Fahrt einen Mann mehr dabeizuhaben. Und wenn Emily in der Stadt einkaufen gehen wollte und er nicht mitkonnte, hätte sie eine Zofe und Wrecker als Begleiter. London war ekelerregend und – im schlimmsten Fall – gefährlich, besonders für ein naives Mädchen vom Lande, das die Stadt zum ersten Mal besuchte.
Dass Wrecker Emily unter Einsatz seines eigenen Lebens beschützen würde, daran hegte Nicholas keinen Zweifel. Captain Roland hatte geschworen, dass er nicht nur der stärkste, sondern auch der vertrauenswürdigste Mann in der ganzen Mannschaft war.
"Kannst du schießen?" fragte Nicholas nachdenklich.
Wrecker grinste. "Kann ich, ja, Mylord. Aber mit dem Messer bin ich besser."
"Fünfzehn Shilling die Woche?"
"Zweiundzwanzig. Ich kenn meinen Wert, Mylord."
"Ist in Ordnung. Dazu gehört aber auch ein gepflegtes Äußeres. Du solltest dir noch von jemandem das Haar schneiden lassen. Und lass dich rasieren", meinte Nicholas und musterte den Seemann.
Widerstrebend willigte Wrecker ein. "Bin Ihnen wohl nich fein genug, was Mylord?"
"Stimmt. In London werden wir dich noch einkleiden lassen müssen", gab Nicholas mit trockenem Lachen zu. "Schließlich repräsentierst du ab morgen das Haus des Earl of Kendale, Wrecker. Und ich warne dich:
Weitere Kostenlose Bücher