Der Hochzeitsvertrag
wirklich lange nicht mehr in London gewesen, oder? Gerüchte werden hier von Boten mit Siebenmeilenstiefeln verbreitet." Er setzte sich.
"Es ist also allgemein bekannt?" wunderte Nicholas sich und rief sich noch einmal Lord Worthings Benehmen ins Gedächtnis, als er sich in einen dick gepolsterten, mit grünem Baumwollsamt überzogenen Armstuhl fallen ließ. Lord Worthings anfängliche Freundlichkeit war wirklich übertrieben gewesen.
Der Viscount nickte. "Ich habe vor mindestens einer Woche davon erfahren. Ich nehme an, dieser hübsche Cousin von dir hat es herumerzählt."
"Carrick Hollander? Ja, schon möglich", überlegte Nicholas und versuchte zu rekonstruieren, woher Carrick sein Wissen bezog. "Die Kanaille muss sofort nach Bournesea geritten sein, nachdem ich ihn fortgeschickt hatte. Emilys Vater wird es ihm erzählt haben. Wahrscheinlich konnte er es kaum erwarten, seinen Gemeindemitgliedern von der Hochzeit seiner Tochter zu berichten."
"Seinen Gemeindemitgliedern? Der Vater deiner Frau ist ein einfacher Geistlicher? Himmel, Nicholas, was hast du getan? Hast du wirklich gedacht, du könntest eine solche Ehe geheim halten?" Gespielt entsetzt erkundigte er sich: "Wer hat dir das Gewehr auf die Brust gesetzt? Du kannst es mir ruhig sagen."
Nicholas lächelte nachsichtig. "Sie ist wunderschön. Wahrscheinlich erinnerst du dich nicht mehr an sie, aber Emily …"
"Guter Gott? Die Emily? Der kleine Blondschopf, der hinter den Felsen saß und uns heimlich beim Schwimmen zusah? Das gibt es doch nicht!"
"Das hat sie nie getan!" erklärte Nicholas würdevoll.
Duquesne lachte. "Oh doch! Ich frage mich ja, warum sie mit dem Heiraten nicht auf mich gewartet hat. Schließlich war ich der größere … äh, Fang."
Nicholas machte eine müde Handbewegung. "Hör bitte damit auf. Und hüte deine Zunge. Wenn du ihre Ehre kränkst, muss ich dich fordern. Ich täte es ungern."
"Aber, aber, für wen hältst du mich?" Duquesne lachte immer noch.
"Gut", sagte Nicholas. "Und wenn du mir jetzt bitte zuhörst, könnten wir endlich zum Thema kommen. Emily und ich schweben in Lebensgefahr. Ich hoffe, du hilfst mir, den Burschen zu finden, der uns ans Leder will. Oder vielleicht weißt du jemand, der mich bei der Suche nach dem Schurken unterstützen kann."
Duquesne wurde schlagartig ernst. Aufmerksam musterte er Nicholas. "Ein Mordanschlag also? Ach du liebe Güte! Von Anfang an, bitte. Und vergiss die Details nicht. Was ist passiert?"
Nicholas berichtete knapp von den Attentaten, die in Indien auf ihn verübt worden waren, vom Choleraausbruch auf der Merry May sowie der resultierenden Quarantäne und Hochzeit in Bournesea. Dann schilderte er minutiös den Kutschenunfall auf dem Weg nach London. "Ich bin mir ganz sicher, dass es ein Anschlag war!" endete er.
Der Viscount, der interessiert gelauscht hatte, nickte langsam. "Ich fürchte, du hast Recht. Nun – wenn jemand in London für den Anschlag angeheuert wurde, kann ich mit ziemlicher Sicherheit in Erfahrung bringen, wer der Auftraggeber war. Andernfalls, das muss ich ehrlich zugeben, wird es schwierig." Einen Moment lang saß er nachdenklich da, dann erhob er sich. "Ich werde mein Bestes tun. Und jetzt auf Wiedersehen, Nicholas. Ich hätte gern noch länger mit dir geplaudert, aber ich muss gehen."
"Benachrichtigst du mich schriftlich, wenn du etwas herausgefunden hast, oder bist du morgen ohnehin wieder hier?" fragte Nicholas, der sich ebenfalls anschickte zu gehen.
"Du willst dich hier mit mir treffen?" Abwehrend schüttelte Duquesne den Kopf. "Sieh dich um, Nicholas! Es ist verdammt langweilig hier. Ich komme eigentlich nur in den Club, wenn ich muss. Wäre es dir recht, wenn ich morgen um halb acht Uhr abends in Kendale House vorbeischaue? Zum Dinner? Ich muss gestehen, ich kann es kaum erwarten, die kleine Emily wieder zu treffen, so neugierig bin ich." Er zwinkerte fröhlich. "Ich möchte deiner Frau doch vor Augen führen, was sie alles verpasst, nur weil sie zu früh geheiratet hat!"
Nicholas erklärte, er sei glücklich, den geschätzten Freund daheim empfangen zu dürfen, dann fragte er zögernd: "Du kannst mir nicht eventuell den Namen einer angesehenen Modistin nennen? Eine, die auch in Kendale House arbeiten würde?"
"Erwarte Madame LaCroix morgen um elf Uhr mit ihrem Personal bei dir. Sie ist fast so bekannt wie Worth. Ich werde alles arrangieren."
Vor dem Club verabschiedeten sich der Earl of Kendale und Viscount Duquesne und stiegen dann in je eine
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