Der Höllenbote (German Edition)
Und das heißt jetzt wohl, dass Sie mich befördern, was?«
»Ganz genau, Martin.«
Die Augen des Mannes verengten sich. Für einen winzigen Moment glaubte Jane, einen Anflug von Freude in seinen Augen aufblitzen zu sehen, doch der Eindruck verschwand sofort wieder, überdeckt von seiner gewohnten Übellaunigkeit.
»Ich befördere Sie zum Vorarbeiter der Sortierabteilung. Natürlich ist das mit einer entsprechenden Gehaltserhöhung verbunden«, verkündete sie. Und dachte: Wollen doch mal sehen ...
Martin zögerte, dann wandte er sich erneut der Arbeit zu. »Ich verzichte«, sagte er, mehr zu den Sortierkästen als zu ihr.
»Kommen Sie, Martin. Seien Sie nicht so dickköpfig. Sie sind seit fünf Jahren hinter einer Beförderung her, und jetzt biete ich Ihnen eine an.«
»Ich will keine Geschenke von Ihnen. Ich will nur meine Arbeit erledigen, meinen Gehaltsscheck bekommen und in Ruhe gelassen werden.«
»Das ist kindisch. Weil Sie sauer auf mich sind, ruinieren Sie sich Ihre berufliche Laufbahn. Das nützt weder Ihnen noch mir etwas.«
Schließlich ruckte sein Blick hoch zu Janes Augen. »Hören Sie, Ms. Ryan. Ich tu niemandem was zuleide und will nur, dass man mich in Ruhe lässt. Sie tun so, als ob Sie dem armen Martin mit diesem Scheißangebot einen Gefallen tun, dabei wissen Sie genauso gut wie ich, dass ich der Einzige bin, der qualifiziert genug ist, um Carltons Posten zu übernehmen.«
»Überschätzen Sie sich nicht. Es gibt genügend andere Mitarbeiter, die für den Job qualifiziert sind.«
»Fein. Dann geben Sie ihn einem von denen.«
Ich hatte wirklich gehofft, dass es nicht so ausgeht – aber ich habe es geahnt, dachte sie. »Wie Sie meinen, Martin.«
Er brummelte noch etwas. Jane ging.
Kapitel 11
(I)
Martin Parkins fühlte sich, als müsste sein Kopf jeden Moment explodieren. Sein Blut kochte und in seine Schläfen schien jemand Nadeln gestochen zu haben. Was bildete die sich nur ein, ihn so von oben herab zu behandeln? Die spielte doch nur mit ihm! Yeah, fühlt sich wie sonst was, jetzt wo sie Filialleiterin ist. Bietet mir eine pissige Gehaltserhöhung an, obwohl sie verdammt gut weiß, dass ich Carltons Job bekommen sollte.
Wütend schloss er die Augen und knirschte mit den Zähnen. Er legte den Kopf auf den Tisch und atmete tief ein und aus. Seine Hände zitterten, seine Augenlider flatterten. Martin war ständig wütend, ununterbrochen stinkig auf die Welt und die Menschen, die ihn so ungerecht behandelten, und er war es so leid. Seit Jahren stand er kurz davor, durchzudrehen; aber so schlimm wie heute war es noch nie gewesen.
Als Jane Ryan von seinem Arbeitsplatz wegstolzierte, folgten ihr seine Blicke mit den wildesten Gedanken: dieser stramme Arsch in den engen Postshorts. Auch ihre Bluse saß zu eng – wahrscheinlich mit Absicht. Ihre Brüste sahen darin aus, als könnten sie jeden Moment herausspringen. Dieses Miststück, dachte Martin. Will den alten Martin aufgeilen, ihn so richtig auf die Palme bringen. Die trägt doch absichtlich ein zu enges Oberteil!
Als sie schließlich nicht mehr zu sehen war, lächelte er. Eines Tages werde ich’s der Schlampe mal so richtig zeigen. Ich mach sie fertig wie nur was.
Sie sah ja nicht schlecht aus. Diese Chefschlampen sahen eigentlich immer gut aus. Hielten sich für was Besseres, nur weil sie zufällig mit einem hübschen Gesicht zur Welt gekommen waren und ein bisschen mehr Bildung abgegriffen hatten. Aber in Wirklichkeit war Jane Ryan kein Stück besser als jeder andere, sie hatte lediglich mehr Glück. Martin dagegen bekam immer nur die Ungerechtigkeiten der Welt ab.
Er war mit dem letzten der Sortierkästen, die jeweils genau 460 sortierte Briefe enthielten, fertig, und beschloss, eine Pause einzulegen. Auch er arbeitete hart. Der einzige Unterschied bestand darin, dass es niemand würdigte. Wenn Ryan ihm den Job von diesem Psycho Carlton gegeben hätte, würde er viel mehr Geld bekommen und endlich auch den Respekt erhalten, den er verdiente. Die Schlampe hatte mit ihm gespielt, ihm stattdessen diesen beschissenen Vorarbeiterjob angeboten, von dem sie genau wusste, dass Martin zu viel Stolz besaß, um ihn anzunehmen, und jetzt war sie wahrscheinlich gerade damit beschäftigt, auch das in seine Personalakte einzutragen.
Oh, ja. Eines Tages wird auch sie ihre Beurteilung bekommen.
Er verdrückte sich, als der Großteil der anderen Sortierer zum Mittagessen ging. Aber Martin wollte kein Mittagessen. Stattdessen ging er auf die
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