Der Höllenbote (German Edition)
Norden.«
»Wahrscheinlich hast du recht«, sagte Stanton. »Aber um sicherzugehen, solltest du die Bude eine Weile observieren lassen.«
Steve haute dem Sergeant kräftig auf den Rücken. »Großartige Idee. Kannst du dir eine bessere Möglichkeit vorstellen, den Rest deiner Schicht zu verbringen?«
»Vielen Dank auch.«
Als sie die Wohnung verließen, hielt Stantons Stimme Steve an der Tür zurück. »Hey, Chief. Sieh mal hier.«
Steve drehte sich um. Stanton hielt ein Blatt Papier hoch, das er auf dem Küchentisch gefunden hatte. Steve starrte es an. »Was ist das? Kritzeleien?«
Auf dem Blatt standen mehrere Telefonnummern, dazu Linien, Quadrate und Kreise, wie man sie unbewusst beim Telefonieren malte.
»Allmählich geht mir das an die Nieren«, sagte Stanton. »Was zum Teufel ist in dieser Stadt nur los?«
Eine der Kritzeleien war eine Glocke mit einem Stern als Klöppel.
Kapitel 14
(I)
Bin ich denn wirklich so blöd?, überlegte Jane. Sie drängte die Verzweiflung bewusst zurück und ersetzte sie durch etwas, das näher an Wut lag. Sie fühlte sich unendlich naiv. Steve hatte sie heute Abend um kurz nach sechs angerufen, ihr gesagt, dass er viel zu tun habe, sie aber sehen wollte. Ob er nicht gegen zehn vorbeikommen könne? Natürlich war sie einverstanden gewesen, ihr Herz hatte geklopft wie verrückt.
Wieder warf sie einen finsteren Blick auf den Radiowecker neben dem Bett: Kurz nach ein Uhr morgens, verrieten ihr die roten Leuchtziffern. Fünf Minuten später als bei ihrem letzten Blick.
Auch zum Telefon wanderten ihre Augen, ebenfalls alle fünf Minuten, als ob sie es damit zum Klingeln bringen könnte. Noch nie hatte sie sich so sexy gefühlt wie in diesem Moment, in ihrem aquamarinblauen, kimonoartigen Hauch von Nachthemd, dessen Chiffonstoff so dünn war, dass er so gut wie nichts der Fantasie überließ.
Geh schlafen, du Idiotin! Er kommt nicht mehr ...
Der Fernseher lief, aber sie achtete nicht darauf. Der Bildschirm flackerte in ihrem dunklen Schlafzimmer und warf seltsame Schatten an die Wände.
Durch ihre düsteren Gedanken hindurch hörte sie, wie ein Sprecher sagte: »... die entsetzlichen mehrfachen Morde, die sich vor einigen Tagen in der ruhigen, bislang vom Verbrechen unberührt gebliebenen Stadt Danelleton ereignet haben ...«
Jane stöhnte und rollte sich unruhig auf dem Bett herum. Nicht schon wieder . Sie richtete sich auf. Eine ihrer Brüste war aus dem lockeren Kimono gerutscht, aber sie scherte sich nicht darum. Warum auch? Sie tastete auf dem Bett nach der Fernbedienung, doch dann fiel ihr Blick auf den Bildschirm. Irgendeine sensationslüsterne Doku, und wieder war da dieser Kerl, der Bärtige, von dem Steve letzte Nacht gesprochen hatte.
Dhevic, fiel ihr ein.
»... heute bei uns Professor Alexander Dhevic, eine führende Autorität auf dem Gebiet des Satanismus in der heutigen Zeit.«
Angewidert sah Jane zu. Wie konnte diese Stadt jemals zu einer Art von Normalität zurückkehren, wenn die Geschichte ständig in billigen Schrottsendungen wie dieser aufgewärmt wurde?
Dhevic und der affektiert wirkende Moderator unterhielten sich an einem langen Konferenztisch. »... und vieles mehr«, sagte Dhevic gerade in seinem seltsamen Akzent. »Aber der interessanteste Aspekt der Danelleton-Morde, so tragisch sie auch sein mögen, sind die Ähnlichkeiten mit einem Fall, der sich in derselben Stadt und im selben Postamt vor 20 Jahren ereignet hat ...«
Das war nichts Neues; Jane kannte die Geschichte bereits von Steve.
Sie betrachtete Dhevics Gesicht näher. Er sah eigentlich nicht aus wie ein Scharlatan. Während jemand wie Anton LeVay auf den ersten Blick einen übertriebenen und aufgesetzten Eindruck erweckte, kam ihr Dhevic eher gebildet und ernsthaft vor. Sicher, die Sendung selbst war Blödsinn, aber Dhevics Augen wirkten aufrichtig und voller Überzeugung.
Natürlich tun sie das, schalt sie sich selbst. Genau wie bei Uri Geller; das gehört alles zur Maske. Diese Leute sind Experten für gar nichts – sie sind Schauspieler, die davon leben, dass sie mit ihrem Talent andere Menschen dazu bringen, an diesen Mist zu glauben.
»Darf ich Sie kurz unterbrechen, um eine Frage zu stellen?«, meinte der Moderator.
»Natürlich.«
»Es geht um diese Gerüchte, dass Sie ein Hellseher sein sollen, Professor, und dass Sie der Polizei bereits mehrfach geholfen haben, Serienmörder zu finden und so etwas. Dass Ihre frühen Vorfahren Wahrsager gewesen sind oder – was? –
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