Der Höllenbote (German Edition)
gluckste. »Spar dir die Mühe; es würde keiner ernst nehmen. Ich wollte dich sowieso rausschmeißen ...«
»Was? Wieso?«
»Dan, du solltest doch eigentlich wissen, was alles zu deinem Job gehört. Jeden Tag, wenn du mit dem Sortieren der Briefpost fertig bist, sollst du nach der Hauptsortiermaschine sehen, und zufällig weiß ich ganz sicher, dass du das die ganze Woche noch nicht gemacht hast.«
»Blödsinn!«
»Wir haben in dieser Woche eine Menge Beschwerden erhalten, dass Briefe von der Maschine zerrissen werden. Das bedeutet doch, dass sie nicht richtig eingestellt ist, oder?«
Vor Wut traten die Adern an seiner Stirn hervor. »Ja, das würde es bedeuten, aber das ist nicht der Fall. Ich mach die Maschine jeden Tag sauber!«
Endlich lösten sich ihre Beine und ließen ihn frei. Sie spürte den Boten hinter sich, der jede Sekunde dieser Szene genoss. Es gefiel ihm, wie sie diesen großen, muskelbepackten Schwachkopf nach ihrer Pfeife tanzen ließ.
Dan löste sich von ihr und ging hinüber zur Sortiermaschine, einer gewaltigen, klotzigen Apparatur, fast so groß wie ein Mittelklassewagen. Er aktivierte den Hauptschalter ...
»Komm her!«, rief er ihr zu. Auf der Ablage am Ende der Maschine wurden Briefe ausgegeben, unzerrissen, perfekt gestapelt.
»Mit dem Ding ist alles in Ordnung!«, sagte er. »Du versuchst nur, mir was anzuhängen, irgendeine Pflichtverletzung oder so was. Aber diese Maschine ist perfekt gewartet! Und das weiß ich mit Sicherheit, denn ich warte sie!«
Das verträumte Lächeln wich nicht von Sarahs Gesicht. Sie schlenderte hinüber und öffnete die Wartungsklappe im Mittelteil der Sortiermaschine. Der Lärm der Maschine verdreifachte sich. Im Inneren bewegten und drehten sich Gestänge und Zahnräder. Scharfkantige Sperrräder mit Zinken wie Laubharken ruckten vor und zurück.
»Willst du etwa behaupten, dass diese Sperrräder justiert sind?«, sagte sie.
Dan, mittlerweile kurz vor dem Siedepunkt, warf einen Blick hinein, dann funkelte er sie wieder an. »Da ist doch alles in Ordnung! Was ist dein Problem?«
»Das Hauptsperrrad. Sieh doch. Es ist aus dem Takt. Das sieht doch jeder – zumindest jeder, der etwas von seinem Job versteht.«
Dan schaute noch einmal hinein.
Sarah war keine starke Frau, aber der Bote verlieh ihr eine gewaltige Kraft. Mit einer Hand packte sie Dan am Haar, die andere klammerte sich von hinten um seinen Hals. Sie drückte ihn nach unten.
Den Widerstand, den er leistete, hätte man unter anderen Umständen als bemerkenswert bezeichnen können. Unter diesen Umständen jedoch glich Dans Stärke im Vergleich zu ihrer der eines lahmen alten Mannes. Er gab keinen Laut von sich, als sie sein Gesicht in die Zähne des Sperrrades drückte.
Die Maschine jedoch machte ein neues Geräusch, als die Räder plötzlich Dans Gesicht bearbeiteten. Sarahs Arme hielten ihn fest wie Stahlklammern. Sein Körper erschauderte. Seine kräftigen Beine traten hilflos um sich, und Blut spritzte in langen Fäden aus der Maschine wie Nudelsoße aus einem Mixer. Als er sich nicht mehr rührte, zog Sarah ihn heraus und ließ ihn auf den Rücken fallen.
»Armer, großer, muskelbepackter Schwachkopf Danny Boy«, flüsterte sie ihrem jetzt gesichtslosen Untergebenen zu. Der Rest der Sortierschicht hatte mittlerweile Feierabend gemacht. Sie schleifte ihn an den Füßen zur Tür in der Ecke.
Der Tür zum Keller.
Kapitel 18
(I)
Finde dich damit ab, ermahnte Jane sich. Du bist doch ein großes Mädchen. Hör auf, dich wie ein abgeblitzter Teenager zu benehmen. Aber das war leichter gesagt als getan. Seit ihrem Besuch auf der Polizeiwache versuchte sie, an gar nichts zu denken. Vergeblich. Es war insgesamt ein mieser Tag gewesen – das Martin-Parkins-Problem, Dhevics Auftauchen und dann noch Steve mit einer anderen Frau. Nein, an gar nichts zu denken, war nichts als eine Flucht vor der Realität. Jane wusste, dass sie sich den Tatsachen stellen musste, sie wollte es nur im Moment noch nicht tun.
Nach Feierabend fuhr sie in grauer Trübseligkeit nach Hause. Die Paranoia lenkte ihren Blick immer wieder in den Rückspiegel, aus Furcht, Martins Ford Escort dort zu sehen, und jedes Mal musste sie sich selbst daran erinnern, dass die Polizei den Wagen abgeschleppt und gesichert hatte. Kevin und Jennifer wussten sofort, dass etwas mit ihr nicht stimmte; sie wussten es in dem Moment, als sie zur Haustür hereinkam, aber Jane tat es mit einem falschen und schmerzhaften Lächeln ab.
Es war
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