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Der Höllenbote (German Edition)

Der Höllenbote (German Edition)

Titel: Der Höllenbote (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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gebracht, ihn vor dieser anderen Frau bloßgestellt, ihm den Tag versaut, so wie er gerade ihren versaut hatte. Ihm eine bühnenreife Szene gemacht, vielleicht verbunden mit einer gewissen Handgreiflichkeit. Aber dann überlegte sie einen Augenblick länger und erkannte, wie nutzlos das Ganze wäre.
    Er hat mich benutzt, das ist alles. So etwas geschieht ständig. Männer tun Frauen so etwas jeden Tag an – ich hätte damit rechnen müssen. Stattdessen habe ich mir etwas vorgemacht. Dreh dich um und geh weg.
    Jane schaute noch einmal in das Büro. Steve und die Blonde umarmten sich immer noch.
    Sie drehte sich um und ging.
    (II)
    »Manchmal gibst du mir das Gefühl, dass ich nur ein großer, muskelbepackter Schwachkopf bin«, sagte Dan.
    Sarah feixte. »Dan, ich sag’s nur ungern, aber du bist ein großer, muskelbepackter Schwachkopf.« Sie stand mit verschränkten Armen da und beobachtete, wie sein Bizeps sich wölbte, als er eine Box mit Briefen nach der anderen vom Sortierband hob und auf die Rollwagen verlud.
    »Danke, vielen Dank«, erwiderte er.
    »Dan, es ist keine Schande, ein großer, muskelbepackter Schwachkopf zu sein.« Jetzt musste sie wirklich kichern.
    »Yeah, und sieh dich erst an. Deine Tage als Strandhäschen dürften ebenfalls gezählt sein, jetzt wo du hier der große Boss bist.«
    »Ich bin nicht der Boss. Das ist Jane. Ich bin nur die neue Leiterin der Sortierabteilung. Okay, ich bin dein Boss. Ich bin der Boss von jedem, der in der Sortierabteilung arbeitet. Aber darum geht’s eigentlich gar nicht, stimmt’s?«
    Dan war groß und kräftig, ein Gewichtheber. Blond, sonnengebräunt, robust – der Inbegriff eines ganzen Kerls aus Florida. Er wischte sich mit einem muskulösen Arm den Schweiß von den Brauen, dann lachte er, ein resignierendes Lachen. »Yeah, da steht sie, die kleine Miss Abteilungsleiterin, mit verschränkten Armen und tappendem Fuß, und beobachtet den großen, dummen Schwachkopf beim Sortierkästenverladen. Bisschen Aufsicht führen, was? Aufpassen, dass der Job korrekt erledigt wird. Aufpassen, dass der große, muskelbepackte Schwachkopf es nicht vermasselt. Aber ich sag dir was. Ich mache meinen Job. Ich vermassele es nicht. Und wenn du nicht mehr mit mir zusammen sein willst – meinetwegen.« Seine Brustmuskeln und Bizepse spannten sich, als er die nächste Kiste anhob. Er übertrieb ein bisschen; er musste sie nicht so straff anspannen, aber er wollte, dass sie es sehen konnte. Er wusste, auf welche Sorte Männer sie stand, und er passte genau in ihr Schema. »Eine Menge Mädchen in dieser Stadt wären froh, mit einem wie mir zusammen zu sein.«
    »Dan, Dan, was soll plötzlich dieser ganze Quatsch von wegen zusammen sein? Wir sind nicht zusammen. Wir können nicht zusammen sein – es verstößt gegen die Vorschriften, dass Angestellte des gleichen Postamtes eine Beziehung miteinander haben.«
    Er schüttelte verständnislos den Kopf. »Da will ich nichts weiter, als dich fragen, wann wir uns heute Abend sehen, und du kommst mir mit dieser Scheiße! Wir treffen uns seit fast einem Jahr. Für mich klingt das sehr nach Zusammensein. «
    »Nein, Dan, wir sind nur zwei Freunde, die sich die Zeit zusammen vertreiben. Wir hatten bisher die gleiche Gehaltsstufe und das gleiche Dienstalter. Das alles hat sich jetzt geändert.«
    »Ja, klar, seit deiner großen Beförderung. Ganz plötzlich steht da nicht mehr Sarah, die Partymaus, sondern Sarah, die verantwortungsbewusste Abteilungsleiterin. Hör doch auf. Du bist so eine Heuchlerin, dass es fast schon zum Lachen ist. Mein Gott, ich kann gar nicht glauben, wie sehr du dich in den letzten beiden Tagen verändert hast!«
    »Oh, der arme kleine Danny Boy ist ein kleines bisschen verunsichert. Der große, starke Danny Boy kann es nicht verkraften, dass eine Frau, die zwei Jahre jünger ist als er, nun seine Vorgesetzte ist.«
    »Das hat doch damit nichts zu tun. Manche Leute kann man ernst nehmen, manche nicht – dich zum Beispiel.«
    »Die Männlichkeit des armen kleinen Danny Boy hat einen Tiefschlag erlitten. Der große, starke Muskelprotz kann es nicht ertragen, einer 60-Kilo-Frau unterstellt zu sein ...«
    »Halt die Klappe. Das ist dämlich.«
    Schweigend verlud Dan weitere Boxen. Sarah lächelte nur. Ja, sie hatte sich in den letzten beiden Tagen sehr verändert. Sie war gesegnet worden. Der Bote hatte ihr gezeigt, wie ›ernst zu nehmend‹ sie wirklich war. Er hatte ihr Stärke verliehen, wo vorher nur Schwäche und

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