Der Höllenbote
schwarzen Locken schimmerte das Licht. Ein wenig erinnerte sie Suko an Pamela Scott, auch Lady X genannt.
»Ich spüre es!« raunte sie. »Ich spüre es genau. Er ist nicht mehr hier. Aber sein Geist steckt in diesem Raum.« Sie trat mit dem Fuß auf, wobei sie gleichzeitig die Schulter in die Höhe hob, als würde sie frösteln.
»Aber da ist noch etwas anderes«, hauchte sie. »Etwas, das ich nicht fassen kann. Unheil…«
Zum Schluß hatte sie ihre Stimme so gesenkt, daß sie kaum zu verstehen war. Dann schaute Suko sie an, und der Chinese sah wieder den Lauf der MPi auf sich gerichtet. »Du mußt ihn suchen!«
»Wen? Yuisan?«
»Nein, das andere. Es ist hier, und es paßt nicht so recht zu dem Höllenboten. Es will ihn unterdrücken, das hat er gemerkt, deshalb ist er geflohen. Glaub mir…«
»Wer soll das sein?«
Wieder schüttelte die Frau den Kopf. »Keine Ahnung, aber ich täusche mich nicht.« Sie blickte auf die Lanze. »Vielleicht hängt es damit zusammen. Wirf sie weg!« fuhr sie den alten Chinesen an. Lai Ti Jan öffnete seine Faust, als wäre die Lanze glühend heiß geworden. Sie prallte zu Boden und blieb dicht neben dem Riß liegen, den das Schwert hinterlassen hatte.
»Ja, das ist gut.«
»Ist es jetzt weg?« erkundigte sich Suko mit ruhiger Stimme. Er durfte auf keinen Fall die Nerven verlieren.
»Nein!« wisperte Linda. »Es ist noch hier!« Während sie sprach, sprühten vor ihren Lippen Speichelbläschen, und sie hielt den Blick auf den Durchgang gerichtet, der die beiden Ausstellungsräume miteinander verband. »Ich glaube, daß es dort lauert.«
»Dann sehe ich nach.«
Scharf sog sie die Luft durch die Nase ein. Für einen Moment schien es so, als hätte sie etwas dagegen. Schließlich nickte sie und meinte: »Ja, schau dich um. Licht hast du ja.«
Suko wollte gehen, als alle drei von einem Geräusch aus dem Nebenraum aufgeschreckt wurden.
Es paßte überhaupt nicht hierher, denn das war Klappern von Pferdehufen…
***
Die drei standen auf dem Fleck, als hätte ihnen jemand Leim unter die Sohlen geschmiert. Damit hatte nun niemand gerechnet, und jeder wartete darauf, daß sich das Geräusch wiederholte. Dies geschah nicht. Die Frau warf Suko einen fragenden Blick zu. Der Inspektor konnte nur die Schultern heben, eine Antwort wußte er auch nicht. Man mußte der Sache eben auf den Grund gehen.
Aber wer hielt ein Tier innerhalb dieses seltsamen Museums gefangen? Oder waren es etwa Reiter und Tier? Da stimmte eine ganze Menge nicht, und nicht nur Suko fühlte sich in dieser bedrückenden Atmosphäre unwohl. Die Luft schien schwerer geworden zu sein. Irgendwie faßbar wie Schleim.
Was lauerte im anderen Raum?
Er war wenig erhellt. Wie auch in dem Raum, in dem sie standen, brannte zwar Licht, doch die einzelnen Lampen waren punktuell auf bestimmte ausgestellte Objekte gerichtet, so daß sicherlich ein Großteil des Raumes im Schatten lag.
Schatten und Dunkelheit waren schon immer die besten Verbündeten der Schwarzblütler gewesen.
»Na geh schon.« Die Stimme der Frau klang wieder unruhig. Suko nickte. Auch der alte Chinese wollte sich in Bewegung setzen, ihn hielt Linda zurück.
Im Durchgang blieb Suko stehen. Er dachte an die Beretta, den Stab und die Peitsche, die er bei sich trug. Drei gute Waffen. Richtig eingesetzt, konnte er damit schon einiges aus dem Feuer reißen. Und das hatte er vor.
Der zweite Raum war wesentlich größer als der erste. Er wurde auch durch mehrere Lampen erhellt. Scharf gebündelte Strahlen zerschnitten die Dunkelheit und fanden ihre Ziele in den aufgestellten und meist von Vitrinen und Hauben verdeckten Objekten.
Suko sah zahlreiche Gefäße. Das begann bei der Kanne, ging über zu den geschwungenen und formschönen Vasen und endete bei flachen Tellern oder Schalen.
Die Frau hatte dies aus China mitgebracht. Die Offiziellen mußten sehr viel Vertrauen zu Linda gehabt haben, daß man ihr die wertvollen Dinge so ohne weiteres lieh.
Nur von dem Pferd sah er nichts. Allerdings war dies kein Beweis dafür, daß es sich auch nicht in dem Raum aufhielt, der ja ziemlich groß war, ungefähr dreimal so groß wie der andere.
Zudem war es nicht gut, wenn Suko auf der Schwelle blieb. Er wurde von den Strahlen zu sehr geblendet. Ein paarmal mußte er die Augen zusammenkneifen, wenn er den Kopf drehte, und als er sich einen ersten, einigermaßen guten Überblick verschafft hatte, da wagte er es endlich, einige Schritte vorzugehen.
Er hatte einen Gang
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