Der Höllenbote
Chinese wissen.
»Es ist möglich. Aber sie interessiert mich noch nicht. Als Gegnerin ist sie nichts wert. Wenn sich unsere Wege nicht kreuzen, werde ich sie suchen. Vielleicht komme ich auch über Yuisan an sie heran.«
»Was hat er damit zu tun?«
Da grollte es dumpf hinter dem Visier des Horror-Reiters. »Weißt du nicht, daß es Yuisan war, der uns damals gehorchte? Er wurde von AEBA erschaffen. Aus der Erde des unheiligen Landes hat man den Höllenboten geformt und ihm das unheilige Leben eingehaucht. Ein Wesen aus Steinen, Tierknochen, Lehm und schwarzer Magie. Das ist der Höllenbote, und er wird mich allein unterstützen.«
»Dann hat er John Sinclair?«
»Ja, der Geisterjäger muß sich in seiner Gewalt befinden. Und ich glaube, daß er es nicht schafft, dem Höllenboten zu entkommen. Du hast das leere Bild gesehen. Es ist ein Dimensionsloch, wie es sie oft gibt. Wenn du dich dagegenwirfst, zieht es dich hinein in eine andere Welt, und die Zeiten werden aufgehoben. Du kannst Sprünge und Reisen machen, die Vergangenheit oder die schwarzmagischen Reiche stehen dir offen…«
Suko bekam durch diese Worte eine Bestätigung seiner Annahme, und er nickte. In der rechten Hand hielt er nach wie vor seine Pistole, doch mit der linken suchte er nach dem Griff der Dämonenpeitsche. Wenn er sie ausfuhr, konnte er den Gegner vielleicht damit attackieren und auch schwächen.
Doch Suko war nicht allein, und er hatte die Rechnung ohne Linda Brackett gemacht. Sie hielt es einfach in dem anderen Raum nicht mehr aus, hatte Stimmen gehört und wollte nachschauen. Erregt war sie - und auch unvorsichtig. Zuerst hatte sie nur gelauscht und gehört, daß Yuisan dem Horror-Reiter gehorchen mußte. Das paßte ihr überhaupt nicht. Für sie zählte nur der Höllenbote, denn sie befand sich in seinem Bann und brachte ihm eine Art Haßliebe entgegen. Obwohl sie wollte, daß er getötet wurde, konnte sie es nicht mit anhören, daß sich ein anderer außer demjenigen, den sie ausgesucht hatte, gegen ihn stellte.
Denn dann würde es noch schwerer sein, den Bann zu lösen. Ein regelrechtes Verwirrspiel, das sich in ihrem Kopf abspielte und sie zu einer Unvorsichtigkeit hinreißen ließ, denn als sie einen Schritt vorging, gab sie nicht acht und stieß mit der Mündung der Maschinenpistole gegen eine Glasvitrine.
Das Geräusch hörten Suko und der Horror-Reiter.
Ein röhrender Schrei drang aus dem Mund des dämonischen Wesen. Gleichzeitig hieb er dem Pferd seine Sporen in die Flanken, der Gaul riß das Maul auf, Schwefeldämpfe drangen daraus hervor, und mit einem gewaltigen Satz sprang er über die erste Vitrine. Das war genau der Augenblick, als Linda Brackett feuerte…
***
Sonne hatten wir in London auch. Aber nicht so stechend. Auch der Wind war nicht so scharf. Er warf mir feinen Staub ins Gesicht, der die Haut malträtierte und regelrecht hineinbiß.
Ich schüttelte mich, denn ich lag auf dem Boden, hatte die Arme leicht angewinkelt und spürte in meinem Kopf einen dumpfen Druck. Bewegen konnte ich mich. Ich wurde nicht mehr von diesem Monstrum festgehalten und atmete erst einmal durch, wobei mir der Staub zwischen die Zähne fuhr, so daß es knirschte, wenn ich sie aufeinanderbiß. Schwerfällig stemmte ich mich in die Höhe. Die Unterlage war hart, der Wind fuhr gegen meine Seite und bauschte die Jacke auf. Wo war ich nur gelandet?
Die Sonne hatte in der Tat schon Kraft. Sengend trafen mich ihre Strahlen. Sie brannten in meinen ungeschützten Nacken, ich drehte ihr den Rücken zu und bekam nun freies Sichtfeld.
Nein, in einer anderen Dimension befand ich mich nicht. Man hatte mich auf der Erde gelassen. Ich selbst stand in einem Tal und sah vor mir zahlreiche Baubaracken und Buden. Dahinter stieg das Gelände an. Erst sanft, dann wurde es felsig, und als mein Blick weiterglitt, zu den Gipfeln der Berge hoch, da erkannte ich, daß die Natur verändert worden war. Jemand schien mit einer Riesenfaust auf die Gipfel geschlagen zu haben, denn sie waren zum Teil verschwunden. Gewaltige Felsmassen waren bewegt und zu Tal geschafft worden. Allerdings gibt es auf der Erde wohl kaum Wesen, die solche Riesenfäuste besitzen, und mir kam der Gedanke, daß die Berggipfel durch die Einwirkung der Technik ihre Form verloren haben mußten.
Vielleicht durch Sprengung.
Ja - alles wies darauf hin. Schon des öfteren war ich in Steinbrüchen gewesen. Es gab immer markante Punkte, denen man ansah, daß sie künstlich entstanden waren.
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