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Der Hof (German Edition)

Der Hof (German Edition)

Titel: Der Hof (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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Hüfte. «Gab es Probleme?»
    «Nein, keine Probleme.» Ich ziehe den letzten Sandsack über die Ladefläche zu mir heran.
    «Du warst recht lange weg.»
    «Ich habe dort zu Mittag gegessen.»
    Sie beobachtet, wie ich den Sandsack hochhieve. Als erwarte sie, ich würde mehr sagen. Was ich nicht tue. «Mein Vater meint, du kannst heute Abend wieder mit uns im Haus essen», sagt sie schließlich.
    «In Ordnung.» Ich gehe an ihr vorbei und halte den schweren Sack an mich gedrückt. Als ich die kühle Kammer betrete, lasse ich ihn neben den anderen zu Boden fallen. Schon jetzt bereue ich, so kurz angebunden gewesen zu sein. Ich freue mich nicht besonders darauf, noch einen Abend mit Arnaud zu verbringen. Aber es hat überhaupt keinen Sinn, meine schlechte Laune an Mathilde auszulassen. Wenn es ein Opfer bei der ganzen Geschichte gibt, dann ist sie es.
    Ich gehe wieder raus, um mich zu entschuldigen, aber der Innenhof ist leer.
    Also schließe ich die Klappe des Pritschenwagens und schaue am Gerüst hoch. Aber schon jetzt weiß ich, dass ich nicht nach oben steigen werde. Noch nicht. Niemand ist hier draußen. Ich will es wissen.
    Ich eile über den Hof zur Scheune.
    Ich renne beinahe, als ich das Tor erreiche. Im dämmrigen Innern gehe ich zu der rechteckigen Kruste aus Mörtel. Ich bin jeden Tag darüber hinweggelaufen, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden. Das Stück ist etwa fünf bis sechs Fuß lang und halb so breit.
    Groß genug jedenfalls, um eine Leiche zu verstecken.
    Wieder denke ich an das, was Jean-Claude mir erzählt hat.
    Er vergräbt alles …
    Ein schreckliches Gefühl breitet sich in meiner Magengrube aus. Das ist dumm, denke ich. Wenn ich schon paranoid werden will, sollte ich damit warten, bis es dunkel wird. Aber ich kann nicht anders. Ich schaue rasch über die Schulter, um mich zu vergewissern, dass niemand im Tor steht. Dann hocke ich mich neben das Betonfeld. Ich entdecke sofort den Fetzen von was auch immer, der aus dem Riss ragt. Das könnte alles sein. Ein Bonbonpapier oder ein Lappen oder irgendwas.
    Warum findest du es nicht einfach heraus?
    Ich bohre meine Finger in den Riss und versuche, den Fetzen zu packen. Rau und steif fühlt er sich an und steckt ziemlich fest. Der Mörtel ringsum fängt an zu bröckeln, als ich den Fetzen hin und her bewege, und dann spritzen die Zementkrümel auf, als der Fetzen nachgibt. Jetzt kann ich ihn besser greifen, und dann kommt ein Schwall Kies und Sand, und der Fetzen ist frei.
    Mit trockenem Mund stehe ich auf und nehme meine Beute mit ins Tageslicht. Der Fetzen ist mehrere Zoll lang und hat ausgefranste Kanten. Er hat dieselbe staubige Farbe wie der Beton, und als ich erkenne, was es ist, lache ich auf. Erleichtert und zugleich peinlich berührt wegen meiner lebhaften Phantasie. Das ist kein Stück Stoff, es ist Papier. Dickes Papier.
    Ein Stück, das von einem Zementsack abgerissen ist.
    Ein Pluspunkt für meine lebhafte Phantasie, denke ich und wische den Sand von meinen zerschrammten Fingern.
    An diesem Nachmittag arbeite ich länger als sonst und versuche, die verlorene Zeit aufzuholen und mit der Anstrengung einen Teil der Anspannung aus meinem Körper zu vertreiben, die sich dort eingenistet hat. Die Sonne steht schon knapp über den Bäumen, als ich endlich mit meinem Tagwerk zufrieden bin. Meine Schultern schmerzen, und meine Arme und Beine sind schwer, als ich die Leiter runtersteige. Ich trotte zurück zur Scheune und wasche mich unter dem eisig kalten Wasserstrahl. Dann ziehe ich den Overall aus und erinnere mich an etwas anderes, das Jean-Claude erzählt hat. Ich zögere und schnuppere dann an dem Overall. Dreck und Schweiß. Wenn er nach Schwein riecht, kann ich den Geruch nicht ausmachen. Vielleicht bemerke ich den Schweinegeruch schon gar nicht mehr.
    Ich ziehe meine eigenen Sachen an und mache mich dann auf den Weg zum Haus. Die Tür steht offen, und ich gehe direkt in die Küche. Der Tisch wurde bereits für vier gedeckt, und diesmal nehme ich denselben Platz ein wie beim letzten Mal. Meinen Platz. Arnaud sitzt auf seinem Stammplatz am Kopfende. Er öffnet eine Flasche Wein und schiebt sie mir schweigend zu. Gretchen lächelt mich an, während sie Mathilde hilft, das Essen zu servieren. Als sei sie von jenem weit entfernten Ort zurückgekehrt, an den sie sich in den letzten Tagen zurückgezogen hat. Die beiden setzen sich zu uns, und wir beginnen zu essen.
    Wie eine ganz normale Familie.

LONDON
    Ich gehe nur deshalb mit zu dem

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