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Der Hof (German Edition)

Der Hof (German Edition)

Titel: Der Hof (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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war eine Grauzone, in die sich niemand vorwagen wollte. Gegen mich sprach, dass ich kurz nach der Tat außer Landes geflohen war, aber mein Anwalt argumentierte damit, dass ich nur zum Selbstschutz so gehandelt und aus gutem Grund Angst um mein Leben gehabt hatte. Auch wenn es länger gedauert hatte, bis ich mich stellte, nun … Trotzdem waren das mildernde Umstände.
    Ich wurde für schuldig befunden, weil ich einen Unfall nicht gemeldet und den Unfallort verlassen hatte. Die Strafe lautete auf sechs Monate Gefängnis, die zu zwei Jahren auf Bewährung ausgesetzt wurden.
    Ich war ein freier Mann.
    Ich blieb lange genug in London, um meine Kündigung einzureichen und mich von ein paar Freunden zu verabschieden. Dann ging ich. Dort hielt mich nichts mehr, und es gab immer noch etwas, das ich erledigen musste.
    Jetzt bin ich hier.
    Immer wieder rutsche ich auf dem nassen Kopfsteinpflaster weg, als ich zum Haus gehe. Die Tür zur Vorratskammer ist geschlossen. Wasser tropft vom Gerüst auf mich herunter, während ich vor der Tür stehe, weil ich plötzlich sicher bin, dass sie abgeschlossen sein wird. Aber das ist sie nicht. Da drin gibt es nichts, das sich zu klauen lohnt. Die verzogene Tür öffnet sich nur widerstrebend. Im Innern ist es dunkel wie immer, und das graue Tageslicht, das vom Hof hereinströmt, kann den fensterlosen Raum nicht ausleuchten. Der rote Overall fehlt, aber sonst scheint alles unberührt zu sein seit meiner Abreise. Ich gehe in die Ecke, wo die Sandsäcke aufgestapelt sind. Einer steht etwas abseits, allerdings nicht so weit weg, dass es auffällt. Ich nehme den Rucksack ab und rolle den Ärmel hoch, ehe ich den Arm bis zum Ellenbogen im feuchten Sand vergrabe. Ich wühle erst langsam darin, dann immer hastiger, weil ich nichts ertasten kann. Schließlich schiebe ich meinen Arm weiter nach unten und verschütte dabei Sand. Als ich schon überzeugt bin, dass ich nichts finden werde, berühren meine Finger etwas Hartes. Ich ziehe es heraus.
    Das Päckchen sieht noch genauso aus wie damals, als ich es hier am Nachmittag nach dem Besuch der Gendarmen versteckt habe. Ich habe es kein einziges Mal erwähnt, als ich immer wieder meine Geschichte bei der französischen und später bei der britischen Polizei erzählte. Ein Versäumnis, auf das ich nicht besonders stolz bin. Aber selbst wenn sie mir geglaubt hätten, dass ich nicht wusste, was sich im Kofferraum von Jules’ Wagen befand, hätten sie mich damit erheblich unter Druck setzen können. Ich hätte nämlich nicht erklären können, warum ich das Zeug behalten habe.
    Das weiß ich ja noch nicht mal jetzt.
    Der Vorratsraum war mir damals wie ein gutes Versteck vorgekommen, doch hatte ich nicht vorhersehen können, wie lange das Päckchen würde hierbleiben müssen. Seitdem war kaum ein Tag vergangen, an dem ich mich nicht geärgert hatte, weil ich fürchtete, man könne es entdecken, wenn der Raum durchsucht oder ausgeräumt wurde. Aber ich hätte mir keine Sorgen machen müssen.
    Mathilde hat mein Geheimnis bewahrt, wie ich auch ihres bewahrt habe.
    Die Nachricht vom Mord an Louis und von Gretchens Tod wurde in der Stadt mit großem Zorn aufgenommen. Aber während die Fakten rund um die Tragödie schon bald überall bekannt waren, blieb die Wahrheit dahinter geheim. Ehe ich in jener Nacht den Hof verließ, um die Polizei und einen Krankenwagen zu rufen, hatte Mathilde mich angefleht, nicht zu verraten, dass sie Gretchens Mutter war.
    «Versprich es mir!», hatte sie beharrt, und ihr Gesicht war vom Kummer verzerrt. «Versprich mir, es niemandem zu erzählen!»
    Ich hatte nichts davon hören wollen. Mir war nicht klar, was gewonnen war, wenn diese Wahrheit verschwiegen wurde, und die Vorstellung, Arnaud zu schützen, fand ich widerwärtig. Aber Mathilde umklammerte meinen Arm, und ihre grauen Augen funkelten mich an.
    «Nicht meinetwegen. Für Michel! Bitte!»
    Da verstand ich. Bei allem, was sie getan hatte, galt ihre Sorge in erster Linie ihren Kindern. Es würde für ihren Sohn schon schwer genug sein, in dem Wissen aufzuwachsen, dass seine Mutter und sein Großvater als Mörder gebrandmarkt waren, ohne dass er ein viel schlimmeres Stigma mit sich herumtragen musste. Ich konnte ihr nicht verdenken, dass sie ihm das ersparen wollte. Und ich glaubte, es könnte noch einen anderen Grund für diese Bitte geben. Wenn die Wahrheit über Gretchens Eltern ans Licht kam, würde das auch Fragen bezüglich Michels Vater aufwerfen. Mathilde hatte mir

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