Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag
packte das Steuer, bis seine Arme schmerzten,
und fuhr mit Höchstgeschwindigkeit, daß der Wagen im Ausbrechen an den Steinpfeilern vorbeischleuderte und das stählerne Tor nur um Zentimeter verfehlte. Der Hund auf der Motorhaube flog nach rechts davon und heulte auf.
Das Rudel am Hügel hatte sich in dem schnell dunkler werdenden Zwielicht hinter dem Tor versammelt. Die Erklärung mußte darin liegen, daß eine Hochfrequenzpfeife — für das menschliche Ohr unhörbar — sie zum Anhalten veranlaßt hatte. Schwitzend hielt Noel das Gaspedal durchgedrückt und raste die Straße hinunter.
Jetzt erreichte er eine Weggabelung. Mußte er nach rechts oder links? Er konnte sich nicht erinnern und griff mechanisch nach der Landkarte, die er neben sich auf den Sitz gelegt hatte.
Das war es, was ihn gestört hatte! Die Landkarte war nicht mehr da. Er bog nach links und griff unter den Sitz, um nachzusehen, ob die Karte auf den Boden gefallen war. Doch auch dort war sie nicht. Man hatte sie ihm aus dem Wagen genommen!
Er erreichte eine Kreuzung. Sie war ihm nicht vertraut; oder wenn sie es war, dann verhüllte die Dunkelheit jedes vertraute Merkmal. Er bog instinktiv nach rechts, wußte, daß er jetzt nicht anhalten durfte. Er hielt die hohe Geschwindigkeit und sah sich nach Hinweisen um, die er vielleicht auf der Herfahrt aus Rio entdeckt hatte. Aber inzwischen war es völlig dunkel geworden, und so sah er nichts, woran er sich erinnern konnte. Die Straße beschrieb einen weiten Bogen nach rechts, dann kam eine steile Gefällstrecke. Er erinnerte sich an keine solche Kurve, an keinen solchen Hügel. Er hatte die Orientierung verloren.
Die Gefällstrecke war zu Ende, jetzt hatte er ein etwa hundert Meter langes ebenes Straßenstück vor sich. Zu seiner Linken war eine Aussichtsplatte mit Parkfläche, die durch eine bis zur Klippe reichende brusthohe Mauer abgeschlossen war. Entlang der Mauer standen eine Anzahl Münzteleskope. Holcroft bog ein und hielt an. Es standen keine weiteren Fahrzeuge da, aber vielleicht konnte er sich orientieren, wenn er sich hier umsah. Er stieg aus und ging zur Mauer.
Weit unten waren in der Ferne die Lichter der Stadt zu
erkennen. Zwischen der Klippe und den Lichtern aber herrschte nur Dunkelheit... nein, nicht völlige Dunkelheit; da wand sich ein Lichtfaden zwischendurch. Eine Straße? Noel stand neben einem der Teleskope. Er schob eine Münze ein und spähte durch das Okular, stellte das Gerät auf den sich windenden Lichtfaden ein, den er für eine Straße hielt.
Und das war es auch. Die Lichter standen weit auseinander; es waren Straßenlampen, sehr fahrerfreundlich, aber an einem Pfad, der quer durch die brasilianischen Wälder führte, völlig deplaziert. Wenn er den Anfang jener Straße erreichen konnte...
Das Teleskop ließ sich nicht weiter nach rechts bewegen. Zum Henker! Wo fing die Straße an? Das mußte ...
Hinter sich hörte er das Geräusch eines Motors den Hügel heraufkommen. Dem Himmel sei Dank! Er würde den Wagen anhalten, und wenn er sich dazu mitten in die Straße stellen mußte. Er rannte von der Mauer weg, über die betonierte Parkfläche auf den Asphalt zu.
Als er den Straßenrand erreichte, erstarrte er in seiner Bewegung. Der Wagen, der jetzt über den letzten Straßenbuckel hochschoß, war ein weißer Mercedes. Der gleiche Wagen, der blitzend in der Nachmittagssonne auf einem anderen Hügel gestanden hatte. Graffs Wagen.
Mit kreischenden Reifen kam er ruckartig zum Stillstand. Die Tür öffnete sich, und ein Mann stieg aus. Im reflektierenden Licht der Scheinwerfer konnte er ihn erkennen: Graffs Leibwächter!
Er griff in seinen Gürtel. Holcroft stand wie gelähmt da. Der Mann hob eine Waffe, zielte auf ihn. Es war unglaublich! Das konnte einfach nicht sein!
Der erste Schuß dröhnte wie Donnerhall; er erschütterte das Schweigen wie ein plötzlicher Erdstoß. Ein zweiter folgte. Einen Meter vor Noel explodierte das Straßenpflaster; Steinchen und Staub wirbelten hoch. So überrumpelt, so fassungslos er war, sagte ihm sein Instinkt, daß er wegrennen, sich in Sicherheit bringen mußte. Er würde hier sterben! Umgebracht an einer verlassenen Aussichtsplatte über Rio de Janeiro! Das war Wahnsinn!
Seine Beine zitterten; er zwang sich, auf seinen Mietwagen
zuzurennen. Seine Füße schmerzten ; das war das seltsamste Gefühl, das er je empfunden hatte. Zwei weitere Schüsse peitschten durch die Nacht; wieder explodierten Teer und Beton.
Er erreichte seinen
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