Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag
Ihnen verständlich zu machen. Als Kind hat man mich aus Berlin herausgeholt. Ich war immer auf der Flucht, bis meine Mutter, mein Bruder und ich eine Zuflucht in Brasilien fanden, die sich dann als Hölle für uns
erwies. In den letzten Jahren habe ich mich durchs Leben treiben lassen. Ich bin immer nur Außenreizen gefolgt — Instinkten, Gelegenheiten, Männern -, aber ich bin ihnen gefolgt. Ich habe nicht geführt. Ich habe so wenig Entscheidungen wie möglich getroffen.«
»Ich verstehe nicht.«
»Wenn Sie etwas haben, das meine Familie betrifft, werden Sie mit meinem Bruder sprechen müssen. Er trifft die Entscheidungen. Er hat uns aus Südamerika hinausgebracht, nachdem meine Mutter gestorben war. Er ist der von Tiebolt, an den Sie sich wenden müssen.«
Noel unterdrückte den Drang, sie anzubrüllen. Langsam atmete er aus, und ein Gefühl der Müdigkeit und der Enttäuschung überkam ihn. Johann von Tiebolt war das Mitglied der Familie, das er meiden mußte, aber er konnte Gretchen Beaumont nicht sagen, weshalb. »Wo ist er?« fragte er trotzdem.
»Ich weiß nicht. Er arbeitet für den Guardian in Europa.«
»Wo in Europa?«
»Noch einmal, ich weiß es nicht. Er reist viel herum.«
»Ich habe gehört, er sei zuletzt in Bahrain gesehen worden. «
»Dann wissen Sie mehr als ich. «
»Sie haben eine Schwester.«
»Helden. In Paris. Irgendwo.«
Alle Kinder werden unter die Lupe genommen ... Entscheidungen getroffen.
Johann war überprüft worden, und man hatte eine Entscheidung getroffen - zu Recht oder Unrecht -, die ihn disqualifizierte, ihn von Genf ausschloß. Er würde Aufmerksamkeit auf sich ziehen, die sie sich nicht leisten konnten. Und diese seltsame schöne Frau auf dem Sitzkissen - selbst wenn sie das anders empfände-würde von Genf als untauglich zurückgewiesen werden. So einfach war das.
Paris. Helden von Tiebolt.
Abwesend griff Noel nach seinen Zigaretten, seine Gedanken beschäftigten sich jetzt mit einer unbekannten Frau, die als Übersetzerin in einem Verlag in Paris tätig war. Die Bewegung vor sich nahm er nur vage wahr, so stark konzentrierte
er sich. Dann wurde ihm seine Umgebung wieder bewußt, und er starrte Gretchen Beaumont an.
Die Frau des Commanders hatte sich erhoben und knöpfte jetzt ihr Kleid bis zur Hüfte auf. Langsam schob sie die Seide auseinander. Ihre Brüste waren jetzt frei; sie sprangen ihm entgegen, die Brustwarzen steil aufgerichtet. Sie hob mit beiden Händen ihren Rock, schob ihn über die Schenkel. Er fing den Duft auf, der von ihr ausging - ein zartes Parfüm mit einer Sinnlichkeit, die ebenso provozierend war wie der Anblick ihres nackten Fleisches. Sie setzte sich neben ihn, hatte das Kleid jetzt über der Hüfte, zitterte am ganzen Körper. Sie stöhnte und griff nach seinem Hals, zog sein Gesicht zu sich herab, seine Lippen auf den ihren. Ihr Mund öffnete sich, als sie seinen Mund aufnahm; sie saugte, atmete schnell, und ihr warmer Atem mischte sich mit den Säften, die aus ihrer Kehle emporstiegen. Sie legte die Hand auf seine Hose und griff nach seinem Penis ... hart, weich, hart. Härter. Plötzlich verlor sie alle Beherrschung; ihr Stöhnen wurde fieberhaft. Sie drückte sich gegen ihn. Überall.
Ihre geöffneten Lippen glitten von seinem Mund und sie flüsterte: »Morgen reise ich ans Mittelmeer. Zu einem Mann, den ich verabscheue. Sag nichts. Gib mir nur diese Nacht. Diese Nacht!«
Sie glitt zur Seite, ihr Mund glänzte, und ihre Augen waren so groß, daß sie wie besessen wirkten. Langsam richtete sie sich über ihm auf, und ihre weiße Haut war überall. Dann verebbte das Zittern. Sie ließ ihr nacktes Bein über das seine gleiten und erhob sich, zog sein Gesicht an ihre Hüfte und griff nach seiner Hand. Er stand auf, umarmte sie. Sie hielt seine Hand in der ihren; gemeinsam gingen sie auf die Schlafzimmertür zu. Und er hörte sie wieder mit jener gespenstisch ausdruckslosen hallenden Stimme sprechen.
»Johann hat gesagt, daß eines Tages ein Mann kommt und von einer seltsamen Abmachung spricht. Dann soll ich nett zu ihm sein und mir alles merken, was er sagt.«
12.
Holcroft erwachte verstört und wußte ein paar Sekunden lang nicht, wo er sich befand; dann erinnerte er sich. Gretchen Beaumont hatte ihn mit ungeheuerlichen Worten ins Schlafzimmer geführt. Er hatte versucht, herauszubekommen, was ihr Bruder sonst noch gesagt hatte. Aber ihr Zustand war nicht danach. Wie eine Rasende, völlig vom Sex besessen, konnte sie sich jetzt
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