Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag
Gretchen Beaumont mit ihrer weichen, hallenden Stimme. »Aber ich bin den größten Teil meines Lebens ziemlich außer mir gewesen, Mr. Holcroft. Daran war Wilhelm von Tiebolt schuld. Jetzt ist er für mich gestorben.«
»Das wußte er, verstehen Sie denn nicht? Er hat versucht, das gutzumachen. «
»Mit Geld?«
»Mit mehr als Geld.«
Gretchen beugte sich vor, und ihre Hand berührte langsam seine Stirn. Mit ausgestreckten Fingern wischte sie ihm die Schweißtropfen weg. Noel blieb unbewegt sitzen, war nicht imstande, seine Augen aus ihrem Blick zu lösen.
»Wußten Sie, daß ich Commander Beaumonts zweite Frau bin?«
»Ja, das habe ich gehört.«
»Die Scheidung war für ihn eine harte Zeit. Und für mich natürlich auch, aber mehr für ihn. Doch für ihn ist es vorüber;-gegangen; für mich wird es nicht vorübergehen.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich bin der Eindringling. Die Ausländerin. Jemand, der eine Ehe kaputtgemacht hat. Er hat seine Arbeit; er fährt hinaus auf See. Ich lebe unter denen, die das nicht tun. Das Leben der Frau eines Marineoffiziers ist schon unter normalen Umständen einsam. Aber wenn man sich ausgestoßen fühlt, kann es ganz besonders schwierig werden.«
»Sie müssen aber doch gewußt haben, daß so etwas geschehen könnte.«
»Natürlich. «
»Aber, wenn Ihnen das klar war...?« Er ließ die Frage in der Schwebe.
»Warum ich dann Commander Beaumont geheiratet habe? Wollten Sie das fragen?«
Er wollte überhaupt nichts fragen! Er interessierte sich nicht für die Intimitäten in Gretchen Beaumonts Leben. Genf war das einzige, was für ihn wichtig war; der Vertrag. Er brauchte ihre Unterstützung.
»Ich nehme an, Ihre Gründe lagen im Gefühlsbereich; dort liegen sie meistens, wenn Leute heiraten. Was ich sagen wollte, ist, daß Sie rechtzeitig hätten vorbauen können. Sie könnten weiter weg vom Marinestützpunkt leben, einen anderen Bekanntenkreis haben.« Er wurde weitschweifig, hilflos, und Verzweiflung stieg in ihm hoch. Er wollte und mußte ihre erbitternde Einigelung aufbrechen.
»Hinter meiner Frage steht mehr. Warum habe ich Beaumont geheiratet?« Wieder schwebte ihre Stimme; sie erhob sich still in die Luft. »Sie haben recht; es hat mit Gefühlen zu tun. Es sitzt ganz tief.«
Wieder berührte sie seine Stirn, und wieder öffnete sich ihr Kleid, als sie sich vorbeugte, und wieder lagen ihre üppigen Brüste frei. Noel war müde, erregt und zornig. Er mußte ihr klarmachen, daß ihre privaten Sorgen, verglichen mit der Genfer Mission belanglos waren! Und um das zu tun, mußte er sie dazu bringen, daß sie ihn mochte; und doch durfte er sie nicht berühren.
»Natürlich sitzt es ganz tief«, sagte er. »Sie lieben ihn.«
»Ich verabscheue ihn.«
Ihre Hand war jetzt wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt, ihre Finger undeutlich aus seinen Augenwinkeln sichtbar, undeutlich, weil ihre Blicke ineinander ruhten; er wagte nicht, seine Augen abzuwenden. Und er wagte nicht, sie zu berühren.
»Weshalb haben Sie ihn dann geheiratet? Weshalb bleiben Sie bei ihm?«
»Ich habe es Ihnen doch schon gesagt. Das sitzt ganz tief. Commander Beaumont hat ein bißchen Geld; er ist ein hochangesehener Offizier im Dienste seiner Regierung, ein langweiliger, uninteressanter Mann, der auf einem Schiff mehr zu Hause ist als sonstwo. Aus alldem läßt sich eine stille, sehr sichere Nische im Leben machen. Ich habe mich so bequem wie möglich darin eingerichtet. «
Das war der Hebel! Der Genfer Vertrag lieferte ihn ihm. »Zwei Millionen würden es Ihnen erlauben, sich einen noch viel besseren Schutz aufzubauen.«
»Vielleicht. Aber dazu müßte ich meine Nische hier verlassen, ich müßte hinausgehen -«
»Nur auf eine Weile.«
»Und was wäre dann?« fuhr sie fort, als hätte er sie nicht unterbrochen. »Draußen? Wo ich ja oder nein sagen müßte. Ich will nicht darüber nachdenken; das wäre so schwierig. Wissen Sie, Mr. Holcroft, ich war die meiste Zeit meines Lebens unglücklich, aber ich will kein Mitleid.«
Es war zum aus der Haut fahren! Am liebsten hätte er sie geohrfeigt. »Ich möchte gerne auf die Situation in Genf zurückkommen«, sagte er. Sie setzte sich auf dem Sitzpolster zurecht und schlug die Beine übereinander. Das durchsichtige Kleid schob sich über ihre Knie, legte das weiche Fleisch ihrer Schenkel frei. Die Pose war verführerisch, ihre Worte waren es nicht.
»Aber das tue ich doch«, sagte sie. »Vielleicht ungeschickt, aber ich versuche mich
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