Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag
Sparbücher?«
»Ja.«
»Zahle zehntausend Pfund ein. Die Überweisung soll über Prag laufen.«
»KGB? Sehr gut, Johann.«
»Die Briten werden einen Mann an die Gegenseite verlieren. Freundliche Diplomaten werden miteinander diskutieren, sich gegenseitig Vorwürfe machen, und jeder wird den anderen der Heuchelei bezichtigen.«
» Sehr gut.«
»Ich bin nächste Woche in Berlin. Dort kannst du mich erreichen. «
»So bald Berlin?«
»Ja, Kessler wartet. Wiederaufbau oder Tod .«
» Oder der Tod , mein Bruder.«
Tennyson legte auf und starrte in dem schwachen Licht auf das tote Tier, das vor ihm auf dem Boden lag. Er empfand für den Kadaver nicht mehr als für den Mann, der im Wagen auf ihn wartete. Er brauchte seine Gefühle für Wichtigeres als für Tiere und Versager — gleichgültig, wie ergeben sie auch sein mochten.
Beaumont war ein Narr, ein Urteil, das in einer Akte stand, die vor Jahren von Schottland nach Brasilien geschickt worden war. Aber er hatte die Energie eines Narren und auch das Gefühl, ein Tausendsassa zu sein, wie es für Narren so typisch ist. Er war tatsächlich ein hervorragender Marineoffizier gewesen. Dieser Sohn eines Sturmbannführers war auf der Karriereleiter der Königlichen Marine Ihrer Majestät zu einem Punkt aufgestiegen, wo man ihm wichtige Verantwortung übertrug. Zu viel für seinen Intellekt; es war nötig, diesen Intellekt zu lenken und zu leiten. Ihre Pläne hatten einmal vorgesehen, daß Beaumont zu gegebener Zeit zu einem Machtfaktor in der Admiralität werden sollte, ein Experte, den das Foreign Office konsultieren würde. Es wäre eine optimale Situation gewesen; man hätte ihnen dann durch Beaumonts Vermittlung außerordentliche Vorteile verschaffen können. Er war ein Sonnenkind geblieben; man gestattete ihm zu leben.
Aber jetzt nicht mehr. Durch den Diebstahl einer Fotografie war Beaumont erledigt, denn dieser Diebstahl barg die Gefahr
einer gründlichen Untersuchung. Und es durfte keine Untersuchung geben, gar keine; sie standen einander zu nahe, und es gab noch zu viel zu tun. Wenn Holcroft die Fotografie den falschen Leuten in der Schweiz gab, ihnen von Beaumonts Anwesenheit in New York oder Rio erzählte, dann könnte dies dazu führen, daß die Militärbehörden alarmiert wurden. Warum interessierte sich dieser hervorragende Offizier so für das Genfer Dokument? Zu dieser Frage durfte es nicht kommen. Dieser Sohn eines Sturmbannführers mußte entfernt werden. Eigentlich war es schade. Man würde den Commander vermissen; er war manchmal sehr wertvoll gewesen.
Gretchen kannte diesen Wert. Gretchen war Beaumonts Lehrerin... sein Intellekt gewesen. Sie war ungemein stolz auf ihr Werk, und jetzt verlangte sie Beaumonts Tod. Also gut. Sie würden einen anderen finden, der seinen Platz einnehmen konnte.
Es gab sie überall, dachte Johann von Tiebolt, als er zur Tür ging. Überall. Die Sonnenkinder . Die Kinder der Sonne, niemals mit den Verdammten zu verwechseln. Die Verdammten waren Abschaum und hatten keinerlei Rechte.
Die Sonnenkinder . Überall. In allen Ländern, allen Regierungen, in den Armeen und der Marine, in der Industrie und den Gewerkschaften, an der Spitze von Geheimdiensten und der Polizei. Und alle warteten still. Herangewachsene Kinder der neuen Ordnung. Tausende . Hinausgeschickt per Schiff und Flugzeug und Unterseeboot. An alle Enden der zivilisierten Welt. So weit über dem Durchschnitt stehend — was ihre Fortschritte überall Tag für Tag bestätigten. Sie waren der lebende Beweis für die Überlegenheit der nordischen Rasse. Sie waren von reinster Zucht. Und der Reinste von allen, der Hervorragendste von allen war der Tinamu.
Von Tiebolt öffnete die Tür und trat ins Freie. Beaumont hatte den Wagen fünfzig Meter weiterrollen lassen und die Scheinwerfer ausgeschaltet. Der Commander arbeitete immer streng nach Vorschrift. Seine Ausbildung trat in allem, was er tat, deutlich zutage — nur dann nicht, wenn seine Begeisterung stärker war als seine Vorsicht. Und jetzt würde ihn diese Begeisterung das Leben kosten.
Tennyson ging langsam auf den Wagen zu. Etwas abwesend dachte er darüber nach, wie alles für Anthony Beaumont angefangen hatte. Der Sohn des Sturmbannführers war zu einer Familie in Schottland geschickt worden; mehr hatte Tennyson nie erfragt. Man hatte ihm von Beaumonts Hartnäckigkeit berichtet, seiner Zähigkeit, seiner Zielbewußtheit, aber nicht, wie man ihn aus Deutschland hinausgebracht hatte. Es war nicht
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