Der Hollywood-Mord
rausgekriegt, wo sie den Namen Nigel St. Claire schon mal gehört hatten. Die Detectives vom Raub aus der Innenstadt, die Ganz-einfach-Bill Bozwells Fall bearbeiteten, erfuhren, wie gesagt, von dem Goldhändler, daß der Hausschlüssel und die Telefonnummer des Filmstudios nicht ihm gehörten. Darum kamen Al Mackey und Martin Welborn, das Mord-und-Totschlag-Team in Hollywood, keinen Schritt weiter, und sie verbrachten ihre Zeit damit, die Akten einiger anderer schwebender Fälle aufzuarbeiten.
Schreibtischaufräumen gehört zu den dunkelsten Stunden jeglicher Bürokratie.
Und weil Captain Woofer ziemlich schnell in den Dienst zurückkehrte, nachdem er erfahren hatte, daß die Traktoren das Königreich wirklich nicht erobert hatten, tauchten die Kopfjäger von der Abteilung Innere Angelegenheiten im Squadroom auf, um rauszukriegen, wer die Ladung Dope in die Pfeife des Captains geschmuggelt haben konnte. Auf der Liste der Verdächtigen stand Gladys Bruckmeyer, die wegen der seelischen Folgen jenes schicksalsschweren Tages immer noch krankgeschrieben war. Die Kopfjäger waren ausgesprochen sauer darüber, daß das Wiesel und das Frettchen es nicht fertigbrachten, die Termine für ihre Verhöre einzuhalten, aber nachdem die Drogenfahnder mit Ganz-einfach-Bill Bozwell (der schnell gegen Kaution aus dem Gefängnis kam) den großen Fang gemacht hatten, waren sie die Stars der ganzen Station. Sogar Captain Woofer hatte ihr Fehlen bei den Terminen mit den Inneren Angelegenheiten entschuldigt. Aber Captain Woofer war immer noch monomanisch, und er hätte mit Freuden ein Goldstück an den Mast genagelt, wenn er davon überzeugt gewesen wäre, daß es dazu führen würde, das Schwein zu harpunieren, das ihn so erbarmungslos gequält hatte.
So beschlossen Al Mackey und Martin Welborn, ein bißchen Balsam auf offene Wunden zu träufeln, bis sie entweder eine heiße Spur im Nigel-St.-Claire-Fall finden oder einen Glückstag erleben würden, an dem es ihnen einfallen würde, wie sie den Fall in einen Selbstmord verwandeln konnten. Eine der schmerzlichsten Wunden war für Martin Welborn der Fall Bonnie Lee Brewster.
Allgemein waren gerade die tüchtigsten und gewiß auch glücklichsten Detectives in der Lage, sich von keinem ihrer Fälle innerlich berühren zu lassen, sondern sich von ihnen fernzuhalten, sozusagen hinter ihren intakten Zäunen zu bleiben. Wirklich ernsthaft arbeiteten sie nur an den Fällen, von denen der Boß gesagt hatte, sie seien sehr wichtig, und ansonsten holten sie sich zweimal im Monat ihre Lohnschecks ab und kümmerten sich nur um die eigenen Gärten hinter dem Haus. Sie bekamen ihre Auszeichnungen und goldenen Ausweise und amüsierten sich auf Abschiedspartys, auf denen sie unheimlich viel soffen und über ausgeschiedene Detectives klatschten, die inzwischen bequeme Jobs als Firmensicherheitschefs hatten und dafür achtzig Riesen im Jahr kassierten.
Aber Martin Welborn war einer von diesen selbsternannten mittelprächtigen Durchschnitts-Detectives, der sich niemals Zäune baute, oft den Überblick verlor und jetzt sogar Gefahr lief, auch noch seinen Sinn für Humor zu verlieren. Das war der Grund, warum Al Mackey in letzter Zeit geradezu übernervös war und einen beinahe unwiderstehlichen Drang hatte, in Martys Apartment zu gehen und seinen Paprika und Zimt durcheinanderzumischen, vielleicht auch seine Socken in die Schublade für Unterwäsche zu werfen, nur um zu sehen, ob Marty es verkraften könne.
Noch etwas beunruhigte Al Mackey: Diese zwanghaften Stopps an der St.-Vibiana-Kathedrale, verdammt noch mal, fast jedesmal, wenn sie in die Innenstadt zum Polizeigebäude fuhren. In über zwanzig Jahren hatte Al Mackey nie einen Partner gehabt, der eine Kirche zu besuchen wünschte. Es war unnatürlich.
Martin Welborn wußte, daß er nicht lange bleiben durfte. Al wollte so schnell wie möglich wieder in Hollywood sein. Es war erstaunlich, wie schnell in der St.-Vibiana-Kathedrale die Zeit verging. Er erinnerte sich, wie er in der frühen Amtszeit von Johannes XXIII. hier zur Messe gegangen war, in der Zeit, in der er sogar mit einem Krankenbett auf den Rücken geschnallt hergekommen wäre, bevor er eine Messe versäumt hätte. Das war vor den Messen in den Landessprachen und den Gitarrenmessen und den Priestern mit der charismatischen Ausstrahlung und dem gegenseitigen Sichbetasten und Sichbefühlen am Ende der verweltlichten Gottesdienste: »Entbieten wir einander das Zeichen des Friedens!« Vor
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