Der Hollywood-Mord
es in der F.I.-Karte eingetragen war. Es war ein typisches Hollywood-Zwei-Zimmer-Apartment, was darauf schließen ließ, daß die Arbeitslosenunterstützung gerade auslief. Er hatte tatsächlich eine Glatze, war genauso mager wie Al Mackey und außerordentlich erregt darüber, daß seine TV-Sendung Friday nights at the Movies von zwei Polizisten unterbrochen wurde, die hereinschneiten, um über einen Mord zu reden. Tatsächlich ging ihm der Arsch auf Grundeis, und er saß stinkend vor Angst auf seinem Tagesbett, während sich die Detectives rittlings auf Küchenstühle setzten.
»Ich hätt doch längst die Cops gerufen, wenn ich was wüßte, was euch helfen könnt!« Griswold Weils nagte an seinen vom Rauchen gelben Fingerschwielen. »Ich hab nie ne Figur gesehen, ehrlich nicht, nie. Wenn ich da nachts zu der Bowlingbahn gegangen wär und Mister St. Claires Leiche überrollt hätt, glauben Sie nicht, daß ich die Cops gerufen hätt?«
»Haben Sie was darüber gelesen?« fragte Martin Welborn.
»Klar hab ich was drüber gelesen«, sagte Griswold Weils. »Und ich hab's auch im Fernsehen gesehen und alles.«
»Warum sind Sie so ängstlich, Griswold?« fragte Al Mackey.
»Bei Cops bin ich immer ängstlich.«
»Wie oft waren Sie im Knast?« fragte Al Mackey.
»Ein paarmal. Nichts Besonderes. Niemals im Zuchthaus oder so.«
»Warum sind Sie eingesperrt worden?«
»Ich hab mal … 'n paar Fotos gemacht. Zweimal.«
»Was? Pornos?« fragte Al Mackey. »Kinderpornos?«
»Yeah. Beide Male haben mich die Sittenbullen genagelt. Hab ein für allemal damit aufgehört. Hab sowieso nie Geld damit gemacht.«
»Womit verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt?« fragte Martin Welborn.
»Kameramann. Ich versuch's. Hab früher 'n paar Filme gemacht. Richtige Filme, mein ich. Spielfilme. Hab auch mal Fernsehen gemacht. Hab zuviel getrunken.«
»War das in der Zeit, als Sie da reingeraten sind und Kinderpornos gemacht haben?«
»Zweimal«, stöhnte Griswold Weils. »Zweimal. Ich bin beide Male eingebuchtet worden. Es war der Suff. Ich bin über ein Jahr von dem Zeug weg. Ich hab mit Rollschuhlaufen angefangen. Ich habe ein Talent entdeckt, von dem ich gar nicht wußte, daß ich's hatte. Im Alter von zweiundfünfzig hab ich entdeckt, daß ich 'n Flieger bin! Sie sollten mich auf Rollschuhen sehen. Es hat mein Leben verändert. Ich versuch grade, wieder ins Fernsehen zu kommen. Ich war große Klasse hinter der Kamera. Ich hab drei Spielfilme gemacht! Ich hatt ne große Karriere vor mir, bevor ich ans Saufen kam. Ich schaff bestimmt 'n Comeback.«
Wenn sie nach Furcht stinken, versucht ein Detective schon mal einen Bluff: »Wie gut kannten Sie Nigel St. Claire?« Martin Welborns Frage kam ganz plötzlich.
»Officer! Ich schwör's Ihnen. Ich hab Mister St. Claire in meinem ganzen Leben nicht getroffen. Ich schwör's Ihnen!«
»Sie lügen«, sagte Al Mackey. Und fügte dann, um auf Martys Bluff noch einen draufzusetzen, hinzu: »Partner, ich glaube, es ist an der Zeit, Mister Weils auf seine verfassungsmäßigen Rechte hinzuweisen.«
»Wozu?« fragte Griswold Weils. »Wozu?«
»Wir müssen Sie aufs Revier mitnehmen«, sagte Al Mackey. »Wir ermitteln in einem Mordfall. Wir haben einen Zeugen, der sagt, daß Sie irgendwas wissen. Sie lügen, und deshalb wissen Sie vielleicht eine Menge.«
»N Zeugen? Was fürn Zeuge?«
»Sie ticken nicht richtig, Griswold«, sagte Al Mackey. »Sie denken, Sie wären ich. Jetzt stellen Sie mir die Fragen.«
Und dann stand Griswold Weils von seinem Tagesbett auf und setzte sich wieder hin. Stand auf und setzte sich noch ein zweites Mal wieder hin. Er guckte aus der Wäsche, als könne er direkt durch das Fenster davonrollen. Es war leicht, sich einen Mann wie Griswold Weils vorzustellen, wie er im Dunkel der Nacht selig über leere Parkplätze flog und dabei all die Geister hinter sich ließ, die ihn in die Flaschen rein- und wieder raushetzten. Er stank nach Furcht.
»Hörnse auf zu lügen!« sagte Al Mackey etwas vertraulicher.
»Ich will nicht aufs Revier«, sagte Griswold Weils. »Ich hab Mister St. Claire, oh, warten Sie mal, vor fünf Jahren zuletzt gesehen. Ungefähr in der Zeit, in der ich meinen letzten Spielfilm gemacht hab. Ich hab ihn nie gesehen, als ich dann Fernsehwerbefilme machte.«
»Warum erzählen Sie uns nicht alles und fühlen sich dann viel besser und kriegen noch das Ende von Ihrem Film mit, wenn wir weg sind«, sagte Martin Welborn, während er aufstand und den
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