Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hort der Waechter

Der Hort der Waechter

Titel: Der Hort der Waechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
Vom Netzwerk:
trocken, die Zunge schwer. Seine Lippen bewegten sich zunächst stumm, bis er endlich die Frage stellte, die ihn mehr als alles andere beschäftigte.
    »Gabriel«, setzte er an, »bist du der, für den ich dich halte?«
    Der Junge sah nachdenklich zu dem Vampir hin.
    »Für wen hältst du mich denn?«
    »Für den, der unser Volk erneuern wird!« entgegnete Landru voller ungezügelter Leidenschaft. »Für den, der sich dem Niedergang der Alten Rasse entgegenstellt! Der ihre Macht zu frischer, zu nie gekannter Blüte führen wird!«
    Gabriel begegnete Landrus erwartungsvollem Blick mit Schwei-gen.
    »Ich halte dich«, fuhr der Hüter fort, nun in fast sachlichem, ruhigem Ton, »für den Messias der Vampire.«
    Der Junge sagte eine ganze Weile nichts, als müßte er Landrus Worte auf sich wirken lassen. Dann stahl sich ein feines Lächeln auf seine schmalen Lippen.
    »Aus welchem Grund glaubst du, daß ich der bin, für den du mich hältst?«
    »Weil alles darauf hindeutet«, erwiderte Landru, und in seinen Augen gloste ein Feuer, das unzweifelhaft Fanatismus schürte. »Die Zeit ist reif für das Erscheinen eines Erlösers, und ich habe die Zeichen gesehen.«
    »Zeichen welcher Art?«
    »Du weißt, wovon ich spreche«, sagte der Vampir. »Ich habe dich beobachtet durch den Kelch, und ich bin sicher, daß auch du mich gesehen hast. Das bedeutet nichts anderes, als daß wir einander begegnen sollten.«
    Die merkwürdige Scheu, die Landru bislang verspürt und die ihn gehemmt hatte, all das zu sagen, was die Situation seiner Meinung nach verlangte, war von ihm abgefallen wie eine alte Haut. Er fühlte sich stark und voller Eifer, beseelt von einer Kraft, die allein von der Präsenz des Kindes herzurühren schien.
    »Ich habe gesehen, wie du Tinto, das Sippenoberhaupt von Rom, getötet hast«, sprach er weiter, »und mir wurde alles klar. Die Blutväter der Familien wurden von der Seuche verschont, damit du dich von ihren nähren kannst. Ihre Kraft geht auf dich über, und du wirst sie nutzen für die Neugeburt eines ganzen Volkes.«
    Gabriel nickte langsam.
    »Ja, ich nutze die Kraft«, bekannte er. »Sie weckt, was in mir schlummert, Stück um Stück. Und bald schon wird alles in mir dem Schlaf des Vergessens entrissen sein, wird meine Kraft die Potenz derer sein, die ich zu mir genommen habe. Bald .«
    Etwas im Gesicht des Jungen irritierte Landru für einen flüchtigen Moment. Dann war es vorüber. Die Gewißheit, daß das Schicksal sich nach seinem Wunsch wenden würde, ließ ihn kaum etwas anderes wahrnehmen.
    Er lachte düster, als er an jene dachte, die ihn in all den Jahren verlacht hatten, da er als Hüter schon nach einem besonderen Kind Ausschau gehalten hatte, das der Messias der Alten Rasse sein konnte. Nie war er fündig geworden, und irgendwann hatte auch er die Suche aufgegeben. Doch ganz und gar vergessen hatte er die Prophezeiung nie. Zu Recht, wie sich nun bewies.
    Oh, er würde dem Jungen helfen, sich an der Kraft all jener zu laben, die sein Ansinnen vor langer Zeit als Hirngespinst eines Verzweifelten abgetan hatten. Und er selbst, Landru, würde es sein, der ihnen letztlich den Hals brach! Vergessen war der Kodex, der da besagte, daß kein Vampir einen anderen töten durfte. Eine neue Zeit brach an - eine Zeit, in der er, Landru, die Regeln schrieb!
    »Laß uns aufbrechen«, sagte er schließlich.
    »Aufbrechen?« fragte Gabriel. »Wohin?«
    »Zu jenen, deren Kraft du dir nehmen sollst«, antwortete der Hüter konsterniert. »Ich führe dich zu ihnen. Wir sollten keine Zeit verlieren.«
    »Nein, das sollten wir nicht ...«, meinte der Junge lahm.
    Landru sah ihn auffordernd an und erhob sich. Gabriel folgte seinem Beispiel. Der Vampir ging voran zur Tür, die leisen Schritte des Jungen hinter sich hörend.
    Bis sie plötzlich verstummten.
    Landru wandte sich um, doch er vollendete die Drehung nie.
    Etwas traf ihn in der Bewegung und stieß ihn zu Boden, mit der Kraft und Gewalt eines angreifenden Tieres. Trotzdem waren es kleine Hände, die im Liegen nach seinem Gesicht tasteten, ein kleiner Körper, der sich über den seinen schob.
    »Was soll das?« preßte Landru hervor, mehr überrascht denn wirklich erschrocken.
    Eine kleine Faust raste in sein Blickfeld, und sie hielt etwas Dunkles, Großes - - und Hartes, wie er im nächsten Moment feststellte, als das »Etwas« seine Schläfe traf und dort zu explodieren schien!
    Ehe die Schwärze um ihn herum selbst für seine Augen undurchdringlich wurde,

Weitere Kostenlose Bücher