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Der Hühnerführer: Roman (German Edition)

Der Hühnerführer: Roman (German Edition)

Titel: Der Hühnerführer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Weitmayr
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vor der Turandot hatte ich die Karten tatsächlich beisammen. Beinahe zumindest. Zwei Stück fehlten. Doch da war nichts mehr zu machen. Sie befanden sich bereits im Besitz eines britischen Hotelgastes, der bei der Konkurrenz abgestiegen war. Mein Kollege hatte die Tickets zwei Stunden vorher übergeben. Ein Versuch die Karten gegen 200 Prozent Aufschlag zurückzukaufen – und zwar auf den Endpreis – war grandios fehlgeschlagen. 
    „ Aber Sie wissen demnach, wer die Karten hat?“ 
    „ Ja.“ 
    Dvorschak zückte Notizblock und Bleistift. „Ich höre.“  
    „ Ich habe bereits versucht, Sie zurückzukaufen. Aber der Gast hat mir erklärt, dass er selbst genug Geld hätte. Mehr jedenfalls als von der Zeit, die er bräuchte, um für die Turandot wieder nach Wien zu kommen.“ 
    „ Ich höre.“ 
    „ Was haben Sie vor?“ 
    „ Glauben Sie mir: Niemand kommt zu Schaden und wir machen es so, dass garantiert kein Verdacht auf Sie fällt.“ 
    „ Was soll das heißen?“ 
    „ Das wissen Sie schon. Also, bitte: Name, Hotel, Zimmer und im Gegenzug nochmals 100 Prozent auf alle Karten.“ 
    Zuzüglich zu den bereits verlangten 200 Prozent, die in meine Taschen flossen, machte das 300 Prozent auf acht Karten zu je 800 Schilling. Das bedeutete einen Nettogewinn von 19.200 Schilling und die Aussicht, diesen Sommer nicht an die Adria fahren zu müssen, sondern vielleicht doch nach Spanien fliegen zu können.   
    Ich nannte Name, Hotel und Zimmernummer.  
       
     
    ***
     
     
    “ ... kam es während der Aufführung von Turandot zu einem Attentat mit tödlichem Ausgang. Das Opfer, dessen Name aus ermittlungstechnischen Gründen nicht bekannt gegeben wurde, soll auf der Stelle tot gewesen sein. Ein terroristischer Hintergrund …” 
    Ich schaltete das Autoradio aus.  
    “ Scheiße.” 
     
     
    ***
     
     
    “Die einzige Sache, die ich nicht verstehe, ist, warum die Polizei noch nicht bei mir angeläutet hat.” Herr Edi betrachtete mich über den Rand seine Cognac-Schwenkers.  
    “ Wieso sollte sie das?” fragte ich. Angestrengt vermied ich Blickkontakt. Der Schwarzmarkthändler stellte sein Glas auf dem kleinen Beistelltisch neben seinem Fauteuille ab und zog eine kleine Messingbüchse aus der Innenseite des Sakkos. Umständlich entnahm er den Spitz und steckte einen, sanften Zimtgeruch verströmenden, Zigarillo auf. Beim Inhalieren des ersten Zuges, schloss er die Augen. 
    “ Herr, Alexander, ich bitte Sie. Das ist beleidigend.” 
    Ich winkte einem Kellner zu, der seinen Blick zuvor nicht schnell genug zu Boden gerichtet hatte – Bodenblick: klassische Wiener Kellnerkrankheit – und   zeigte auf mein leeres Whisky-Glas. Mürrisch ob des zusätzlichen Arbeitsaufwandes nickte er mir zu und verschwand in einem der vielen Winkel, hinter denen ich irgendwo die Küche vermutete. 
    “ Worauf wollen Sie hinaus?” 
    “ Darauf, dass etwas an der Sache ganz fürchterlich stinkt.” 
    “ Ich verstehe immer noch nicht, was Sie wollen.” 
    Herr Edi schüttelte leise den Kopf. “Herr Alexander, wirklich, jetzt kennen wir uns mehr als 15 Jahre. Sie wissen genau so gut wie ich, dass der Schuss aus der Loge kam, für die Sie versucht haben, alle Karten aufzukaufen. Was Ihnen bis auf zwei gelungen ist. Von dem Unglücklichen, der die letzten Tickets nicht herausgeben wollte, hört man, dass er auf dem Weg zur Turandot überfallen und zusammengeschlagen wurde und deshalb die Vorstellung versäumt hat. Diese Oper scheint manchen Leuten kein Glück zu bringen.”  
    “ Dann sollten wir beide vielleicht zusehen, dass wir so wenig wie möglich über diese Oper reden. Wenn sie so viel Pech bringt, wer weiß, was alles noch geschehen kann.” 
    Herrn Edis Augen weiteten sich kaum merkbar. Er lehnte sich zurück, zog tief an seinem Zigarillo. “Herr, Alexander, nach all den Jahren überraschen Sie mich diesmal wirklich.”  
    “ Vielen Dank.” 
    “ Ich hatte das nicht als Kompliment gemeint” 
     
     
    ***
     
     
    “Werden Sie mir sagen, worum es ging?” Ich starrte auf das dicke Kuvert, das zwischen mir und Herrn Dvorschak lag. Dieser nickte nur Richtung Umschlag: “Die vereinbarten 19.200 plus ein 50-prozentiger Bonus wegen all der Umstände.” 
    Ich nahm das Päckchen an mich.  
     
     
    ***
     
     
    “Que te pasa, amor mio? Was ist los, wieso rufst Du an? Du klingst so seltsam.” 
    Ich hielt den schwarzen, kalten Telefonhörer an mein Ohr gepresst. Den Gestank von Urin in der

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