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Der Hühnerführer: Roman (German Edition)

Der Hühnerführer: Roman (German Edition)

Titel: Der Hühnerführer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Weitmayr
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Sammelband, sondern ein Einzelheft.” 
    “ Die sind so schnell aus!”, protestieren sie, fast einstimmig. “Wir haben's gleich. Sekunde. Gleich.” 
    Ich sah entschuldigend zur Trafikantin. “Sie haben's gleich.”  
    Sie lächelte und meinte, an die Zwillinge gerichtet: “Das ist schon in Ordnung. Wenn einem der Opa Comics kauft, muss man das ausnützen.”  
    Die Zwillinge merkten nichts.   
    Ich errötete.  
    Die Trafikantin merkte nichts.  
     
     
    ***
     
     
    “Bitte, bitte”, quengelte Johannes. 
    “ Ja, bitte, bitte.” Benjamin, der um zwölf Minuten jüngere. 
    Ich legte die Zeitung zur Seite.  
    “ Nein, wir haben FS1 und FS2, das reicht vollkommen.” 
    “ Nein!”, die Buben starrten mich entsetzt an. “Nein, bitte. Da gibt es doch keine Videos!” 
    “ Videos?” 
    “ Ja”, krähte Benjamin. “Musikvideos!”, bestärkte ihn Johannes. 
    “ Was, bitte schön, sind Musikvideos?” 
    Sie rollten ungeduldig die Augen.  
    “ Na, Videos, in denen Musik gezeigt wird.” 
    “ Musik wird gehört, nicht geschaut.” 
    Ich klappte die Zeitung wieder hoch.  
    “ Mammaaa!”, brüllten die beiden 
    Carolina betrat den Raum, ich klappte die Zeitung herunter, um meine Frau zu betrachten, schöner, als je zuvor und das mit jedem Tag. Sie lächelte, wie immer, egal, welches Wetter, egal wie schlecht gelaunt ich war, egal wie spät am Abend man mich aus dem Hotel anrief, weil wieder irgendein Schlüssel nicht auffindbar, eine Reservierung verschwunden war oder die Dienste von Herrn Edi benötig wurden.  
    “ Philip?” 
    Ich spürte, wie ich nachgab, bevor der Satz ausgesprochen war. Ich hob die Zeitung an  
    “ Ja?”, brummte ich. 
    “ Sei nicht so. Alle in der Klasse haben Kabel TV.” 
    “ Wenn alle die Reichsbrücke hinunter springen...?” 
    “ Papa!”, schallte es mir, entrüstet  ob des Klischees, von den Zwillingen entgegen. 
    Mich eigentlich schon in mein Schicksal eingefunden habend, klappte ich die Zeitung abermals hinunter. “Ich weiß nicht, wozu wir Kabel TV brauchen. Wenn ihr Musik sehen wollt, gibt es auf FS1 den Wurlitzer mit Peter Rapp...”  
    “ Papaaaaa!” 
     
     
    ***
     
     
    “Nein, Schatz.” 
    “ Verdammt, wieso nicht? Ich habe Ihnen klipp und klar gesagt, sie sollen dich täglich anrufen, weil Du Dir Sorgen machst...” 
    “ Cariño, sie wissen, dass ich mir keine Sorgen mache.” 
    “ Was heißt hier, Du machst Dir keine Sorgen?” 
    “ Ya sabes, was ich möchte sagen.” 
    “ Nein, weiß ich nicht.” 
    “ Ich mache mir schon Sorgen, aber nicht so sehr wie Du.” 
    “ Ich mache mir keine Sorgen.” 
    “ Seit sie auf Skikurs sind. Du rufst mich drei Mal cada dia an, um mich zu fragen, ob Sie angerufen haben. Du bist krank vor Sorge, mi amor.” 
    “ Ich mache mir nur Sorgen, dass Du Dir zu viel Sorgen machst. Ich habe Ihnen extra gesagt, dass sie anrufen, damit Du Dir keine Sorgen machst ...” 
    “ Das ist süß von Dir, Schatz.” Sie machte ein Kussgeräusch in den Hörer. “Aber jetzt mach Dir keine Sorgen, übermorgen sind sie ja wieder da.” 
    “ Ich mache mir keine Sorgen!” 
     
     
    ***  
     
     
    Zwei Tage später standen wir vor der Schule. Der Autobus rollte auf den Parkplatz zu. Die Mütter reckten ihre Hälse, stellten sich auf die Zehenspitzen, winkten, sobald sie ihre Kinder sahen. Die Väter blickten betont gelangweilt, erlaubten sich ein nachlässiges Nicken, wenn sie von ihren Frauen in die Seite gestoßen wurden: “Da, da, schau!”  
    Die Väter zerrten die Koffer aus dem Inneren des Busses. Ich fluchte, weil sich der zweite verkeilt hatte. Ich hätte mir Zeit lassen können, denn es dauerte, bis sich die Zwillinge von ihren Freunden verabschiedet hatten. Johannes trennte sich kurz von seinem Bruder und näherte sich einem hübschen, brünetten Mädchen, das den Teufel in den Augen trug. Sie lächelte ihn an. Er schluckte so trocken, dass selbst ich, zehn Meter entfernt, seinen Adamsapfel hüpfen sehen konnte. Benjamin schlenderte nonchalant zu uns hinüber. Als er vor uns stand, nickte er uns zu. “Hallo Mama, hallo Papa.” Bevor Carolina auf ihn zustürzen und an ihr pochendes Mutterherz drücken konnte, hatte ich sie an der Schulter gepackt. Sie sah mich erzürnt an. Ich schüttelte in einer Nicht-vor-den-Schulfreunden-Geste stumm den Kopf.   
    “ Was ist denn da los?” Ich deutete zu Johannes und dem Mädchen. 
    Benjamin blickte zurück, als wüsste er nicht, worum es

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