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Der Hühnerführer: Roman (German Edition)

Der Hühnerführer: Roman (German Edition)

Titel: Der Hühnerführer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Weitmayr
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Höhe, presste sie gegen die Ohren.  
    … ck. 
    Die Druckwelle, schleuderte mich zu Boden. Der mitgerissene Staub, die mitgewirbelten Felsbrocken, schossen an der Kante vorbei, senkrecht in den Himmel. Ich schlang meine Arme um den Kopf, und versuche mich vor dem steinernen Niederschlag, der jede Sekunde auf mich einprasseln musste, so gut es ging zu schützen.  
    Tick.  
    Tack.  
    Tick.  
    Tack.  
    Tick.  
    Tack.  
    Tick.  
    Nichts.  
    Tack.  
    Tick.  
    Ich öffnete die Augen.  
    Tack.  
    Tick.  
    Nahm die Arme vom Kopf.  
    Tick.  
    Richtete mich auf.  
    Tack.  
    Türkensitz.   
    Schüttelte den Staub aus den Haaren.  
     
    Klick. 
     
    Ein Kieselstein. 
     
    Ich blicke zur Sphinx. „Ich nehme an, es ist derselbe? 
    „ Hast Du das erwartetet“ 
    „ Nein.“ 
    „ Aber Du warst Dir sicher, oder?“ 
    „ Ja.“ 
    „ Was ist geschehen?“ 
    „ Es kam etwas anders, als ich erwartet hatte.”  
     
     
    ***
     
     
    Ich wurde von meinem eigenen Speichelaustritt aufgeweckt. Mühsam richtete ich mich im Beifahrersitz auf. Meine Glieder waren steif gefroren, mein Nacken schmerzte, mein Hals auch. Ich räusperte mich, sah nach links, erwartet beinahe einen Löwenkopf zu sehen, wurde enttäuscht. Schüttelte die letzten wirren Traumfetzen aus meinem Schädel, verbot mir, über sie nachzudenken, fragte stattdessen: “Wie lange noch?” 
    “ Nicht mehr lange.” 
     
     
    ***
     
     
    Beim zweiten Mal war es nicht mein eigener Speichel, sondern ein nicht ganz sanfter Knuff, der mich aufweckte. Ich fuhr erschreckt hoch. Desorientiert blickte ich mich um. Draußen war es inzwischen stockdunkel. Trotzdem erkannte ich die Umrisse der Bäume, die uns umgaben, gut. Von links eiskalter Zug. Die Türe war offen, der Fahrer bereits ausgestiegen. Ich tat es ihm gleich, brauchte nicht nach oben zu blicken, um zu wissen, dass sich über mir ein perfekter Sternenhimmel aufgespannt hatte, denn die Kälte außerhalb des Wagens war von einer Art, wie sie nur glasklare, wolkenlose Nächte hervorbringen. Der Dampf den ich aus meinem Mund hervorstieß breitete sich fahl leuchtend vor mir aus, der Boden unter mir gefroren, dabei war es erst Mitte Oktober. In ein paar Stunden würde die Sonne noch über genug Kraft verfügen, um die Erde wieder aufzutauen. 
    “ Wohin?”, rief ich dem Fahrer nach. Die geringe Tragweite meiner Stimme erschreckte mich. Sterne, Bäume und Kälte schienen den Ruf aufzusaugen, in Watte zu tauchen und ihn zu  einem kindlichen Hauch werden zu lassen. Nichtsdestotrotz deutete mir der Fahrer ärgerlich, ich solle leiser sein und ihm folgen. 
    Ich beeilte mich, zu meinem Begleiter aufzuschließen. Es tat gut, sich zu bewegen, auch wenn die ersten Schritte schwer fielen. Bleierne Schwere hatte sich in meinen Beinen festgesetzt. Ein Mal rutschte ich beinahe aus. Der Fahrer drehte sich nicht um, ging weiter.   
    Wir gingen ein ganzes Stück. Ich verbiss mir die Frage, ob wir bald da sein würden. Ich kam mir ohnehin schon wie ein kleines Kind am Rockzipfel eines enervierten Erwachsenen vor.   
    Der Chauffeur blieb stehen. Ohne Vorwarnung. Unvermittelt. Ich lief beinahe in ihn hinein. Er hob eine Hand, um meinen unvermeidlichen Protest im Keim zu ersticken. Also schwieg ich. Er horchte in die Stille des Waldes hinein.   
    Erste Nebelschwaden zogen durch die Bäume. Sie dämpften das Leben der Nacht noch weiter.   
    Ich hielt den Atem an.   
    Und dann hörte ich es, durch das pulsierende Hämmern hindurch, mit dem mir das Blut durch die Ohren schoss.  
    Schritte.

Wie wir waren 
     
     
    Wenn ich jemals Probleme mit den späten 60er-Jahren gehabt hatte, hatte mich nichts, aber auch wirklich nichts auf die 80er-Jahre vorbereiten können. Befand man sich auf der Straße, war es praktisch unmöglich geworden, Jungen und Mädchen voneinander zu unterscheiden. Gut, lange Haare hatte es in den 70ern auch gegeben, aber Männer trugen damals wenigstens ordentliche Schnurrbärte, die eine Verwechslung unmöglich machten. In diesem schrillen Jahrzehnt legten sich die jungen Männer Löckchen, dazu ließen sie sich Strähnchen färben und auf diesem Fernsehmusiksender war ohnehin jeder zweite Sänger geschminkt wie eine Nutte am Wiener Gürtel. Meine Jungs fanden das großartig. Sie wuschen sich jeden Tag das Haar, damit es schön weich war und entsetzten sich über die ungepflegten Männer früherer Generationen. Schockiert sahen sie im Fernsehen Serien aus den 70er Jahren, in

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