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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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auf, um zu sehen, wohin man seinen Hengst brachte, und hoffte, dass sich Fortunatus derweil trollte. Aber nein, er wartete draußen auf Wittiges und redete sofort auf ihn ein.
    „Und nun sorge ich dafür, dass du zu einer anständigen Mahlzeit kommst, damit dieser Ausdruck eines hungrigen Wolfs aus deinem Gesicht verschwindet. Wie ist es dir überhaupt gelungen, in die Stadt zu kommen? Weißt du nicht, dass sie seit Monaten, ach was, seit Jahren von Chilperichs Horden heimgesucht wird? Erstaunlich, dass es überhaupt noch so etwas wie Leben innerhalb dieser leidgeprüften Mauern gibt. Und das Umland ist zu einer Einöde verkommen.“
    Wittiges fühlte sich zu erschöpft, um den Redeschwall zu unterbrechen oder mit seinen eigenen Erfahrungen zu würzen. Ja, es war schwierig gewesen, bis hierher zu gelangen, aber er hatte nichts anderes erwartet. Er schwieg sich über eine tote, wahrscheinlich verstoßene und von Füchsen oder anderem Raubzeug angenagte Frau aus, die er beim Wasserlassen unter einem Gebüsch entdeckt hatte, über hungrige Kinder, die ihn angebettelt hatten,  über Dörfler, die sein Pferd haben wollten, um es zu schlachten und ähnliche Vorkommnisse. Leid tat es ihm um das schlecht bestellte Land, beste Voraussetzung für einen Hungerwinter, der nun nicht mehr allzu fern lag. Einen großen Bogen hatte er um ein Dorf gemacht, das gerade von feindlichen Kriegern heimgesucht wurde. Dabei behauptete Chilperich nach wie vor, dass die Civitas von Tours nun zu seinem Herrschaftsbereich gehörte.
    An das alles dachte Wittiges, während er Fortunatus bis zum Küchentrakt folgte, in dem dieser verschwand und aus dem er wenig später mit strahlender Miene wieder heraustrat. Er winkte Wittiges hinein.
    Der Koch, ein Laienbruder mit vertrauenerweckend umfangreichem Wanst, musterte Wittiges kritisch, wies ihm einen Platz an einem langen, blank gescheuerten Tisch zu und setzte ihm gleich darauf einen gewaltigen Humpen Bier vor. Dem guten Bier folgte leider eine Platte mit kaltem, zähem Fleisch und lauwarmer, beinahe geschmackloser Getreidebrei. Daran merkte Wittiges, dass mittlerweile selbst die Klöster Mangel litten.
    Fortunatus schaute Wittiges beim Essen zu, während er wieder das Wort ergriff.
    „Hast du nicht gewusst, dass ich in Poitiers lebe? Ich diene Königin Radegunde als Sekretär.“
    Wittiges schob den Brei beiseite, der ihm unangenehm am Gaumen klebte. „Welche Königin Radegunde? Muss ich von der wissen?“
    Fortunatus lachte laut auf, was dem Koch ein Grunzen entlockte. „Wenn ihr fertig seid, dann verschwindet“, forderte er sie auf, „dies ist keine Gastwirtschaft.“
    Inzwischen war Wittiges eingefallen, wer Radegunde war. Sie war mit König Chlotar verheiratet gewesen, Chilperichs und Guntrams Vater. Radegunde lebte also immer noch. Einiges wusste Wittiges tatsächlich über sie. Dass sie eine thüringische Königstochter war, die als halbes Kind von Chlotar in die Ehe gezwungen worden war, um die Oberhoheit über die gerade eroberten thüringischen Gebiete zu festigen. Radegunde hatte aber schon bald das Gezänk von Chlothars anderen vier Ehefrauen nicht mehr ausgehalten und war geflohen. In Poitiers hatte sie dann ein Kloster gegründet, in dem sie sich vor ihrem verhassten Ehemann verschanzte. Angeblich war sie eine Asketin, eine lebende Heilige, die ein Herz für die Armen und Leidbeladenen hatte.
    „Und was machst du hier, wenn du eigentlich Sekretär einer Äbtissin bist?“, fragte er, nicht sonderlich erpicht auf die Antwort.
    „Sie ist keine Äbtissin, sondern nur eine einfache Klosterfrau“, antwortete Fortunatus und zwinkerte.
    „Kaum zu glauben. Aber ich nehme an, dass sie zwar nicht offiziell die Leitung ihres Klosters übernommen hat, aber dennoch alle wichtigen Fäden zieht.“
    „Ja, mein Freund.“ Gönnerhaft schlug ihm Fortunatus auf die Schulter. „Ich bin als ihr Unterhändler hier in Tours. Es gibt eine Auseinandersetzung um das Grab des Heiligen Hilarius in Poitiers und um die Reliquie, die Radegunde für ihr Kloster hat besorgen lassen. Ein Splitter des wahren Kreuzes Christi. Radegunde macht Hilarius’ Grab die Pilger abspenstig, und das ärgert den Bischof von Poitiers, der sich um seine Einnahmen geprellt sieht. Daher sucht sie Unterstützung bei Gregor, mit dem sie schon lange befreundet ist. Ich traf mich mit ihm hier, weil wir hier ungestört und unbelauscht miteinander reden konnten. Aber da ist noch etwas. Komm setzen wir uns draußen auf die

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