Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman
hat noch einen Sohn, Rekkared. Was hältst du davon, wenn wir ihm Rigunth für Rekkared anbieten?“
„Aber Hermenegild ist der ältere“, brauste Fredegund auf. „Wenn schon, dann hätte es Hermenegild sein müssen.“
„Das geht nun nicht mehr“, wandte Chilperich geduldig ein. „Hast du mir nicht zugehört?“
„Und was meinst du damit, ich soll etwas von meinem Vermögen opfern? Für die Mitgift? Wie käme ich dazu?“
„Weil Rigunth eine größere Mitgift braucht als Ingund, wenn wir das Gesicht wahren wollen.“
„Rigunth wird außer sich sein, wenn sie hört, dass sie nur die Braut des jüngeren ist.“
„Hauptsache, sie wird überhaupt eine Braut - und zwar eine westgotische. Ich lasse sofort die Verhandlungen mit Leovigild aufnehmen - bevor er sich allzu sehr Brunichild und Austrasien verbunden fühlt.“
„Als wenn er das nicht längst schon wäre.“
„Ich soll nach Toledo?“ Das Mädchen war totenblass geworden. Fredegund hatte ihre Tochter sofort nach der Unterredung mit Chilperich aufgesucht. Sie spielte mit ihren Brüdern irgendein idiotisches Brettspiel. Es wurde Zeit, dass solche Kindereien aufhörten.
Rigunth war ihr von allen Kindern am ähnlichsten - allerdings nur äußerlich. Im Grunde genommen verstand sie sie nicht. Vielleicht hatte sie daher mehr mit ihr zu kämpfen als mit den anderen.
„Ja, du wirst einen Prinzen von Toledo heiraten und dort deine Cousine Ingund treffen. Du bist vier Jahre älter als sie, also sollte es dir nicht schwerfallen, dich ihr gegenüber zu behaupten.“
Rigunth war aufgesprungen und hatte abwehrend die Hände gehoben, als hätte sie Angst, von der Mutter geschlagen zu werden.
„Nein, tu mir das nicht an, ich will nicht so weit weg. Nicht irgendwohin, wo ich niemanden kenne.“
Ihre Tochter hatte nie um Anerkennung ringen müssen, noch hatte es ihr an Freundinnen gefehlt. Stets war sie gut behütet worden und alle Wünsche, die sie geäußert hatte, waren ihr in einem vertretbaren Maß gewährt worden. Obwohl sie sich ab und zu Gedanken um sie gemacht hatte, wusste Fredegund nicht sonderlich viel über sie. Ehrgeiz hatte sie gar keinen. Auffallend war nur ihre Gier nach Schmuck. Sie besaß sehr schöne Stücke, aber es war ihr nie genug. Litt sie zu häufig unter Langeweile? Seit ihrem zwölften Lebensjahr wurde sie von zwei zuverlässigen Kammerfrauen überwacht, die dafür sorgten, dass sie sich nicht mit Männern einließ. Doch im Gegensatz zu ihrer Mutter schien sie ihnen keine besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
„Hast du mir nicht zugehört? Deine Cousine ...“ Fredegund hielt inne und überlegte, welche Argumente geeigneter waren, Rigunths Widerstand zu brechen. Die Mädchen kannten sich schließlich überhaupt nicht.
„Wir statten dich mit dem größten Brautschatz aus, den je eine Prinzessin der Familie erhalten hat. Du darfst dir aus meinen Schatztruhen ...“ Nein, das doch nicht. Rigunth war durchaus zuzutrauen, dass sie die Truhen gleich ganz leer räumte. „Du wirst zufrieden sein.“
Die Perlen, die Rigunth im Haar trug, erkannte Fredegund an dem besonderen, silbergrauen Schimmer wieder, der sich in rotem Haar so gut machte. Wann hatte Ingunth die Perlen gestohlen?
„Nein, schick sie nicht weg.“ Nun mischte sich auch noch ihr jüngerer Sohn ein. Er stellte sich neben seine Schwester und schaute die Mutter flehend an. Wieder fiel Fredegund die Ähnlichkeit mit Bischof Bertram auf. Es war wohl doch sein Sohn, und sie musste damit rechnen, dass auch Chilperich früher oder später etwas am Aussehen des Jungen bemerkte. Sie ging im Geist die Liste ihrer Landgüter durch. Irgendeines ließe sich bestimmt finden, wo der Junge das nächste Jahr verbringen konnte. Dann wollte sie weitersehen.
„Sie verlässt uns weder heute noch morgen. Erst einmal werden Verhandlungen geführt. Und glaub mir, Rigunth, wenn Brunichilds elfjährige Tochter nach Toledo heiraten kann, ohne sich anzustellen, kannst du das auch.“
Wittiges hatte sich ein Stück flussabwärts treiben lassen und war dann mit Odilo ans andere Ufer geschwommen. Er wusste zwar, dass er zwei seiner Gegner außer Gefecht gesetzt hatte, aber nicht, wie schwer sie wirklich verwundet waren. Der, den er an der Kehle getroffen hatte, mochte tot sein, aber da waren immer noch die beiden anderen - vor allem Leudemund, auf den er inzwischen einen tödlichen Hass verspürte. Leudemund war schuld an Felix’ Tod. Ihn vor allem wollte er vernichtet sehen. Ihn und die
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