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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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christliche Moral und Askese predigte und den fränkischen Königen gern ihre Verfehlungen vorhielt. Chlodowech bezeichnete ihn als Obersauertopf, der noch zu Lebzeiten nach dem Heiligenschein strebe.
    Sofort trat Gregor auf den Priester zu. „Was ist geschehen? Warum wirst du festgehalten?“ Gebieterisch musterte er die Wachen. „Wer hat euch befohlen, Hand an ihn zu legen? Lasst ihn sofort los!“
    Die Wächter waren kampferprobte Franken, die ihrer Erfahrung und ihres Muts wegen den Dienst im Königspalast versahen. Sie packten den Delinquenten nur fester und zogen ihn zwei Schritte vom Bischof fort, um klarzumachen, was sie von seiner Einmischung hielten.
    „Er hat die Königin angegriffen“, erklärte einer von ihnen.
    Fredegunds Übergewand aus lindgrüner Seide war beschmutzt, zerrissen und an der Seite aufgeschlitzt, und aus einem Schnitt im Ärmel tropfte Blut. Und überhaupt konnte sie sich kaum auf den Beinen halten. Voller widersprüchlicher Gefühle legte ihr Merowech stützend einen Arm um die Schultern.
    Gregors Blick wanderte forschend hin und her, wurde zunehmend wachsam, aber seine Miene blieb vollkommen ausdruckslos.
     „Aber er ist Priester“, wandte er ein.
    „Woher willst du das wissen?“, fragte einer der Wachhabenden. „Wenn ich mir eine Kutte überstreife, mir die Haare so kurz wie ein Sklave schere und noch dazu eine Tonsur, dann ...“ Grob riss er den Attentäter zu sich herum und klopfte die Taschen in der weiten Kutte ab. „Hätte ich gleich machen sollen“, murmelte er und förderte ein Stück Pergament zutage, auf das er verständnislos starrte, bis Gregor ihm den Fetzen abnahm, auf den offensichtlich etwas geschrieben stand.
    Laut las der Bischof auf Latein vor und erklärte sodann, dass die Zeilen zu einem Psalm aus dem Neuen Testament gehörten, der Gott als gerechten Richter über Himmel und Erde pries. Für Merowech klang das Latein wie eine Beschwörungsformel. Vielleicht wollte sich der angebliche Priester mit dem Spruch gegen ein Scheitern seines Anschlags wappnen. Eine undurchsichtige Sache.
    Unterdessen hob Gregor eine Hand und betastete die Schädeldecke des Mannes.
    „Der Mann ist Priester, er trägt nicht erst seit gestern die Tonsur“, stellte er lakonisch fest. „Deshalb soll das Synodalgericht über ihn entscheiden. Wir werden uns mit ihm beschäftigen und die Wahrheit herausfinden, so Gott uns hilft.“
    „Nein“, flüsterte Fredegund, „bringt den Mann in den Kerker, hier im Palast.“
    „Wir könnten ihn in einem der Klöster einsperren“, erklärte Gregor, als hätte sie nichts gesagt, und sah den Mann kritisch an. „Ich bin seit Tagen in der Stadt, und mir sind die Begleiter meiner Amtsbrüdern wohlbekannt. Aber diesen kenne ich nicht.“
     „Genug jetzt“, mischte sich Merowech ein. „Du erlaubst, Bischof Gregor? Wir werden den Mann hier in Gewahrsam halten. Soll mein Vater entscheiden, was mit ihm geschieht.“
    Gregor zeigte sich wenig zufrieden mit der Lösung und erklärte beharrlich, dass er die Sache auf jeden Fall im Auge behalten werde. Vergehen von Priester seien nun einmal Angelegenheit der Kirche. Erst als der Mann abgeführt worden war, ging auch er.
    Fredegund ließ sich von Merowech bis an die Tür zu ihren Gemächern begleiten und entließ ihn dort, nachdem sie ihre Mägde zu sich gerufen hatte. „Ich muss dir danken, aber ich kann jetzt nicht, ich bin ...“ Hilflos blickte sie zu ihm auf.
    So sah so anziehend aus und wirkte so schutzbedürftig, dass er einen Moment geneigt war, all die Schreckensgeschichten, die über sie in Umlauf waren, nur noch für halbe Wahrheiten zu halten.
    „Erhol dich“, sagte er verbindlich, „lass dich von deinen Frauen trösten und verwöhnen. Und ich“, fügte er nachdenklich hinzu, „vergewissere mich, dass der Kerl uns nicht entwischt. Er wird büßen, nachdem er uns verraten hat, wer ihn angestiftet hat. Denn das ist hier die Frage.“
    Da dachte Fredegund erstmals an Brunichild.
    6
    Gregor musste geplaudert haben, denn die Kunde vom Attentat auf die Königin verbreitete sich in Windeseile. Chilperich befahl seiner Leibgarde, umgehend die Tore schließen, die aus der Residenz hinausführten, um alle Anwesenden festzuhalten, bis der Fall ausreichend untersucht war. Unterdessen kam es unter dem Gefolge der Bischöfe zu gegenseitigen Anschuldigungen und Handgreiflichkeiten, das war schon bei weit geringeren Anlässen unvermeidlich.
    Nach einigen Verhandlungen ließen die Bischöfe zu,

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