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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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dass ihr Gefolge Mann für Mann einem Verhör unterzogen wurde. Dabei kam allerdings nichts heraus, auch wenn jeder Befragte zur Bekräftigung seiner Aussage einen heiligen Eid darauf schwören musste, dass er mit dem Attentat nichts zu tun zu hatte. Und als letztes Mittel wurde der Schuldige allen unten im Kerker vorgeführt. Aber niemand kannte ihn.
    Die niedrige Decke des Kerkers bestand aus drei parallel verlaufenden Tonnengewölben, die zwei mächtige Säulen stützten. Mehrere brennende Fackeln steckten in eisernen Wandhaltern, und zwischen den Säulen stand ein Feuerkorb, in dem Eisen für die Folterung erhitzt werden konnte. Noch glühten die Kohlen nicht ausreichend, aber die handlichen, teils zugespitzten Eisenstäbe und die Zangen in verschiedenen Größen lagen neben den Brechstangen, die man vielleicht zusätzlich benötigte, auf einem Gestell in Sichtweite des Angeklagten bereit.
    Fredegund war sich so sicher gewesen, dass sich der Überfall rasch aufklären ließ. Schon deshalb hatte sie es sich nicht nehmen lassen, bei den Gegenüberstellungen anwesend zu sein. Mit notdürftig verbundenem Arm, in einen prächtigen Wollmantel gehüllt, hatte sie sich einen Schemel so zurechtrücken lassen, dass sie den Angeklagten stets im Auge behielt. Es ging schon stark auf Mitternacht zu, als der letzte Priester und Mönch aus dem Gefolge eines der Bischöfe den Kerker verließ. Fredegund hätte sich ihm anschließen können, blieb aber sitzen.
    Der Kerkermeister schob das erste Eisen in die Glut.
    Trotz der drohenden Folter hüllte sich der Mann weiterhin in verächtliches Schweigen. Fredegund dachte nach. Was war das für ein Kerl? Ein Verrückter? Während der Synode war die Stadt voller Verrückter -, solche Ereignisse zogen sie magisch an. Der Mann musste wahnsinnig sein und hatte sie nur zufällig zum Opfer erkoren. Wahrscheinlich hätte er jede Frau angefallen, die gerade den Flur entlangkam. Den fanatischen Hass mancher Priester auf Frauen kannte sie zur Genüge.
    Trotz dieser naheliegenden Erklärung machte sie der hartnäckige Widerstand des Täters tief unglücklich, sie spürte eine Ohnmacht, der sie nichts entgegenzusetzen hatte. Sie brauchte Gewissheit. Wer, zum Teufel war dieser Verrückte? Irgendjemand musste ihn kennen.
    Auch Gregor von Tours hatte es sich nicht nehmen lassen, den Gegenüberstellungen und dem Verhör beizuwohnen. Immer wieder war sein Blick zu Fredegund geschweift, die sich wegen der Kälte in den feuchten Gemäuern immer tiefer in ihren Umhang verkrochen hatte.
    „Nein“, murmelte er schließlich vor sich hin, „nein und nochmals nein. Mit Bischöfen, Priestern und Ordensleuten hat die Untat nichts zu tun. Unter ihnen wird man vergeblich nach den Anstiftern suchen. Dabei liegt die Wahrheit auf der Hand. Es geht um diese Schlangengrube königlicher Brüder, die sich hassen, und um Ehefrauen, die den Hass noch schüren.“ Seine Stimme wurde lauter. „Wo Gott fern ist und die Demut fehlt, hat es der Teufel leicht. Besonders dann, wenn der Hochmut den Verstand vernebelt.“
    „Diese Unverschämtheit, Bischof Gregor“, bemerkte Chilperich bedächtig, „werde ich nicht vergessen.“ Er war gerade erst eingetreten, um zu hören, wie die Dinge standen. „Und nun geh. Hinaus mit dir!“
    Grimmig winkte er den kleinen Bischof an sich vorbei zur Tür.
    „Ich werde für dich beten, König, für dich und die Deinen“, bemerkte Gregor unerschütterlich und neigte unmerklich den Kopf zu einem Abschiedsgruß.
    „Komm!“, Chilperich streckte Fredegund die Hand entgegen. „Du solltest überhaupt nicht hier sein. Und ihr“, wandte er sich leidenschaftslos an die Wachhabenden, „versucht es endlich mit den Eisen. Macht sie ordentlich heiß.“
    Widerstrebend ließ sich Fredegund hinausgeleiten.
    Chilperich hatte angeordnet, dass die ganze Nacht über auf allen Fluren Wachen patrouillierten, ehe auch er seine Gemächer aufsuchte. Fredegund hatte erst noch nachgesehen, ob ihre Kinder gut bewacht wurden, dann kam sie zu ihm.
    Chilperich hatte seine Obergewänder bereits abgelegt und zog sich das Hemd über den Kopf. Fredegund betrachtete seinen Körper, der allmählich die Festigkeit verlor. Borstige graue Haare sprossen vereinzelt auf seiner Brust, und da er gewöhnlich ungeheure Mengen aß, begann er fett zu werden. Die Haut war grau und teigig. Kein wirklich schöner Anblick.
    „Warum ziehst du dich nicht aus?“, fragte er.
    „Ich kann nicht. Ich weiß genau, ich finde keine

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