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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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heraus? Aber wenn er die Kriege unterbindet, geht ihm bald der Nachschub an Erbinnen aus.“
    Während seines Aufenthalts in Tours hatte ihm Fortunatus von einigen jungen Frauen erzählt, die ins Kloster hatten eintreten wollen oder bereits eingetreten waren und dennoch in eine Ehe gezwungen wurden, damit man an ihr Erbe herankam. Es war schlicht und einfach gut organisierter Frauenraub, dem mit gefälschten Urkunden der Anschein der Rechtmäßigkeit verliehen wurde. Aber weil den Klöstern Schenkungen entgangen waren, hatte der Bischof im Namen der Frauen Anklage erhoben, es war alles aktenkundig. Nur ließ sich eine vollzogene Ehe nicht so ohne Weiteres auflösen. Abgesehen davon, dass es durchaus im Interesse des Provinzverwalters lag, für größere, ertragreiche Güter einen neuen Besitzer zu haben, der auf diese Weise für irgendwelche Verdienste entlohnt und vor allem in die lokale Gefolgschaftstreue eingebunden werden konnte.
    Es war überall das Gleiche. Vielleicht war das einer der Gründe, warum sich Brunichild ohne einen Ehemann an ihrer Seite schutzlos fühlte. Denn das war zweifellos der Fall. Wittiges spürte es.
    Dennoch konnte er ihr nicht helfen, und es zog ihn nach Hause. Widerwillig ließen die beiden, Gogo und sie, ihn ziehen, nachdem er jedes offizielle Amt, für das sie ihn vorgeschlagen hatten, abgelehnt hatte. Um als comes tätig zu sein, als Verwalter in militärischen, steuerlichen und rechtlichen Angelegenheiten einer civitas , hätte er sich auf Jahre hinaus irgendwo weit weg von casa alba einrichten müssen, und das wollte er nicht. Vor der Reise zu den Awaren war er comes von Châlons an der Marne gewesen, einem Ort in der Nähe von Reims, aber dieses Amt hatte er nun ein anderer inne, und er hatte ohnehin kein Bedürfnis, dort von Neuem anzufangen.
    Nur für Sonderaufgaben und natürlich für den Kriegsdienst würde er sich bereithalten.
    Endlich lernte er seine Tochter Agnes ein wenig kennen. Nach etwa zwei Wochen rannte sie nicht mehr vor ihm davon, sondern duldete ihn in ihrer Nähe, was er gutwillig als Zeichen beginnenden Vertrauens wertete. Allerdings hob sie den Blick nie höher als bis zu seiner Brust und sie redete nicht direkt mit ihm, sondern sprach von ihm als „der Mann.“ Wie ihre Kinderfrau ihm erklärte, hatte Agnes Angst vor seinem Bart und mochte Männer allgemein nicht - mit zwei Ausnahmen: Pontus und Ulf, der allerdings noch kein richtiger Mann war. Natürlich hätte er darauf bestehen können, dass ihr die Schrullen ausgetrieben wurden, aber er konnte die Liebe seines Kindes nicht erzwingen, also fügte er sich in die Position eines immerhin geduldeten Fremden.
    Mit nicht geringem Erstaunen beobachtete er, wie Agnes freiwillig Pontus die Hand reichte und sich von ihm durch den großen Garten geleiten ließ, ja, sie suchte ihn von sich aus auf und vertiefte sich in lange Unterhaltungen mit ihm. Einmal kam er den beiden so nahe, dass er ein wenig von ihrem Gespräch erlauschte. Agnes sagte „Papa“ zu Pontus! Eine wilde Flamme der Eifersucht schoss in Wittiges hoch. Zusätzlich überfiel ihn ein hässlicher, ungeheurer Verdacht, der aber gleich darauf wie eine Seifenblase zerplatzte. Undenkbar, dass Pontus und Aletha sich irgendwann einmal näher als erlaubt gekommen waren.
    Unverkennbar liebte Pontus das kleine Mädchen. Wittiges lernte in diesem schmerzlichen Moment eine ganz neue Seite seines Freunds kennen. Pontus bemerkte ihn, zuckte schuldbewusst zusammen und legte wie beschwörend die Hand auf das kleine Lockenhaupt. Wittiges nickte beschämt und zog sich zurück. Mit Wehmut sann er über eine Liebe nach, die ihn ausschloss, und nahm sich vor, dieses Verhältnis um keinen Preis zu stören.
    Agnes war ein bezauberndes Kind, das sein blondes Haar geerbt hatte, allerdings einen Ton dunkler, das hieß, es schimmerte wie flüssiger Honig. Den gleichen Ton zeigte Ulfs lange Mähne, überhaupt war die geschwisterliche Ähnlichkeit unübersehbar. Ulf hatte sich zu Agnes’ Beschützer aufgeschwungen, spielte mit ihr und lehrte sie so wenig mädchenhafte Künste wie den Umgang mit der Steinschleuder. Und wieder unternahm Wittiges nichts dagegen, sondern zuckte nur die Achseln, wenn eine der kostbaren antiken Tonvasen, die den Garten zierten, zu Bruch ging. Die Vasen und ein paar hübsche Marmorfiguren waren zum Vorschein gekommen, als der Garten ein Jahr zuvor erweitert worden war.
    Wittiges schaute seinen Kindern zu und spürte, wie sie einen immer größeren Raum

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