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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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in seinem Herzen einnahmen. Dazu bedurfte es nicht der Versicherung von Pontus, ein wie gutartiger, kluger und dennoch bescheidener Junge Ulf sei, er erlebte es ja selbst, ohne sich mit Rücksicht auf Aletha allzu offensichtlich mit ihm zu beschäftigen. Nur ab und zu nahm er ihn auf einen ausgedehnten Ausritt mit, auf dem er sich über den Stand der Feldarbeit informierte.
    Auf einem dieser Ausflüge sagte Ulf auf einmal: „Ich hätte Samur die blauen Pferde nicht überlassen.“
    Das Bekenntnis überraschte Wittiges nicht wenig. „Warum nicht? Weil du allgemein Pferde liebst oder haben es dir diese besonders angetan? Oder meinst du, Pontus hat, als er die Pferde weggeben hat, unverantwortlicherweise meinen Besitz geschmälert?“
    Es schien, als fühlte sich Ulf mit den Fragen überfordert. Das war etwas, was Wittiges zuweilen gegen den Strich ging. Immer wieder reizte es ihn, die geistigen Fähigkeiten des Jungen einer Prüfung zu unterziehen, aber er kam zu keinem eindeutigen Ergebnis. Felix, dessen war er sich sicher, hätte sich nicht so lange bedacht.
    Es war ein schöner Tag mit milder Frühlingsluft und einer von dünnen Wolkenschleiern überzogenen Sonne, die alles in ein weiches Licht tauchte. Blaumeisen, Rotkehlchen und Grünfinken schossen wie funkelnde Juwelen in den Bäumen am Wegrand umher und zwitscherten enthusiastisch ihre Liebeslieder.
    Alle verfügbaren Leute arbeiteten auf den Feldern. Während sie vorüberritten, schauten sie auf, und viele winkten ihnen freundlich zu, eindeutig froh, dass der Herr des Guts sich auf lange Sicht um sie kümmerte. Wittiges hatte allen Grund zur Dankbarkeit, denn die Kornvorräte hatten sogar gereicht, um die bedürftigsten seiner Bauern über den Winter zu bringen. In den Dörfern waren nicht mehr Bewohner gestorben als in einem durchschnittlichen Winter, dafür waren drei Kinder geboren worden, die alle noch lebten. Lediglich die ausstehende Steuerzahlung bereitete ihm Sorgen. Abgelenkt von den winkenden Leuten, hatte er seine Fragen fast vergessen.
    „Pferde sind die wunderbarsten Geschöpfe der Welt“, begann Ulf bedächtig. „Von allen Pferden auf dem Gut gefallen mir die Falben am besten, aber die blauen Pferde haben etwas ganz Besonderes. Man kann sie nicht anschauen, ohne dass es einen durchschauert. Am liebsten habe ich ihnen in der Abenddämmerung zugesehen, wenn das letzte Licht ihr Fell bläulich schimmern ließ, als kämen sie aus einer anderen Welt. Aus der alten Welt, von der meine Mutter manchmal erzählt hat.“ Ulf stockte. Wittiges wagte nicht, etwas einzuwerfen. Ulfs Mutter war gestorben, als er im Sommer auf der Suche nach Felix unterwegs gewesen war. Pontus hatte ihm erzählt, dass ein Sommerfieber die Frau dahingerafft hatte. Seit sie einen neuen Schmied im Dorf hatten, hatte sie auf casa alba , als eine der Mägde gelebt, die sich um die Wäsche kümmerten. An einem frühen Morgen hatte sie sich mit letzter Kraft den weiten Hang hinter der Villa bis zum Waldrand hinaufgeschleppt. Das Kind, die Tochter, dieses Gespenst, das weder sprach noch lief, hatte sie mitgenommen. Wie ein waidwundes Tier hatte sie sich unter einen Busch verkrochen und das Mädchen erwürgt. Als ein Hirtenjunge sie gegen Abend zufällig fand, waren beide längst tot. Wenn Wittiges an das Ende der beiden dachte, schauderte es ihn jedesmal, aber noch mehr bei dem, was folgte. Mutter und Tochter sollten auf dem Friedhof oberhalb des Schmiededorfs beigesetzt werden, aber dem Kind hatte eine alte Frau einen Pfahl durchs Herz gestoßen. Die Kleine galt als Hexenkind, und sein im Leben nicht fassbar gewesener Geist musste für immer gebannt werden. Pontus, der sonst viel Verständnis für alten Glauben und alte Sitten aufbrachte, konnte die schreckliche Tat nicht verhindern, sah aber das grausige Ergebnis, denn der Pfahl ragte noch aus dem kleinen, ausgemergelten Körper. Bevor er über den Toten das Kreuzzeichen schlug und ein Totengebet anstimmte, zog er ihn heraus und hielt den Dorfbewohnern eine ungewohnt heftige Strafpredigt.
    Wie kam Ulf mit dem Tod der beiden zurecht?
    Dann sprach Ulf weiter, aber in wesentlich nüchternerem Ton. „Natürlich ist es ein Verlust. Die Stute war trächtig. Ich glaube, einer unserer Falben ist der Vater des Fohlens und nicht der blaue Hengst. Über eine Weiterzucht mit solchen Fohlen hätten sich vielleicht die Fellqualitäten der Falben verbessert, Falben mit hellerem, dichterem Fell wären wertvoller.“
    Wittiges war baff. So viel

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