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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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war darauf vorbereitet. Die meisten Bischöfe waren um die dreißig, nur wenige älter und der ältesten war Praetextatus. Zum feierlichen Beginn der Synode war er im vollen Ornat erschienen, einem golddurchwirkten Gewand mit aufwendiger Stickerei, das ihn wie eine Heiligenfigur erscheinen ließ. Sobald das Gebet beendet war, stand er auf, glättete das Gewand und verbreitete sich in aller Umständlichkeit über eine Angelegenheit, die schon zwei Jahre zurücklag und eins der Testamente betraf, die Chilperich konfisziert hatte. Er hatte noch nicht geendet, da erhob sich Gregor und trat demonstrativ an seine Seite.
    Chilperich gab einem der hinter ihm stehenden Krieger ein verabredetes Zeichen. Sofort trat der Mann vor und klappte den Deckel der Truhe auf. Wie beiläufig griff Chilperich hinein und zog einen Gürtel heraus. Es war ein wunderschönes Stück. Aus festem Leinen gefertigt, mit glänzenden roten Seidenfäden bestickt und über und über mit Rosetten aus Gold und flach geschliffenen Karfunkeln besetzt. Die Aufmerksamkeit aller richtete sich auf den Gürtel, und nur Chilperich und Gregor nahmen wahr, wie Praetextatus erblasste. Mit dem unsicheren Gang eines Schlafwandlers strebte er wieder seinem Sitz zu.
    „Was soll das?“, fragte der Bischof von Tours verblüfft und versuchte, Praetextatus am Ärmel festzuhalten.
    Chilperich lächelte befriedigt. „Ich will es gern erklären, und dann solltet ihr eines eurer vortrefflichen Gesetze zur Anwendung gegen einen der Euren bringen. Dieser Gürtel wie auch alles, was sich in der Truhe befindet, gehört rechtmäßig Königin Brunichild. Es ist der Rest der Schätze, die ehemals fünf Truhen füllten. Meine Leute haben unter Mühen diesen Rest wiederbeschafft. Der Gürtel war in drei Teile zerschnitten, aber wie ihr seht, wurde er sorgfältig wieder zusammengesetzt.“ Elegant erhob sich Chilperich von seinem Sitz und trat, den Gürtel hochhaltend, auf die Bischöfe zu. Alle sollten das Schmuckstück in Augenschein nehmen, vor allem Praetextatus, der davor zurückwich, als hielte Chilperich eine Viper in der Hand. Mutwillig schüttelte er den Gürtel und tatsächlich ertönte ein Geräusch. Kein bedrohliches Zischen, nur Praetextatus’ Keuchen.
    „Wessen willst du mich anklagen?“, stieß er gepresst hervor.
    „Des Diebstahls natürlich“, antwortete Chilperich leichthin, ließ aber Gregor und den Bischof von Rouen keinen Moment aus den Augen. Wenn er mit Praetextatus fertig war, würde es keiner der anderen mehr wagen, die übrigen Anklagen vorzubringen, die sie zweifellos gegen ihren König vorbereitet hatten.
    Praetextatus hob kraftlos den Arm, straffte sich auf einmal und funkelte Chilperich an. „Diese Truhen waren verwaist, nachdem Königin Brunichild aus der Gefangenschaft geflohen war. Ich habe sie daher an mich genommen und alle darin befindlichen Kostbarkeiten verschenkt. Nichts, aber auch gar nichts, habe ich für mich behalten.“ Beim letzten Satz gewann seine Stimme entschieden an Festigkeit.
    „So ist es, Brüder im Herrn“, fiel Gregor volltönend ein. „Keine persönliche Bereicherung! Er hat nur getan, was wir alle ständig zu tun haben: Geschenke mit Gegengeschenken zu beantworten. Ihr wisst, wie sehr uns solche Verpflichtungen belasten.“
    Etliche Bischöfe auf seiner Seite, nickten bedächtig.
    „Ich bin kein Dieb!“, rief Praetextatus erbost und blickte sich beifallheischend um.
    Chilperich senkte den Kopf, als gäbe er sich geschlagen, hob ihn dann ruckhaft und deutete mit großer Geste auf seinen Gegner. „Schaut ihn euch genau an! Und dann sagt mir ehrlich: Wer von euch käme nicht auf den Gedanken, dass sich Praetextatus mit Brunichilds Schätzen bereichern wollte?“
    Jedem musste auffallen, wie sehr sich die prunkhafte Aufmachung des Bischofs von der schlichten des Königs unterschied.
    Bertram von Le Mans lachte. Ihn belustigte das Theater, das Chilperich aufführte, und er war gespannt, wie es weiterging. Jeder kannte die Raffgier des Königs, und die meisten wussten, dass Praetextatus nur ein alter Narr war.
    Aetius, Archidiakon von Paris, erhob sich und wandte sich formvollendet an Ragnemod. „Darf ich sprechen?“
    Ragnemod nickte gnädig. Als Archidiakon konnte sich Aetius berechtigte Hoffnungen auf seine Nachfolge machen, zudem war er ein bewährter Mann. Zu seinen unbestreitbaren Verdiensten gehörte, dass er bisher nicht wie einige andere in seiner Stellung versucht hatte, die Nachfolge durch ein Attentat zu

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