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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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beschleunigen.
    „Selbst wenn wir an den ehrenhaften oder sagen wir mildtätigen Absichten von Praetextatus nicht zweifeln wollen, bleibt der Tatbestand des Diebstahls bestehen“, erklärte Aetius trocken.
    Rikulf, Subdiakon von Tours, sprang auf und stellte sich neben seinen Bischof Gregor. „Gehört dieser Fall überhaupt hierher? Es geht uns doch um Kircheneigentum. Was scheren uns die Besitztümer der Königin von Austrasien?“
    „Ich habe dich nicht aufgefordert, das Wort zu ergreifen“, wies ihn Ragnemod scharf zurecht.
    Chilperich hatte sich bis zu seinem Marmorsitz zurückgezogen, nickte Ragnemod zu und hob die Hand, um anzuzeigen, dass er gehört werden wollte. „Ginge es nur um einen einfachen Diebstahl, so bedauerlich er ist, wenn ein geweihter Bischof ihn begeht, wäre ich froh. Nein, darum geht es beileibe nicht.“ Er hob die Stimme. „Es geht um Aufwiegelung!“, donnerte er. Einer der Weihrauch schwenkenden Mönche ließ erschrocken das Gefäß fallen. Es gab ein schreckliches Geschepper, und die Bischöfe schraken zusammen. Chilperich musste warten, bis sie bereit waren, ihm wieder ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Inzwischen merkte er, wie sich ein schmerzhafter Druck auf die Schläfen aufbaute, verursacht durch den Weihrauch. Er holte tief Luft und fuhr gedämpfter fort:
    „Mit seinen großzügigen Geschenken hat Prätextus gegen mich intrigiert, das ist so offensichtlich, wie täglich die Sonne auf- und untergeht. Er wollte meine Macht untergraben! Denn er hat von jedem, dem er Geschenke machte, verlangt, dass er einen Treueid auf meinen Sohn Merowech schwört.“
    Merowech wollte also seinen Vater stürzen. Das war in der Tat eine ungeheuerliche Anschuldigung, wenig glaubhaft allerdings, hatten doch viele noch am Abend zuvor Vater und Sohn im friedlichen Umgang erlebt. Wie passte das zusammen?
    Praetextatus trat die Flucht an. Sein kostbares Gewand raffend, eilte er auf die Tür zu, aber wie von ungefähr traten Krieger hinter den letzten beiden der mächtigen Säulen hervor, die das Dach stützten, und versperrten ihm den Weg.
    Etliche der jüngeren Bischöfe sprangen voller Empörung und Entsetzen auf.
    „Ist sein Davonrennen nicht ein Eingeständnis seiner Schuld?“, rief Chilperich in dem Versuch, das ausbrechende Stimmengewirr zu übertönen.
    „Nein“, schrie Gregor aufgebracht, „es ist nur der Versuch, sich der Willkür des Königs zu entziehen!“
    Fredegund fand den Gürtel wunderschön. Sie hielt ihn ins Licht der Öllampen, um die Stickereien, die Goldrosetten und die überreich mit Goldgranulat und glatt geschliffenen Karfunkeln besetzte Schließe besser betrachten zu können. Woher kam dieser Gürtel und wann gedachte Chilperich, ihn ihr zu schenken? Sie wusste ihn mit seinen engsten Vertrauten in einem Gespräch, zu dem er sich gleich nach seiner Rückkehr aus Sankt Peter zurückgezogen hatte. Er war sehr aufgebracht gewesen, hatte ihr aber den Grund dafür nicht verraten.
    Fredegund hatte ihre Dienerinnen entlassen, um eine Weile allein zu sein. Mehr oder weniger alles Notwendige war für die Abreise nach Chalon vorbereitet. Wollte Chilperich ihr den Gürtel vor ihrem Aufbruch als Versöhnungsgeschenk nach dem letzten heftigen Streit überreichen? Seit sie diesen Priester, der sie ermorden wollte, selbst gerichtet hatte, war er ihr gram.
    Ungläubig schüttelte sie den Kopf. Der Gürtel sah aus wie das Geschenk eines verliebten Bräutigams für seine Braut. Sie lächelte geschmeichelt. Chilperich hing sehr an ihr, und daran hatten ihre Streitigkeiten nichts geändert. Mit der Zeit hatte seine Abhängigkeit sogar noch zugenommen. Es gab nicht viele hochgestellte Paare, die einen derart vertrauten Umgang miteinander pflegten.
    Den Gürtel hatte sie in einer kleinen, schäbigen Holztruhe gefunden, die irgendjemand ins Schlafgemach des Königs gestellt hatte. Zuerst wollte sie ausprobieren, ob er für sie die richtige Länge hatte, dann würde sie nachschauen, welche Schätze die Truhe sonst noch enthielt.
    Möglicherweise war der Gürtel eine Spur zu eng. Sie versuchte gerade mit aller Kraft ihn zu schließen, als sie sich die Tür öffnete. Sie fuhr herum.
    Chilperich stand auf der Schwelle. Noch bevor sie den Gürtel hinter dem Rücken verstecken konnte, war er bei ihr und riss ihn ihr aus der Hand.
    „Der gehört dir nicht und wird dir nie gehören“, sagte er barsch. Sie musste dabei zusehen, wie er das kostbare Stück in die Truhe zurücklegte.
    „Wieso nicht?“

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