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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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Praetextatus hatte praktisch sein Amt verwirkt, konnte aber dennoch nicht abgesetzt werden. Ein geweihter Bischof blieb Bischof, aber er musste vor das Kirchengericht gestellt werden. Brunichild hatte ihren Neffen geheiratet, zwar nur einen angeheirateten, aber dennoch galt eine solche Ehe als Blutschande, da waren die Gesetze eindeutig. Und wenn sich das gemeine Volk derartige Verbindungen nicht leisten konnte, dann eine Königin erst recht nicht. Was hatte sich Brunichild dabei gedacht?
    Ja, was? Bertram strich sich über die volle Unterlippe. Der Aufstand, den Chilperich erwähnt hatte! Sie wollte mit Merowechs Hilfe einen Aufstand gegen dessen Vater anzetteln! Das war’s also. Sie schreckte aber auch vor gar nichts zurück. Saß in diesem feuchten, gottverlassenen Nest Rouen in Gefangenschaft und schaffte es, eine geradezu tolldreiste Intrige zu spinnen. In hilfloser Bewunderung schüttelte er den Kopf.
    Chilperich richtete seinen Blick, den er zu Boden gesenkt hatte, erneut auf Praetextatus und stand langsam auf. „Bitte, wiederhole deine Worte, damit alle dich hören.“
    Längst hatte Getuschel eingesetzt.
    Kampfbereit trat Gregor wie am Tag zuvor neben seinen Amtsbruder. Aber bevor er das Wort ergreifen konnte, sagte Bertram gedämpft, aber laut genug, um verstanden zu werden: „Gregor, halt den Mund! Nicht einmal du kannst aus der Trauung eines blutschänderischen Paares eine heilige Handlung machen.“
    4
    Manchmal noch träumte Wittiges von Spanien, wo das Leben leichter und heiterer war, zumindest kam es ihm in der Erinnerung zuweilen so vor. Aber allzu oft dachte er nicht an seine ehemalige Heimat, die er vor elf Jahren verlassen hatte. Er war als mittelloser Sohn eines Landadligen an Brunichilds Hof gekommen und gebot inzwischen über einen ausgedehnten, ertragreichen Besitz. Einen großen Teil seiner Felder beackerten seine eigenen Sklaven, den anderen die halb freien Bewohner seiner zwei Dörfer, die Abgaben zu zahlen und ihm Wehrdienst zu leisten hatten, wenn er für seinen König in den Krieg ziehen musste. Er war mit drei Knechten  und vier Kriegern aufgebrochen und kam mit sechs Männern zurück – einer war in der Umgebung von Passau als Marodeur ertappt und aufgehängt worden. Wie er das den Angehörigen erklären sollte, wusste er noch nicht.
    Auf dem letzten Stück Weg ließ er die Männer voranreiten. Sie befanden sich nun so nah beim ersten Dorf, dem Schmiededorf, dass sie nicht mehr mit Räubern rechneten. Seit König Sigiberts Tod hatten die Überfälle umherziehender Banden zugenommen, wie immer in Zeiten unsicherer Herrschaft. Außerdem lag das Gut im Grenzgebiet zu Neustrien, König Chilperichs Reich, und war deshalb besonders gefährdet.
    Es sah aber nicht nach einem kürzlich stattgefundenen Einfall feindlicher Horden aus. Einige Felder zeigten Wühlspuren von Wildschweinen. Von diesen Schäden abgesehen, stand das Korn bemerkenswert hoch und dicht, während die Wiesen im satten Sommergrün leuchteten. Nahe am Gut graste Vieh auf kleinen Weiden, robuste braune Kühe mit ihren Kälbern. Im Vergleich zu den weiten öden Landstrichen im Gebiet der Alamannen sah es hier so heimelig und freundlich aus, dass Wittiges eigentlich das Herz hätte aufgehen müssen. Insgeheim gab er sich einen Stoß, um sich endlich über die Heimkehr zu freuen, aber es gelang ihm nicht.
    Er schlug einen kleinen Umweg ein, um sich von hinten seinem Wohnsitz zu nähern und über den Stallhof einzureiten. In der Einfahrt lungerte ein Junge herum, den er erst auf den zweiten Blick erkannte. Es war Ulf, der jüngere Bruder des Schmieds Otho. Die Traurigkeit im Gesicht des Knaben glich erschreckend seinen eigenen Empfindungen. Und noch während er das Kind betrachtete, das ihn wie ein verstörtes, hungriges Tier anstarrte, hörte er jemanden rufen.
    Er wandte sich um.
    Ein rundlicher Mann in einer schmuddeligen braunen Kutte lief auf ihn zu, die Arme weit ausgebreitet. „Hast du wieder vergessen, dass wir einen schönen Vordereingang haben? Aber ich hab mir schon gedacht, dass du dich von hinten hereinschleichst.“
    Lächelnd schwang sich Wittiges aus dem Sattel. Nun eilten auch Knechte aus den Ställen herbei. Einem von ihnen warf er die Zügel der Stute zu und ließ sich von seinem Freund und Verwalter Pontus umarmen. „Ich bin selbst erst vor einer Stunde heimgekommen“, fuhr Pontus fort, „ ich war drüben im Mühldorf, der Mühlstein ist zerbrochen. Ich weiß nicht, was diese Mühlsteine an sich haben,

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