Der Hüter des Schwertes
dann. »Es gibt so viele Dinge, die ich wissen möchte! Wie habt Ihr das Schwert gefunden – und wie habt Ihr einen Kämpfer gefunden?« Dann wandte sie sich an Martil. »Und Ihr … Ihr seid kein Norstaler … Eure Sprache verrät mir, dass Ihr aus Rallora kommt?«
»Das stimmt, Majestät«, stimmte Martil ihr zu.
»Und der einarmige Mann. Kommst du aus Tetril oder aus Norstalos? Ich höre den Dialekt beider Länder, wenn du sprichst.«
»Einst lebte ich in Norstalos, zuletzt in Tetril, und jetzt habe ich mich Hauptmann Martil angeschlossen«, sagte Conal grinsend.
Die Königin blickte wieder zu Martil. »Hauptmann Martil? Und Rallorer? Doch wohl nicht Kriegshauptmann Martil, der Schlächter von Bellic?« Das Lächeln auf ihrem Gesicht war verschwunden, und sie blickte ihn kühl an.
Martil fühlte sich erneut, als hätte er einen Schlag in den Magen bekommen, nur dass es dieses Mal wirklich schmerzte.
»Genau der«, seufzte er.
»Aber wie konnte das Schwert ihn annehmen?«, wollte sie von Barrett wissen.
Barrett zuckte die Achseln. »Du hast gesehen, wie er das Äußere des Schwertes verändert hat. Offensichtlich steckt mehr in diesem Mann, als sein Ruf vermuten lässt. Aber es ist weder die Zeit noch der Ort … wartet!«
Nun hörten sie es alle – gebrüllte Befehle, gefolgt von Hufklappern und dem Rumpeln der Kutsche, als der Zug sich formierte.
»Glücklicherweise ist die Arroganz meines Cousins unübertroffen. Er hält es für unmöglich, dass eine Frau ein Land regieren kann, und er hält es ebenfalls für ausgeschlossen, dass eine Frau es wagen könnte zu fliehen«, sagte die Königin kalt.
Sie saßen schweigend da und stellten sich vor, was draußen vor sich ging. War es den Hofdamen gelungen, Rabbag in die Kutsche zu bekommen, ohne dass es jemandem aufgefallen war? Würden Wachleute zurück in die Kirche stürmen? Martil war froh, dass die Königin ihn nicht gebeten hatte, mit gezogenem Drachenschwert auf die Soldaten zuzugehen und den Versuch zu unternehmen, sie für sich zu gewinnen.
Lediglich Karia spürte die Anspannung nicht und blätterte in ihrem Buch, als eine Peitsche knallte und sowohl die Pferde als auch die Kutsche sich in Bewegung setzten.
»Wir haben es geschafft!«, rief Conal und lachte.
»Gemach. Wir sollten eine Weile warten, bevor wir gehen. Sie müssen außer Sichtweite sein. Wir wollen nicht von jemandem gesehen werden, der zufällig noch einen Blick zurückwirft«, beschloss Barrett.
»Aber wir wollen auch längst verschwunden sein, wenn man bemerkt, dass ich ersetzt worden bin«, wandte die Königin ein. »Lasst uns am Eingang warten.«
Sie verließen den Gebetsraum; Pater Prent nutzte die Gelegenheit, einen sicheren Abstand zwischen sich und der Gruppe zu legen.
»Eure Majestät, ich ersuche Euch, das alles noch einmal zu überdenken! Bleibt hier und betet zu Aroaril um Weisung, bis die Hure entdeckt wird und Eure Wachen zurückkehren!«, rief er der Königin zu.
»Was?« Die Stimme der Königin knisterte vor Zorn, und Prent wich zurück. »Pater, Ihr seid nicht so mächtig, wie Ihr denkt. Wenn ich wiederkehre, werde ich mit dem Erzbischof über Euch sprechen. Eure Neigung, Euch in weltliche Angelegenheiten einzumischen, bereitet mir Sorgen – beinahe so viel, wie mir Eure offensichtliche Unfähigkeit, die Realität zu begreifen, Sorgen bereitet. Der Thron steht mir rechtmäßig zu, und ich habe nun einen Kämpfer, der das Drachenschwert führt. Ich werde dieses Land regieren, und eine meiner ersten Amtshandlungen nach meiner Rückkehr auf den Thron wird es sein, Euch als Priester zu den Kobolden zu senden.«
Martil musste lächeln, als er den erschrockenen Ausdruck auf Prents Gesicht sah. Die Kobolde, der abwertende Begriff für die einfachen Männer, die in den Bergen im Norden von Norstalos lebten und die Wasser- und Luftgeister anbeteten. Die Norstaler sandten des Öfteren Missionare dorthin, um sie zu Aroaril zu bekehren. Für diese Missionare war es schon ein unfassbarer Erfolg, wenn sie es schafften, lebendig zurückzukehren.
»Wir haben lange genug gewartet. Es ist an der Zeit zu gehen«, verkündete die Königin.
Martil war sich nicht sicher, ob sie schon lange genug gewartet hatten, aber die Königin ließ sich nicht aufhalten. Sie stürmte hinaus; Pater Prent war entsetzt und rührte sich nicht von der Stelle. Die anderen eilten ihr nach und holten sie ein, als sie gerade vorsichtig die Straße betrat. Die Panzerreiter waren tatsächlich
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