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Der Hüter des Schwertes

Der Hüter des Schwertes

Titel: Der Hüter des Schwertes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Duncan Lay
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kluges Mädchen und hatte schnell herausgefunden, dass die beste Möglichkeit zurechtzukommen darin bestand, einfach zu tun, was immer Edil oder ihre Brüder ihr auftrugen, und ruhig zu sein. Das, und immer nur nachts zu weinen, wenn die anderen schliefen.
    Ihre Gebete, zu Pater Nott zurückkehren zu dürfen, blieben unbeantwortet, obwohl ihr Gebet, von dem Bauernhof fortzukommen, in gewisser Weise erfüllt wurde, als sie ihr Lager im Wald aufschlugen. Doch selbst auf dem Bauernhof war das Leben besser gewesen als das, was sie als Straßenräuber führten. Es hatte sich gut angehört, als sie ihr davon erzählten. Binnen weniger Monate würden sie reich sein und könnten in eine Stadt ziehen und wie Könige leben. Tatsächlich hatten sie dann in einem matschigen, nassen, kalten Lager im Wald gelebt. Karia hatte kaum mehr zu essen bekommen, aber dafür umso häufiger Tritte und Schläge.
    Deshalb hatte das Ableben ihres Vaters und ihrer Halbbrüder sie nicht umgeworfen. Sie vermisste sie kein bisschen. Sie mochte den Fremden nicht, der in ihr Lager gekommen war, um ihr zu sagen, dass ihr Vater und ihre Brüder tot waren. Er benahm sich merkwürdig und führte fortwährend Selbstgespräche. Aber wenn er sie zu Pater Nott brachte, dann würde sie vergessen, dass er offensichtlich ein Massenmörrer war.
    Wie immer, wenn sie versuchte, an etwas Schönes zu denken, dachte sie schließlich an Pater Nott. Die Gedanken an ihn waren es, die sie während der Zeit auf dem Bauernhof und im Wald aufrechterhalten hatten. Natürlich war sie jedes Mal geschlagen worden, wenn sie Edil gefragt hatte, ob sie zu Pater Nott zurückkehren durfte. Irgendwann hatte sie dann aufgehört zu fragen.
    Wenigstens wurde sie von Martil nicht geschlagen, und er hatte ein schönes Pferd. Pferde hatten ihr immer am besten gefallen, weil sie auf dem Bauernhof nicht gegessen wurden. Dessen ungeachtet dachte sie, dass er für den Tod ihres Vaters und ihrer Halbbrüder bestraft werden müsste, obwohl sie sie gehasst hatte. Es war alles ziemlich verwirrend.
    Sie hatte es sich während ihrer Zeit bei Edil abgewöhnt, Fragen zu stellen, aber dieser Ritt war anders. Zu wissen, dass sie zu Pater Nott zurückkehrte, versetzte sie zum ersten Mal seit Monaten in Aufregung. Eine so große Aufregung, dass sie nicht anders konnte, als draufloszureden, obwohl Edil monatelang versucht hatte, diese Angewohnheit aus ihr herauszuprügeln. Und wenn Martil sie nicht unterbrach, redete sie einfach weiter. Natürlich nur, wenn sie gerade nicht aß, denn er hatte viel zu essen bei sich, und sie hatte in den letzten zwei Tagen kaum etwas gegessen. Und als sie Chell erblickte, war alles, was sie tun konnte, nicht in Tränen auszubrechen. Sie würde bald wieder zu Hause sein.
    Martil hatte sich noch nie so auf ein Provinznest wie Chell gefreut. Er hatte angenommen, das Mädchen würde den Ritt in mürrischem Schweigen hinter sich bringen. Stattdessen stellte es eine neue Frage, sobald er die vorangegangene beantwortet hatte, oder wartete eine Antwort gar nicht erst ab, bis er glaubte, seine Ohren müssten inzwischen rot glühen.
    Sie mussten ständig Halt machen, weil sie etwas essen wollte, weil sie mal musste, und dann wieder, um noch mehr zu essen.
    In dem Bemühen, sie abzulenken, ohne seinen Verstand zu verlieren, versuchte er, etwas mehr über sie herauszufinden – und über Edil. Er hatte viele absonderliche und traurige Geschichten gehört, aber es war etwas anderes, wenn sie auf diese Art und Weise vorgetragen wurden: von einem kleinen Mädchen, das geradeso gut darüber hätte sprechen können, wie sie den Tag damit verbracht hatte, mit ihren Puppen zu spielen. Sie hatte ihm erzählt, wie ihre Mutter bei ihrer Geburt gestorben war. Edil war mit der Arbeit auf dem Bauernhof zu beschäftigt gewesen, um sich um ein kleines Mädchen zu kümmern. Vielleicht war es auch seine Nebentätigkeit, Reisende zu überfallen, die ihn beschäftigte, denn als sie vor sechs Monaten zu Edil kam, war der Bauernhof seinem Ruin schon nahe – weil niemand sich um die wichtigen Dinge kümmerte. Das Vieh verendete oder war schon so abgemagert, dass niemand mehr etwas dafür bezahlen wollte. Edil und seine Söhne hatten in einer Nacht eine Herde der Nachbarn gestohlen, aber sie hatten es versäumt, allen Tiere andere Brandzeichen zu verpassen. Als sie dann versuchten, das gestohlene Vieh zu verkaufen, konnten sie sich vor der Miliz nur noch durch Flucht retten. Der Hof wurde anschließend von

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