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Der Hüter des Schwertes

Der Hüter des Schwertes

Titel: Der Hüter des Schwertes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Duncan Lay
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den Steuereintreibern beschlagnahmt.
    Martil wusste jedenfalls binnen Kurzem, dass Karia halb verhungert war und ihr Vater und ihre Brüder sie regelmäßig geschlagen und schlechter als einen Knecht behandelt hatten. Wenn sie vom Hauptthema sprach, dem heruntergewirtschafteten Bauernhof, erwähnte sie ab und zu, wie sie mit dem einen oder anderen Tier Freundschaft geschlossen hatte, nur um anschließend zu erleben, wie ihre Familie diese Tiere getötet und anschließend verspeist hatte. Bevor er all das erfuhr, hatte Martil sich gefragt, wieso Karia über den Tod ihres Vaters und ihrer Brüder so unbefangen sprechen konnte, aber anschließend verstand er es umso besser. Verwunderlich war vielmehr, dass sie bei alledem nicht längst den Verstand verloren hatte.
    Aber vielleicht war der Grund dafür Pater Nott, der Priester, bei dem sie den größten Teil ihrer bisherigen Kindheit verbracht hatte. Sie konnte es nicht abwarten, ihn wiederzusehen – und nach einem Nachmittag mit ihr ging es Martil nicht anders.
    Karia deutete auf die Kirche, die Martil allerdings auch allein entdeckt hätte. Es war eines der ansprechenderen Gebäude in Chell, aber dazu gehörte auch nicht viel. Der Milizposten war auch in gutem Zustand – kein Wunder, denn schließlich gab es immer Gefangene, die alles sauber halten mussten.
    Die Kirche war ein beeindruckend sauberer Bau aus behauenem Naturstein und Holz. Das Haus des Priesters lag direkt dahinter, und Martil war sofort davon eingenommen, dass es auch nur ein einfaches Haus wie alle anderen im Dorf war. Er hatte Priester gekannt, die darauf bestanden hatten, in prächtigen Häusern zu wohnen.
    Er trieb Tomon zügig in Richtung Kirche, an deren Vorplatz es eine Stange gab, um Pferde anzubinden. Es waren nicht viele Dorfbewohner auf der Straße; die meisten waren um diese Zeit noch auf den Feldern bei der Arbeit – und der Argwohn der wenigen, die ihn sahen, wurde sowohl durch das Mädchen auf seinem Sattel als auch von der Tatsache gedämpft, dass er zur Kirche ritt. Ein bewaffneter Mann in diesem Teil von Norstalos konnte schnell die Aufmerksamkeit der Miliz erregen. Aber ein Mann, der mit seiner Tochter unterwegs war und zur Kirche ritt, nun, das war etwas anderes, selbst wenn der Reiter Schwerter trug. Martil winkte ein paar Frauen zu, und sein militärischer Verstand sagte ihm, dass es wohl eine perfekte Tarnung war, mit einem kleinen Mädchen im Sattel in ein Dorf zu reiten, wenn man es in Ruhe auskundschaften und anschließend überfallen wollte.
    Er stieg von Tomon ab und band die Zügel an der Stange fest. Er zog auch in Betracht, seinen Sattel und seine Taschen abzunehmen, beschloss dann aber, dass das warten konnte. Wenn Pater Nott einwilligte, Karia wieder aufzunehmen, könnte er viel schneller das Dorf wieder verlassen, wenn er nicht erst neu satteln musste. Er hob Karia vom Pferd und stellte sie auf den Boden.
    »Ob er wohl in der Kirche ist?«, überlegte er.
    »Nicht um diese Zeit. Er wird entweder zu Hause sein oder Krankenbesuche machen. Weißt du denn überhaupt nichts?«, fragte Karia nach.
    »Anscheinend nicht«, murmelte Martil und ließ sich von ihr zum Haus des Paters führen. »Ich hoffe nur, dass er sich genauso sehr freut, dich zu sehen, wie es mich freuen wird, wieder allein zu reiten.«
    Das Stadthaus von Herzog Gello war eher ein kleines Schloss, das auf einem sehr gepflegten Grundstück stand. Mit seinen hohen Türmen, über denen prachtvolle Flaggen im Wind flatterten, war es unmöglich zu verfehlen. Selbst wer sein ganzes Leben in der Stadt verbracht hatte, hielt gern an, um es zu betrachten und durch die Gitterstäbe des hohen Tores das große marmorne Haus zu bewundern. Aber jeder, der das tat, lernte auch schnell, auf die Hörner zu achten, die Herzog Gellos Ankunft ankündigten, denn weder der Herzog noch seine schwarz gekleidete Eskorte hielten für jemanden an, der ihnen im Wege stand, oder verlangsamten auch nur die Gangart ihrer Pferde.
    »Platz für den Herzog!«, ertönte der Ruf, und die etwa zwanzig Schaulustigen zerstreuten sich.
    Gello drängte sein großes schwarzes Streitross zu noch schnellerem Trab, als er auf das Tor zuritt, und verteilte Peitschenhiebe nach rechts und links. Wenn diese Bauern ihm nicht den nötigen Respekt erwiesen, den Weg freimachten und sich tief verbeugten, würden sie den Preis bezahlen. Ein älterer Mann, der nicht schnell genug beiseitespringen konnte, schrie auf, als die Peitsche ihm die Schulter

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